# taz.de -- Überraschender Schwenk der CSU: Seehofer offen für Endlagersuche | |
> Bei der CSU stand stets fest, dass der Atommüll nach Gorleben gehört. Das | |
> hat sich laut Seehofer grundlegend geändert. Selbst in Süddeutschland | |
> soll jetzt nach Standorten gesucht werden. | |
Bild: Hat nachgedacht: Horst Seehofer (CSU). | |
FREIBURG taz | Die Wende in der Atompolitik bringt auch die festgefahrene | |
Debatte über die Endlagerung des Atommülls wieder in Schwung. So sollen nun | |
doch Alternativen zum Salzstock Gorleben untersucht werden. Dieser Standort | |
war in den siebziger Jahren von der Politik für die Endlagerung | |
hochradioaktiver Abfälle ausgewählt und als einziger jahrelang erkundet | |
worden. | |
Nachdem der grüne baden-württembergische Ministerpräsident Winfried | |
Kretschmann bereits vor seinem Amtsantritt und auch vor Fukushima schon | |
gefordert hatte, man müsse nach einem Endlagerstandort "überall in der | |
Republik suchen", hat sich jetzt ganz überraschend auch Bayerns | |
Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) für eine ergebnisoffene bundesweite | |
Analyse ausgesprochen: "Wir müssen erst mal Deutschland ausleuchten", sagte | |
er gestern. Bisher hatte sich die Landesregierung immer strikt gegen eine | |
Standortsuche in Bayern gewehrt. | |
Auch die von der Bundesregierung eingesetzte Ethikkommission sprach sich am | |
Montag dafür aus, über Gorleben hinaus nach möglichen Endlagerstätten zu | |
suchen. Unstrittig müsse bleiben, dass in Deutschland entstandener Atommüll | |
auch in Deutschland gelagert wird. Das Kabinett griff deren Vorschläge auf | |
und beschloss "die ergebnisoffene Weitererkundung von Gorleben ebenso wie | |
ein Verfahren zur Ermittlung allgemeiner geologischer Eignungskriterien und | |
möglicher alternativer Entsorgungsoptionen". | |
Deutlicher als dies jemals der Fall war, definierte die Ethikkommission | |
zudem eine wichtige Eigenschaft eines künftigen Endlagers: Die Lagerung | |
müsse "bei höchsten Sicherheitsanforderungen rückholbar erfolgen". Denn nur | |
wenn die Abfälle bei Bedarf aus dem Endlager wieder zurückgeholt werden | |
können, haben zukünftige Generationen die Option, mögliche neue Verfahren | |
zur Konditionierung des Mülls anzuwenden. Denn vielleicht stehen ja eines | |
Tages Technologien zur Verfügung, mit denen Gefahr und Umfang des Atommülls | |
vermindert werden können. Wie fatal eine Lagerung von Atommüll sein kann, | |
wenn die Rückholbarkeit missachtet wurde, zeigt sich gerade in der Asse. In | |
dem alten Salzbergwerk in Niedersachsen wurde schwach- und | |
mittelradioaktiver Müll eingelagert, der durch Wassereinbruch inzwischen zu | |
einem Umweltrisiko wird. | |
Trotz der Möglichkeit der Rückholung müssen die radioaktiven Abfälle aus | |
Atomkraftwerken jedoch auf eine Weise eingelagert werden, die eine | |
missbräuchliche Weitergabe ausschließt. Auch die Ethikkommission sieht die | |
Weitergabe der Substanzen als eine "sehr ernste Gefahr". Somit sei "die | |
Aussicht, mehrere Jahrtausende lang hochstrahlenden Müll sichern zu müssen, | |
eine schwere Hypothek für die nachfolgenden Generationen". | |
30 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
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