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# taz.de -- Griechenland unter Druck: Piräus soll verkauft werden
> Die Regierung beschließt ein hartes Privatisierungsprogramm und bittet EU
> und IWF um die Überweisung der nächsten Hilfsgelder-Tranche. Unterdes
> wächst die Angst vor einer Kapitalflucht.
Bild: An wen geht Athens Hafen Piräus?
ATHEN dpa | Die griechische Regierung hat ein neues drastisches
Sparprogramm beschlossen. "Wir zielen auf die Rettung unseres Landes",
sagte Regierungssprecher Giorgos Petalotis am Montagabend.
"Das ist der Fahrplan zur Beschleunigung der großen Reformen und dem
Ausgang aus der Krise." Anfang Juni soll das neue harte Sparprogramm vom
Parlament gebilligt werden. Das Paket ist Voraussetzung dafür, dass weiter
Mittel aus dem internationalen Hilfsprogramm von EU und IWF nach Athen
fließen.
Allein für dieses Jahr wurden zusätzliche Sparmaßnahmen in Höhe von sechs
Milliarden Euro beschlossen. Weitere 22 Milliarden Euro sollen zwischen
2012 und 2015 durch weitere Steuern in die Staatskassen fließen. Zudem
sollen durch Privatisierungen und den Verkauf von Staatsimmobilien 50
Milliarden Euro bis 2015 in die Staatskassen fließen. 2015 soll das Defizit
unter ein Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) fallen, hieß es.
## Papandreu: "Geld muss bis Ende Juli kommen"
Der griechische Finanzminister Giorgos Papakonstantinou erklärte im
griechischen Fernsehen: "Wenn das Geld bis Ende Juli nicht kommt, dann
müssen wir die Rollläden runtermachen und die Regierung wird nicht mehr
zahlen können", sagte Papakonstantinou dem Fernsehsender Skai in Athen.
Wenn Griechenland nicht bald die nächste Tranche der Rettungsgelder von EU
und Internationalem Währungsfonds (IWF) in Höhe von zwölf Milliarden Euro
erhalte, werde das Land pleite gehen.
Am Mittwoch werden in Athen die Chefs der Expertengruppen der EU, des
Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB)
erwartet. Sie wollen hören, wie die griechischen Regierung aus der Krise
kommen will. Im Gespräch sind weitere Hilfen in der Größenordnung von 30
bis 60 Milliarden Euro. Der Sprecher des EU-Finanzkommissars Olli Rehn gab
zu diesen Zahlen keine Stellungnahme ab.
Um aus der Zwickmühle zu kommen, braucht Athen dringend die nächste Tranche
der kombinierten Hilfe von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) in
Höhe von zwölf Milliarden Euro. Die Experten der EU und des IWF haben
bislang kein grünes Licht für die Auszahlung des Geldes gegeben, weil das
bisherige Sparprogramm gescheitert ist.
## Piräus und Thessaloniki werden zum Verkauf angeboten
Die Regierung will nun die zwei größten Häfen des Landes Thessaloniki und
Piräus sowie zahlreiche Flughäfen zum Verkauf stellen. Zudem sollen
Restteile der griechischen Telefongesellschaft OTE, die Postbank, das
staatliche Glücksspielunternehmen (OPAP), die Gaswerke (DEPA), die
griechische Waffenindustrie, der Flughafen Athens (50 Prozent) und der alte
geschlossene Flughafen von Athen Hellinikon sowie kleine Erdgasvorkomnisse
im Meer vor der Hafenstadt Kavala verkauft werden. Frequenzen für mobile
Telefonie sollen vergeben werden. Zudem sollen auch die Mautrechte der
griechischen Autobahnen verkauft werden. Später sollen die Bahn, Teile der
Elektrizitätsgesllschaft (DEI), eine Aluminiumfabrik, ein Kasino nahe Athen
und einer Lastwagenfabrik versilbert werden, außerdem andere kleinere
Flughäfen und Häfen.
Die EU-Kommission genehmigte die staatliche Rettungshilfe für die
fünftgrößte Bankengruppe des Landes, die angeschlagene Agricultural Bank of
Greece (ATE). Athen hatte die Bank 2009 nach der Finanzkrise mit
staatlichen Finanzspritzen und Garantien gerettet. Nun genehmigte die
EU-Behörde den Sanierungsplan für das Institut, wonach der Staat sich mit
1,14 Milliarden Euro an einer Kapitalerhöhung beteiligt. Im Gegenzug muss
die Bank ihr Geschäft um ein Viertel reduzieren und Kosten kappen. Die
Agricultural Bank of Greece ist ein Sorgenkind des griechischen
Bankensektors.
## Griechische Banken werden geleert
Unterdes ziehen immer mehr Griechen ihre Spareinlagen ab: Die privaten
Geldeinlagen seien von Januar 2010 bis April 2011 um mehr als 31 Milliarden
Euro auf 165,5 Milliarden Euro zurückgegangen, teilte die Bank von
Griechenland mit. Ein Teil dieser Gelder wird offenbar ins Ausland
gebracht: Zöllner berichten, dass in der letzten Zeit wiederholt Menschen
mit großen Geldpaketen im Gepäck bei Stichproben in den Flughäfen von Athen
und Thessaloniki erwischt worden seien.
Aus Angst vor einer regelrechten Kapitalflucht hat der Generalsekretär des
Verbandes der Banken Griechenlands, Giannis Gortsos, am Dienstag im
Fernsehen versichert, die Geldeinlagen der Griechen seien sicher: "Ich kann
es Ihnen versichern. Das Geld ist garantiert – egal was unter den jetzigen
Umständen passiert", sagte er. Allerdings gelte dies nur bis zu einer Summe
von 100 000 Euro, hieß es.
Auch Unternehmen ziehen ihr Geld zurück, wie aus den Zahlen der Bank von
Griechenland hervorgeht. Im Januar 2010 hatten sie noch 40,6 Milliarden
Euro bei griechischen Banken angelegt, im April 2011 waren es noch 33,6
Milliarden Euro. Ein deutlicher Rückgang sei auch bei den Einlagen von
Ausländern zu verzeichnen, diese Summe ging um 7,9 Milliarden Euro zurück.
24 May 2011
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