# taz.de -- Debatte ums Leistungsschutzrecht: Verlage bangen um "goldene Kuh" | |
> Mit einem neuen Gesetz sollen die deutschen Verlage im Zeitalter des | |
> Netzes gestärkt werden. Die Bundesjustizministerin dämpft die Hoffnungen | |
> der Verleger. | |
Bild: Da hilft auch bitten nicht: Gafische Werkstatt des Handsatzes in der Hoch… | |
KÖLN taz | "Verlage sollen im Online-Bereich nicht schlechter gestellt sein | |
als andere Werkvermittler", heißt es im Koalitionsvertrag zwischen CDU und | |
FDP. "Wir streben deshalb die Schaffung eines Leistungsschutzrechts für | |
Presseverlage zur Verbesserung des Schutzes von Presseerzeugnissen im | |
Internet an." Doch was dieses neue Recht bewirken soll, wie es konkret | |
aussehen soll, ist seit zwei Jahren umstritten. Im Juni will das | |
Bundesjustizministerium nun endlich den Gesetzentwurf vorlegen. | |
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat in einem | |
[1][//wissen.dradio.de/urheberrecht-bewusstsein-fuer-geistiges-eigentum-ist | |
.33.de.html?dram:article_id:Interview mit Dradio Wissen] die Erwartungen an | |
das Gesetz nun kräftig zurückgeschraubt. "Eine ganz begrenzte Durchsetzung | |
von Rechten im Internet" stellt die Bundesjustizministerin dort in | |
Aussicht, eine "goldene Kuh" für die Presseverlage sei aber nicht mehr zu | |
erwarten. Vorschläge, die Milliardeneinnahmen vorsahen, seien längst vom | |
Tisch. | |
Zwar erwähnt die Justizministerin nicht, welche Vorschläge sie verworfen | |
habe, die Botschaft ist jedoch klar. Die Verlagsbranche hatte – allen voran | |
der Axel Springer Verlag – im vergangenen Jahr eine Art GEZ-Pflicht für | |
Bürocomputer gefordert. Jedes Unternehmen sollte Abgaben zahlen, wenn seine | |
Angestellten über den Bürocomputer auf Verlagsangebote zugriffen. Auch | |
kostenlose Angebote – wie zum Beispiel taz.de – sollten kostenpflichtig | |
werden, wenn sie im Büro angesurft werden. Eine neu zu schaffende | |
Verwertungsgesellschaft sollte die Beiträge pauschal eintreiben. Bei | |
schätzungsweise 20 Millionen gewerblichen PCs in Deutschland ein lohnendes | |
Geschäft. | |
## Goldgrube Büro-PCs | |
Schönheitsfehler an den Plänen: sie waren juristisch kaum umsetzbar. In | |
einer Zeit, in der quasi jedermann ohne Probleme Artikel und andere Inhalte | |
publizieren kann, ist es schwer zwischen Presseunternehmen und anderen | |
Publizisten zu unterscheiden. | |
[2][//www.taz.de/1/leben/medien/artikel/1/eine-nie-dagewesene-rechtsverwirr | |
ung/“:Noch schwerer] war es jedoch eine Anspruchsgrundlage für die | |
Sonderzahlung zu finden. | |
So verwies beispielsweise Mathias Döpfner zum Beispiel auf die integrative | |
Kraft der Massenmedien. "Wenn Sie alle einen anderen Blog gelesen haben, | |
werden Sie nichts mehr haben, worüber sie sich unterhalten können", sagte | |
der Chef der Chef der Axel Springer AG bei einer | |
[3][//heise.de/-1080587“:Veranstaltung in Köln]. Die Verleger sollten | |
deshalb für Themenauswahl und Arrangement der Beiträge ein eigenes Recht | |
erhalten, das auch vergütet werden müsse. | |
Positiver Nebeneffekt: die Journalisten selbst hätten an den Einnahmen | |
nicht beteiligt werden müssen. Auch bei den Wirtschaftsverbänden stieß das | |
verständlicherweise auf wenig Gegenliebe. So positionierte sich der Bund | |
der Deutschen Industrie gegen die hoch fliegenden Verlegerpläne und hat | |
sich voraussichtlich auch durchgesetzt. | |
## Angriffsziel Google | |
Nicht aus dem Schneider ist hingegen Google. Der US-Konzern mit seiner | |
enormen Vormachtstellung im Suchmaschinen- und Onlinewerbungs-Markt ist den | |
Verlegern schon lange ein Dorn im Auge. Zwar verschafft der Konzern mit | |
seinem Nachrichtenportal "Google News" vielen Onlinemedien Leser. Doch die | |
wollen gleichzeitig auch an den Einnahmen von Google beteiligt werden. Dass | |
der derzeit auf Google News keine Werbung einbindet, stört die Verleger | |
dabei nur wenig. | |
Diesem Ziel stimmt offenbar auch Leutheusser-Schnarrenberger zu. Sie | |
verweist darauf dass Unternehmen mit den Früchten des Journalismus Geld | |
verdienten, ohne die Journalisten selbst zu beteiligen. Wie konkret jedoch | |
dies geschehen soll, ließ die Bundesjustizministerin offen. Immerhin wurde | |
klar, dass auch sie eine Verwertungsgesellschaft mit der Abwicklung der | |
Zahlungen beauftragt werden soll. | |
Doch auch hier gibt es Schwierigkeiten. So hat der [4][Bundesgerichtshof | |
bestätigt,] dass die Verwertung von kurzen Textauszügen urheberrechtlich | |
zulässig ist. Hier müsste die Bundesregierung also ein neues Recht | |
schaffen, dass auch kurze Zusammenfassungen – so genannte "Snippets" – bei | |
Google News urheberrechtlich schützt. | |
Gleichzeitig müssen aber auch weitere Unterscheidungskriterien gefunden | |
werden. Das Zitieren an sich ist wesentliches Element der Meinungsfreiheit | |
und kann deshalb nicht einfach eingeschränkt werden. Nach dem Versprechen | |
von Bundesjustizminsterin sollen Privatnutzer von dem neuen Gesetz nicht | |
betroffen werden. Eine allgemeine Zahlpflicht für Links - wie von manchen | |
befürchtet - ist somit auch ausgeschlossen. | |
20 May 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://xn--http-996a | |
[2] http://xn--http-996a | |
[3] http://xn--http-996a | |
[4] /1/leben/medien/artikel/1/naechste-runde-im-perlentaucher-prozess/ | |
## AUTOREN | |
Torsten Kleinz | |
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