# taz.de -- Regie-Phantom gewinnt in Cannes: Goldene Palme für "The Tree of Li… | |
> Kirsten Dunst stammelt vor Glück, Robert De Niro sorgt für Lacher und die | |
> Goldene Palme geht an das philosophisches Mammutwerk "The Tree of Life" | |
> von Terrence Malick. | |
Bild: "Beste Darstellerin" Kirsten Dunst rangelt mit Jury-Mitglied Robert de Ni… | |
CANNES dpa | Es war ein ungewöhnlich starker Wettbewerb mit vielen großen | |
Namen - und auch am Ende setzten sich beim 64. Internationalen Filmfestival | |
vor allem alte Cannes-Bekannte durch: Der US-Amerikaner Terrence Malick | |
gewann am Sonntag bei dem wichtigsten Filmfest der Welt die Goldene Palme | |
für sein lang erwartetes, episches Familiendrama "The Tree of Life". Und | |
die belgischen Brüder Jean-Pierre und Luc Dardenne konnten sich ebenso wie | |
der Türke Nuri Bilge Ceylan über einen großen Preis der Jury freuen. Sie | |
alle hatten in Cannes für frühere Werke bereits Auszeichnungen gewonnen. | |
Das philosophische und spirituelle Werk "The Tree of Life" ist eher schwer | |
zugängliches, aber bildgewaltiges Kino. In rund zweieinhalb Stunden erzählt | |
Malick, der bei den Filmfestspielen in Cannes 1979 für "In der Glut des | |
Südens" bereits den Preis für die Beste Regie gewonnen hatte, ein | |
Familiendrama mit den Hollywoodstars Brad Pitt und Sean Penn - und | |
kombiniert dies mit imposanten Aufnahmen zur Schöpfung der Erde und der | |
menschlichen Existenz. Das wurde vom Publikum in Cannes gleichermaßen | |
gefeiert und ausgebuht, überzeugte die Jury unter Vorsitz ihres Präsidenten | |
Robert De Niro aber doch und bescherte Malick seine erste Goldene Palme. | |
## Keine Bilder vom Gewinner | |
Der 67 Jahre alte US-Regisseur Malick gilt als das "Phantom der Filmszene", | |
denn er ist öffentlichkeitsscheu und Bilder gibt es von ihm kaum. | |
Konsequenterweise erschien er dann auch nicht zur Preisverleihung am | |
Prachtboulevard Croisette der französischen Stadt. | |
Andere Preisträger ließen sich dagegen gerne feiern. Hollywoodstar Kirsten | |
Dunst zum Beispiel strahlte nicht nur in einem silberfarbenen Kleid, | |
sondern auch vor Glück. Denn die 29-Jährige bekam die Auszeichnung als | |
beste Darstellerin überreicht: für ihre Rolle als depressive, junge Frau in | |
dem Weltuntergangs-Szenario "Melancholia" des Dänen Lars von Trier. Der | |
Regisseur hatte mit provokanten Äußerungen zu Hitler und den Nazis für | |
einen Eklat gesorgt und wurde daraufhin vom Festival ausgeschlossen. | |
"Puh, was für eine Woche", beschrieb Dunst ("Spider-Man") ihre | |
Berg-und-Talfahrt der vergangenen Tage, schloss von Trier dann aber auch in | |
ihre Rede ein: "Ich möchte mich bei Lars bedanken, dass er mir die Chance | |
gegeben hat, in diesem Film so mutig zu sein." | |
Die beiden Großen Preise der Jury gingen an zwei sozialkritische Filme. Das | |
Dardenne-Brüderpaar stellte in "The Kid with a Bike" erneut einen jungen | |
Protagonisten in den Mittelpunkt, den elfjährigen Cyril. Der wird von | |
seinem Vater ins Heim gesteckt, findet in einer Frisörin (Cécile de France) | |
aber eine liebevolle Ersatzmutter. Und in "Once Upon a Time in Anatolia" - | |
ebenfalls zweieinhalb Stunden lang - erzählte der Türke Ceylan von einem | |
Polizeieinsatz. Komische Momente verwoben sich mit Familienschicksalen und | |
Gesellschaftsstudien zum ländlichen Anatolien. | |
## Krebsdrama erhält Hauptpreis von "Un certain regard" | |
Um den Alltag einer Polizeieinheit ging es auch in "Polisse" von der | |
französischen Regisseurin Maïwenn. Für ihre Beobachtungen einer | |
Kinderschutz-Spezialeinheit wurde sie mit dem Preis der Jury geehrt. Der | |
israelische Regisseur Joseph Cedar erzählte in "Footnote" (Fußnote) | |
hingegen vom wissenschaftlichen Krieg eines Vaters mit seinem Sohn und | |
gewann dafür den Drehbuchpreis. Der Däne Nicolas Winding Refn wurde für | |
seine stylische Action-Inszenierung "Drive" mit Ryan Gosling als bester | |
Regisseur ausgezeichnet. | |
Aus dem Wettbewerb war auch "The Artist" des Franzosen Michel Hazanavicius | |
hervorgestochen, immerhin handelt es sich dabei um einen schwarz-weißen | |
Stummfilm. Die Hommage an das Kino vergangener Zeiten erhielt dann auch | |
einen Preis: der 38 Jahre alte Franzose Jean Dujardin wurde als bester | |
Darsteller geehrt. | |
Der deutschsprachige Beitrag im Wettbewerb ging dagegen leer aus: Der | |
Debütfilm "Michael" des Österreichers Markus Schleinzer um einen Pädophilen | |
gewann keinen Preis. Der Deutsche Andreas Dresen hingegen war bereits am | |
Samstag für sein Krebsdrama "Halt auf freier Strecke" mit dem Hauptpreis | |
der renommierten Nebenreihe "Un certain regard" ausgezeichnet worden. | |
23 May 2011 | |
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