# taz.de -- Fünf Tote durch Ehec: Schwerpunkt Hamburg | |
> Die Zahl schwer Erkrankter nimmt zu. Unklar bleibt, wo genau die Gurken | |
> verseucht wurden. Meldungen, wonach Spaniens Behörden zwei Agrarbetriebe | |
> dicht gemacht hätten, bestätigten sich nicht. | |
Bild: Da helfen auch keine Hinweise: Die Leute kaufen kein Salat mehr. | |
BERLIN taz | Der aktuelle Ausbruch des gefährlichen Ehec-Erregers weitet | |
sich aus. Und trotz erster Spuren zu einer Infektionsquelle haben die | |
Behörden weiter keine Klarheit über Ursache und Ansteckungsverlauf. Am | |
Freitag starb in einem Bremer Krankenhaus eine nachweislich angesteckte | |
Seniorin aus Cuxhaven, wie Niedersachsens Gesundheitsministerium mitteilte. | |
Damit steigt die Zahl der Toten in der derzeitigen Ehec-Welle auf sechs. | |
Bei fünf davon ist bereits bestätigt, dass der Keim die Todesursache war. | |
Auch die Zahl der Patienten mit der schwersten Komplikation der | |
Ehec-Erkrankung, des hämolytisch-urämischen Syndroms (HUS), nahm erneut zu: | |
An einem Tag um etwa 60 auf 276, wie das bundeseigene Robert-Koch-Institut | |
berichtete. Normalerweise gibt in einem ganzen Jahr 65. HUS-Patienten | |
leiden unter Nierenversagen und blutigem Durchfall. | |
Schwerpunkt bleibt Hamburg, wo es laut Gesundheitsbehörde mittlerweile 400 | |
Ehec-Infektionen oder Verdachtsfälle gibt. "Die Hoffnung, dass der | |
Höhepunkt der Erkrankungswelle erreicht ist, erfüllt sich leider nicht", | |
sagte Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks. Hamburg könne an | |
Wochenenden nur noch mit Hilfe anderer Bundesländer die Versorgung neuer | |
Fälle sicherstellen. | |
Das Robert-Koch-Institut und das Bundesinstitut für Risikobewertung warnen | |
weiter davor, rohe Tomaten, Gurken oder Blattsalate zu essen. Denn viele | |
HUS-Patienten hatten diese Gemüse besonders häufig verzehrt. Donnerstag | |
hatten die Behörden bekanntgegeben, dass sie den Erreger auf drei | |
Salatgurken aus Spanien und einer aus den Niederlanden gelieferten gefunden | |
hätten. Viele Supermärkte nahmen daraufhin alle spanischen Gurken aus dem | |
Sortiment. Medien berichteten, der Erreger komme aus dem Land. | |
Doch bisher sei nicht erwiesen, wo die Gurken kontaminiert wurden, sagte | |
ein Sprecher der EU-Kommission, die sich eingeschaltet hat. "Es kann auch | |
beim Be- und Entladen sowie beim Transport passiert sein." Deshalb ist | |
immer noch eine Verseuchung in Deutschland möglich. | |
## "Mit Gülle wird hier nirgends gedüngt" | |
Am Freitag ließ die EU-Kommission in Brüssel zunächst verlautbaren, dass | |
spanische Behörden vorübergehend zwei Betriebe in Almeria und Malaga | |
geschlossen hätten. Diese sollten für die Verbreitung der mit den | |
gefährlichen EHEC-Keimen befallenen Gurken in Deutschland verantwortlich | |
sein. Diese Meldung wurde später aber wieder dementiert. | |
Die beiden spanischen Produzenten der positiv getesteten Gurken erklärten | |
der taz, sie hätten bei Tests keine Ehec-Erreger auf ihren Gurken gefunden. | |
"Mit Gülle wird hier nirgends gedüngt", sagte Enrique Vargas, der das | |
betroffene Unternehmen Hortofrutícola leitet. Wer mal in den Folienzelten | |
in der spanischen Provinz Almería war, kann dies bestätigen. Die Pflanzen | |
werden mit Schläuchen Tropfen für Tropfen direkt an der Wurzel mit | |
Nährlösung gedüngt. Eine Gurke, die in Gülle liegt, so etwas gibt es in | |
Almería nicht. Gülle wird als möglicher Überträger des Keims genannt, der | |
besonders in Wiederkäuern entsteht. | |
Einer der deutschen Abnehmer, der Hamburger Bio-Großhändler Behnckens | |
Vierländer Gemüsestand, bestätigte der taz, dass eine positiv getestete | |
Lieferung von insgesamt rund 2.000 Gurken bei ihm beschädigt ankam. Es war | |
gemutmaßt worden, dass die Gurken deshalb kontaminiert wurden. Die | |
Gesundheitsbehörde schloss das aber aus, weil auch Proben anderer | |
Großhändler positiv waren. | |
Geschäftsführer Uwe Behncken hatte die betroffene Charge nach eigenen | |
Angaben an etwa 50 Bio-Fachhändler geliefert - die meisten in | |
Norddeutschland, zwei in Dänemark. | |
Mitarbeit: Reiner Wandler | |
27 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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