# taz.de -- Goslarer Gleichstellungsbeauftragte: "Sie hat ihr Amt falsch versta… | |
> Die Gleichstellungsbeauftragte in Goslar musste gehen – abgewählt von | |
> SPD, Linken und Grünen. Männervereine stilisieren sie nun zum Opfer, gar | |
> zur Märtyrerin. | |
Bild: Monika Ebeling ist nun besonders bei maskulinistischen Initiativen belieb… | |
BERLIN taz | Monika Ebeling ist in diesen Tagen sehr gefragt. Zeitungen | |
rufen an, das Fernsehen kommt, Radiosender wollen Live-Interviews. Für den | |
Presseansturm hat sich die Leiterin eines Kindergartens in Goslar | |
freigenommen. Die Sozialpädagogin und systemische Familientherapeutin muss | |
aber nicht etwa als mögliche Expertin für frühkindliche Bildung oder | |
fehlende Kita-Plätze Rede und Antwort stehen, sondern als ehemalige | |
Gleichstellungsbeauftragte der niedersächsischen Stadt an der Gose. | |
Diesen Posten musste Monika Ebeling, 51, in der vergangenen Woche räumen. | |
Die Linke im Stadtparlament hatte einen Abwahlantrag gegen Ebeling | |
gestellt, Grüne, SPD und einige CDU-Frauen unterstützten ihn. Mit 25 zu 10 | |
Gegenstimmen wurde Ebeling, die Mitglied der SPD ist, von ihrem Amt | |
abberufen. | |
Monika Ebeling wird vorgeworfen, sie sei über das Ziel ihrer Funktion, | |
Politik gleichermaßen für Frauen und Männer zu betreiben, weit | |
hinausgeschossen. Sie habe sich ausschließlich um Männer und Jungs | |
gekümmert, heißt es, sie habe "ihr Amt falsch verstanden". Zu den | |
KritikerInnen zählen unter anderem Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte | |
aus ganz Deutschland. | |
## CDU-Männer sprechen von einer "Hetzjagd" | |
Ebelings UnterstützerInnen widersprechen: Ihr Gleichstellungsansatz sei | |
modern, weil er einen überholten Feminismus, der ausschließlich auf Frauen | |
gerichtet sei, hinter sich lasse. Zahlreiche CDU-Männer im Stadtparlament, | |
die für Ebeling stimmten, sprechen inzwischen von einer "Hetzjagd". Was | |
zunächst wie eine Provinzposse anmutete, weitet sich jetzt zu einem | |
bundesweiten Skandal aus. Im Netz wird heftig kommentiert, | |
GenderforscherInnen melden sich zu Wort, Gleichstellungsbeauftragte sind | |
alarmiert. | |
Was war passiert? Als Monika Ebeling 2008 ihr Amt antrat, wurde sie mit | |
offenen Armen empfangen. Sie wollte nicht mit "feministischen Scheuklappen | |
an ihre Arbeit gehen", hatte sie damals angekündigt, und nicht die | |
"Hausemanze" sein. Daher galt sie als modern und unverbraucht. Sie | |
organisierte interkulturelle Frauenfrühstücke und Beratungsgespräche für | |
Frauen, ein Adventscafé für Alleinerziehende und Papa-Picknicks. Alles war | |
prima. | |
## Ihr Focus verschob sich hin zu reinen Männerthemen | |
Bis sich der Fokus der Gleichstellungsbeauftragten verschob, hin vor allem | |
zu reinen Männerthemen. Es kam zu Auseinandersetzungen mit der Stadt, vor | |
einem Jahr eskalierte es: Ebeling wollte eine Wanderausstellung gegen | |
Gewalt an Frauen nicht unterstützen. Ihr Argument: Es gebe auch Gewalt an | |
Männern. Eine kommunale Aktion, bei der Brötchentüten mit dem Slogan | |
"Gewalt gegen Frauen und Kinder kommt mir nicht in die Tüte" bedruckt | |
werden sollten, fand sie absurd. | |
"Ich kann die Entscheidung der Stadt Goslar absolut nachvollziehen", sagt | |
Maybritt Hugo, Gleichstellungsbeauftragte in Braunschweig und Sprecherin | |
der Landesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros Niedersachsen: "Frau | |
Ebelings Blick ist einseitig auf Männer ausgerichtet." Monika Ebeling sieht | |
das anders: "Ich stelle mich auf die Seite der Schwächeren." In | |
Zeitungsinterviews spricht sie sich gegen die Frauenquote in Aufsichtsräten | |
aus und erklärt, in Goslar werde "einseitig Gleichheit aufgefasst" – unter | |
anderem mit der Begründung, es gebe mehr plötzliche Kindstode bei | |
männlichen Babys. | |
## Die Igaf sei "zum Teil rechtspopulistisch" | |
Viel Zuspruch erhält sie von maskulinistischen Männer- und Vätervereinen, | |
darunter Agens und die Schweizer Interessengemeinschaft Antifeminismus | |
(Igaf). Diese Vereine geben sich als geschlechtergerecht aus, wirken aber | |
entgegengesetzt: der Mann als "Kulturverlierer". So wirbt Agens auf seiner | |
Homepage damit, die "verstaatlichte Geschlechterpolitik zurück in die | |
Privatsphäre" führen und "Mann und Frau in ihrer Rolle in der Familie | |
stärken" zu wollen. Monika Ebeling ist Mitglied bei Agens. Die Igaf will | |
Frauenhäuser abschaffen, beschreibt Schulen und Kitas als "Weiberghettos" | |
und zieht gegen die "Weibergesellschaft" zu Felde. | |
Thomas Gesterkamp, Buchautor zu geschlechterpolitischen Themen und | |
Mitbegründer des profeministischen Bundesforums Männer, sieht diese | |
Organisationen kritisch: "Sie sind zum Teil rechtspopulistisch." So | |
forderte die Igaf noch vor Kurzem auf ihrer Homepage "keine Dekonstruktion | |
von Volk und Heimat" und eine Begrenzung der Scheidungsrate auf 10 Prozent. | |
Inzwischen sind diese Sätze aus dem Netz entfernt. Sie sei keine | |
"Antifeministin", beteuert Ebeling. Warum aber tritt sie dann als Rednerin | |
beim 2. Internationalen Antifeminismustreffen der Igaf im Juni in der | |
Schweiz auf? Das erste Treffen vor einem Jahr fand an einem geheimen Ort | |
statt, weil der Verein bedroht wurde. Das alles reize sie, sagte Monika | |
Ebeling zur taz: "Menschlich gibt es sicher Gemeinsamkeiten." | |
24 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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