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# taz.de -- Uniklinik-Direktor Häussinger über Ehec: "Vorsicht, aber keine Hy…
> Medizin-Professor Dieter Häussinger empfiehlt mehr Hygiene statt
> Hysterie. Man könne kein dauerhaftes Tomatenverbot aussprechen.
> Allerdings sei die Zahl der Ehec-Infektion erheblich.
Bild: Zwang zum Waschen.
taz: Herr Häussinger, im Kampf gegen den Ehec-Erreger empfiehlt das
Robert-Koch-Institut, Tomaten, Salatgurken und Blattsalate nicht mehr zu
verzehren. Berechtigte Vorsichtsmaßnahme oder Panikmache?
Dieter Häussinger: Eine solch ausgedehnte Verzehrsempfehlung ist in der Tat
neu und kann zu einer Verunsicherung führen. Ich würde jedoch den
RKI-Kollegen vertrauen. Sie haben die Ernährungsgewohnheiten untersucht von
Erkrankten und Nichterkrankten, und da hat sich gezeigt, dass die
Erkrankten überdurchschnittlich viel von diesen Nahrungsmitteln zu sich
genommen haben.
Befragt wurden 25 Erkrankte und 96 gesunde Vergleichspersonen in Hamburg.
Wie repräsentativ ist das?
Dies sind natürlich kleine Stichproben. Man muss aufpassen, dass es nicht
zur Hysterie kommt. Aber solange wir nicht wissen, was die Ursache ist,
bleibt uns nichts anderes übrig, als vorsichtig zu sein.
Warum ist es so wichtig, die Infektionsquelle zu kennen?
Um die Weiterverbreitung zu unterbrechen. Wir müssen herausfinden, wo die
Verunreinigungen aufgetreten sind und wie. Nur so kann die Kette
durchbrochen werden. Man kann schließlich kein dauerhaftes Tomatenverbot
aussprechen.
Bislang sind fünf Todesfälle mit Ehec-Verdacht bekannt. Sind das
signifikant mehr als in den Vorjahren?
Vor allem die Zahl der Fälle mit hämolytisch-urämischem Syndrom (HUS), also
der schweren Verläufe, ist hoch. Wir wissen von etwa 200 solcher Fälle
binnen weniger Tage. Normal sind in Deutschland 60 bis 70 Fälle im ganzen
Jahr. Da ist schon was unterwegs.
Überrascht Sie die Geschwindigkeit, mit der der Keim sich ausbreitet?
Ja. Das spricht dafür, dass die Verbreitung über ein verunreinigtes
Nahrungsmittel erfolgt, welches in Deutschland weitläufig vermarktet wird.
Das ist neu.
Wie wurde der Keim früher übertragen?
Meistens über direkten Kontakt mit Tieren. Der Streichelzoo ist der
Klassiker: Kinder streicheln die Tiere und stecken sich hinterher die
Finger in den Mund und stecken sich so über Kotpartikelchen an.
Der Keim ist also nicht neu, aber seine Übertragung?
Den Keim an sich kennen wir seit Langem, er tritt immer wieder sporadisch
auf. Sein jetziges Profil scheint jedoch besonders aggressiv zu sein.
Wie wirkt er?
Er produziert ein Gift, das die Schleimhäute im Darm kaputtmacht, was zu
Blutungen führt. Er kann aber auch in den Körper gelangen und dort zu einer
Nierenunterfunktion führen. Dann wird es ernst, dann kann man nur noch mit
Dialyseverfahren versuchen, das Gift zu entfernen. Zehn Prozent der Fälle
verlaufen schwer.
Woran liegt es, dass derzeit vor allem Frauen erkranken?
Da kann ich nur spekulieren: vermutlich, weil es meistens die Frauen sind,
die zu Hause das Essen zubereiten.
Wie kann man sich schützen?
Wenn man das Gemüse kocht, tötet man den Erreger ab. Obst sollte man
grundsätzlich gut waschen. Und natürlich auch die eigenen Hände - mit
Seife.
Wenn sich ein Familienmitglied infiziert hat - wird der Rest dann auch
krank?
Nicht, wenn sie sich an die Hygieneregeln halten: eine eigene Toilette,
eigene Handtücher, eigene Bettwäsche.
Wenn man Ehec einmal hatte, ist man danach immun?
Leider nein.
Sollte sich der Keim weiterhin so rasant ausbreiten: Müssen dann Kitas und
Schulen geschlossen werden?
Dafür ist es viel zu früh. Ich prognostiziere, dass der ganze Zauber in
zwei, drei Wochen vorbei ist, weil man bis dahin die Ursache gefunden haben
wird.
Essen Sie noch rohe Tomaten, Gurken und Salat?
Gurken und Salat nicht, weil ich nicht weiß, woher sie kommen. Bei den
Tomaten ist das anders: Ich kenne den Kleingärtner, von dem ich sie
beziehe.
27 May 2011
## AUTOREN
Heike Haarhoff
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