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# taz.de -- Ehec-Epidemie in Deutschland: Zahl der Neuerkrankungen sinkt
> Hamburgs Gesundheitssenatorin kann erstmals einen kleinen Rückgang der
> Neu-Infizierten vermelden. Doch die Betroffenen haben teilweise mit
> schweren neurologischen Ausfällen zu kämpfen.
Bild: Die Gurken bleiben derzeit zumeist liegen.
HAMBURG dpa | Die Zahl der Ehec-Neuerkrankungen und Verdachtsfälle in
Hamburg hat über das Wochenende im Vergleich zu den Vortagen abgenommen.
Das teilte Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) am
Montag in der Hansestadt mit.
Sowohl die Zahl der gemeldeten EHEC- als auch die der HUS-Fälle sei
geringer angestiegen. "Ich hoffe sehr, dass dies ein Indiz dafür ist, dass
der Höhepunkt der Erkrankungswelle überschritten ist", hieß es in einer
Mitteilung der Senatorin.
In Hamburg wurden bis Montagmittag 488 EHEC-Infektionen bzw.
EHEC-Verdachtsfälle registriert. Am Samstag waren es noch 467 Fälle. Davon
werden in den Krankenhäusern 94 Kranke stationär wegen des
Hämolytisch-Urämischen-Syndroms (HUS) oder HUS-Verdachts behandelt. Dies
bedeutet im Vergleich zum Sonnabend drei zusätzlich gemeldete HUS-Fälle.
Derzeit werden allein am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) 58 Erwachsene
mit dem HUS-Syndrom behandelt. Etwa ein Drittel von ihnen habe die
Nierenfunktion verloren und müsse zur Dialyse, sagte der Nierenspezialist
Professor Rolf Stahl. "Ob das endgültig ist, wissen wir nicht." Zu dem
Syndrom kann es etwa fünf bis sieben Tage nach den Durchfällen kommen –
laut Stahl "erstaunlicherweise" bei fast 25 bis 30 Prozent.
## "Zunehmend neurologische Ausfälle"
Sorge bereiten den Ärzten vor allem die neurologischen Probleme, die viele
HUS-Erkrankte bekommen. Bei den schwer erkrankten Patienten gebe es
"zunehmend mehr neurologische Ausfälle", erklärte der Neurologe Professor
Christian Gerloff. "Es sind von den 58 Patienten, die momentan bei uns
stationär sind, mehr als die Hälfte. Und das Bild ist sehr bunt."
So gebe es Unruhezustände, aber auch Sprachstörungen – ähnlich wie bei
einem Schlaganfall – oder Zuckungen bis hin zu epileptischen Anfällen.
Neuerdings würden daher manche Patienten bereits prophylaktisch mit
Medikamenten gegen solche Anfälle behandelt.
Einzelne Patienten hätten auch kleine Schlaganfälle als Folge der
Erkrankung gehabt, berichtete Gerloff – weil kleine Gefäße verstopfen. "Das
wird auch bleibende Schäden hinterlassen."
## Hoffen auf den Wirkstoff Eculizumab
Die Mediziner setzen nun Hoffnungen auf die Behandlung mit dem neuen
Wirkstoff Eculizumab bei schweren HUS-Fällen. Bisher sei diese
Antikörper-Therapie bei elf Patienten eingesetzt worden, berichtete Stahl.
Wie erfolgreich der "Rettungsversuch" ist, werde sich aber erst in drei bis
vier Wochen zeigen.
Der Infektiologe Professor Ansgar Lohse mahnte, die Hygieneregeln weiter
strikt zu beachten. "Wir empfehlen, sich an die Empfehlungen des Robert
Koch-Instituts zu halten." Schließlich sei bisher noch unklar, wo der
Erreger ursprünglich herkommt. Außerdem sei der Verlauf der Krankheit von
Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich.
Allein am UKE liegen derzeit 18 Patienten auf der Intensivstation, wie der
Intensivmediziner Stefan Kluge berichtete. Acht von ihnen seien schwerst
erkrankt und müssten beatmet werden.
Inzwischen hat die Darmseuche EHEC erstmals einen Menschen außerhalb
Norddeutschlands getötet. Im Kreis Paderborn starb am Sonntag eine
91-jährige Frau an den Folgen der gefährlichen Durchfallinfektion. Die Frau
habe mehrere schwere Vorerkrankungen gehabt, teilte der Kreis am Montag
mit. Es ist der bundesweit elfte Todesfall. Zuvor waren insgesamt zehn
Menschen in Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Bremen an dem
Erreger gestorben.
## Niederlande beklagt Gemüseexportausfall nach Deutschland
Wegen mangelnder Nachfrage aus Deutschland durch die EHEC-Krise ist der
Export von Gemüse aus den Niederlanden ins Nachbarland nahezu zum Erliegen
gekommen. Das sagte der niederländische Minister für Landwirtschaft und
Außenhandel, Henk Bleker, am Montag am Rande einer informellen Tagung der
EU-Agrarminister im ungarischen Debrecen vor Journalisten.
Sein Land sei dringend daran interessiert, dass baldmöglichst geklärt wird,
woher die potenziell tödliche Darminfektion EHEC kommt, sagte Bleker
weiter. Dabei wollen die Niederlande Deutschland helfen. Im eigenen Land
seien Überprüfungen von Rohkostproduzenten im Gange, Ergebnisse würden noch
an diesem Montag erwartet. Zur Stunde gebe es keine Hinweise darauf, dass
niederländisches Gemüse EHEC-Überträger sei. Als potenzielle
EHEC-Überträger gelten derzeit vor allem Salatgurken aus Spanien.
Normalerweise umfasse das Exportvolumen von niederländischem Gemüse nach
Deutschland 10 Millionen Euro pro Woche, sagte der Minister. Trotz des
Schadens für die Wirtschaft seines Landes könne er die generelle Warnung
seiner deutschen Amtskollegin Ilse Aigner vor dem Rohkost-Verzehr
verstehen. "Sicherheit geht vor", sagte Bleker.
## Spanien erwägt Schadenersatz von Deutschland einzuklagen
Spanien prüft Schadensersatzansprüche gegen Deutschland für
Produktionsausfälle der eigenen Landwirte im Zusammenhang mit den
EHEC-Krankheitsfällen. Solche Forderungen seien nicht auszuschließen, sagte
der spanische Agrarstaatssekretär Josep Puxeu nach Medienberichten vom
Montag. Deutsche Behörden hätten darüber spekuliert, dass die Infektionen
ihren Ursprung in spanischen Gurken haben könnten.
Dies habe dazu geführt, dass mehrere Länder und Handelsgesellschaften die
Einfuhr spanischer Agrarprodukte eingeschränkt hätten. "Solche Hemmnisse
sind verantwortungslos und ungeheuerlich", sagte Puxeu. "Man darf nicht ein
zuverlässiges Produktionssystem allein auf der Grundlage von Spekulationen
an den Pranger stellen." Der Bauernverbände bezifferten die Verluste, die
dem spanischen Gemüseanbau entstünden, auf sechs bis acht Millionen Euro am
Tag.
Die spanische Gesundheitsministerin Leire Pajín betonte, es gebe bisher
keine Beweise und auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Gurken in
Spanien mit EHEC-Erregern kontaminiert worden seien. "Wir haben von den
deutschen Stellen immer wieder verlangt, dass sie keine Schuldzuweisungen
vornehmen sollen, solange es keine gesicherten Erkenntnisse gibt", sagte
die Ministerin dem Fernsehsender Telecinco.
30 May 2011
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