# taz.de -- Bewegung spricht von "Placebo": Gorleben-Frage wieder offen? | |
> Nach dem Bericht der Ethik-Kommission und nach Äußerungen von CSU-Chef | |
> Horst Seehofer scheint Bewegung in die Endlagerdebatte gekommen. Die SPD | |
> erwägt ein Ja zum Regierungskonzept. | |
Bild: Zwischenlager in Gorleben. Wird der ganze Atommüll, der dort lagert, wie… | |
BERLIN dapd/dpa | Auch nach dem Beschluss der schwarz-gelben Koalition, bis | |
2022 aus der Nutzung der Atomkraft auszusteigen, ist die Frage nach einem | |
Endlager für Atommüll weiter offen. | |
Wer im Beschluss der Regierung eine Abkehr vom Standort Gorleben sehe, der | |
"täuscht sich gewaltig", erklärte Jochen Stay von der | |
Anti-Atom-Organisation "ausgestrahlt" am Dienstag. Das Bundesamt für | |
Strahlenschutz sprach sich erneut für eine bundesweite Suche nach einem | |
Endlager aus. | |
"Wir haben es hier mit klassischer Placebo-Politik zu tun", sagte Stay. | |
Durch die Vergabe von Studien und mit zweideutigen Äußerungen werde der | |
Eindruck erweckt, es gebe eine neue Offenheit bei der Suche. "Wir fordern | |
das Ende für das Gorlebener Endlager-Projekt, weil der Salzstock direkten | |
Kontakt zum Grundwasser hat und damit völlig ungeeignet zur Lagerung von | |
Atommüll ist", sagte der Atomkraftgegner. | |
Die Forderung der Energie-Ethik-Kommission, Atommüll rückholbar zu lagern, | |
spricht aus Expertensicht nicht gegen den Salzstock Gorleben als Endlager. | |
Der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz, Wolfram König, sagte der | |
Frankfurter Rundschau, rückholbar zu lagern, entspreche auch den | |
Erkenntnissen seiner Behörde. "Spätestens die Bilder aus der Asse zeigen, | |
dass ein Ignorieren fachlicher Probleme diese nicht löst, sondern nur | |
verschärft." | |
Die schwarz-gelbe Koalition hat in der Nacht zum Montag beschlossen, im | |
Jahr 2022 die letzten drei deutschen Kernkraftwerke vom Netz zu nehmen. Sie | |
sprach sich für eine "ergebnisoffene Weitererkundung von Gorleben" aus. | |
Außerdem wurde "ein Verfahren zur Ermittlung allgemeiner geologischer | |
Eignungskriterien und möglicher alternativer Entsorgungsoptionen" | |
beschlossen. | |
## Länder wollen mitentscheiden | |
Für SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sind die schwarz-gelben | |
Atomausstiegspläne das "energiepolitische Waterloo" von Union und FDP. Die | |
Koalition müsse jetzt, zehn Jahre später als von Rot-Grün vorgesehen, doch | |
dem Atomausstieg zustimmen, sagte Steinmeier dem Hörfunksender NDR Info. | |
Deshalb sei er mit dem Beschluss vom Vortag auch "überhaupt nicht | |
zufrieden". | |
Wenn Union und FDP jetzt allerdings einen Gesetzentwurf vorlegten, der den | |
Ausstieg aus der Kernkraft für 2021 oder 2022 klar und unumkehrbar | |
festschreibe, dann könne die SPD diesem Teil möglicherweise zustimmen, | |
sagte der Fraktionsvorsitzende. "Ob das auch für die anderen Teile stimmt, | |
die noch vorgelegt werden, das müssen wir sehen." | |
## SPD will Beteiligung des Bundesrats | |
Die SPD-regierten Länder haben Zweifel an der Glaubwürdigkeit des | |
schwarz-gelben Atomplans und pochen auf ihre Beteiligung in der | |
Länderkammer. "Wir wollen eine unumkehrbare Ausstiegsvereinbarung auf einer | |
klaren gesetzlichen Grundlage", sagte der rheinland-pfälzische | |
Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) dem Handelsblatt. Und selbstverständlich | |
müsse es einen bindenden Plan für den zügigen Ausbau der erneuerbaren | |
Energien geben. "Außerdem erwarte ich, dass die Bundesregierung dieses Mal | |
die Länder ordentlich beteiligt", sagte Beck. | |
Für Freitag hat Kanzlerin Angela Merkel die Bundesländer zu einem | |
Energiegipfel geladen, um für die Unterstützung der Beschlüsse von Union | |
und FDP zu werben. In den SPD-geführten Länder stößt vor allem das Vorhaben | |
der FDP, einen der stillgelegten Altmeiler bis 2013 als "Kaltreserve" für | |
eventuelle Engpässe bereit zu Halten und so Stromausfälle zu verhindern, | |
auf Kritik. | |
31 May 2011 | |
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Schwerpunkt Atomkraft | |
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