# taz.de -- Schelte von internationaler Prominenz: Krieg gegen die Drogen ist g… | |
> Ein internationales Gremium kritisiert den "War on Drugs". Er habe den | |
> Rauschmittelkonsum nicht sinken lassen. Das Gremium plädiert für | |
> Legalisierung und stößt auf taube Ohren. | |
Bild: Der mexikanische Drogenboss Ricardo Estrada Perez, auch bekannt als "El P… | |
WASHINGTON taz | Der weltweite Kampf gegen Drogen ist nach Meinung einer | |
hochkarätigen Kommission gescheitert. Zu diesem Ergebnis kommt die | |
19-köpfige "Global Commission on Drug Policy" [1][in einem Bericht], der am | |
Donnerstag veröffentlicht wurde. Dem Gremium, das 2010 als Ableger der | |
"Latin American Commission on Drugs and Democracy" gegründet worden ist, | |
gehören international bekannten Politiker, Künstler und Unternehmer an, | |
unter anderen der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan, der britische | |
Unternehmer Richard Branson, der peruanische Literaturnobelpreisträger | |
Mario Vargas Llosa und der mexikanische Autor Carlo Fuentes. | |
"Politische Führer sollten den Mut haben, öffentlich zu äußern, was viele | |
von ihnen insgeheim wissen: dass es auf der Hand liegt, dass repressive | |
Strategien das Drogenproblem nicht lösen", heißt es in dem Bericht. "Der | |
Krieg gegen Drogen ist nicht gewonnen und wird niemals gewonnen werden." | |
Anstatt Drogenkonsumenten zu bestrafen und zu stigmatisieren, "die anderen | |
nichts zuleide tun", sollte das Ziel sein, "verbreitete Vorurteile über | |
Drogenmärkte, Drogenkonsum und Drogensucht zu bekämpfen", fordert die | |
Kommission. Regierungen sollten mehr auf eine legale Regulierung von Drogen | |
wie Cannabis setzen, um die organisierte Kriminalität zu unterwandern. Bei | |
der medizinischen Hilfe reiche es nicht, auf Programme mit Ersatzstoffen | |
wie Methadon oder Buprenorphin zu setzen, so der Bericht. Die | |
internationale Politik solle sich auch Programme mit kontrolliertem | |
Heroin-Einsatz zum Vorbild machen, wie es sie teils in Europa und Kanada | |
gebe. | |
Die derzeitige Politik drossele den Drogenkonsum nicht, sondern heize die | |
organisierte Kriminalität an. Nach UN-Erhebungen ist der Konsum von Opiaten | |
seit 1998 um 35 Prozent gestiegen, der von Kokain um 27 Prozent. Anstatt | |
Menschen am unteren Ende der Händlerkette wie etwa Bauern ins Gefängnis zu | |
stecken, brauchten sie Schutz und Alternativen, die Kette der Gewalt zu | |
durchbrechen. Ein Hebel könne die Steuerpolitik sein. | |
## Branson, Sting, Dench und Co. für Entschärfung | |
Besonders schlecht kommen die USA weg mit ihrem rigorosen Antidrogen-Kampf | |
gegen Länder wie Kolumbien und Mexiko. "Wir hoffen, dieses Land fängt an | |
darüber nachzudenken, dass es auch Alternativen gibt", so der ehemalige | |
kolumbianische Präsident Cesar Gaviria. | |
Auch in Großbritannien beißen Richard Branson und rund 30 andere Prominente | |
bisher auf Granit. Sie forderten in einem offenen Brief an die Regierung | |
bereits Konsequenzen. Der Musiker Sting, die Schauspielerin Judi Dench und | |
andere Prominente forderten Premierminister David Cameron in dem Brief auf, | |
seine Politik zu überdenken. Wer mit Rauschgift für den persönlichen Konsum | |
erwischt werde, solle künftig nur ein Bußgeld zahlen, statt einen Eintrag | |
ins Vorstrafenregister zu bekommen. Die Praxis, die Konsum und Besitz von | |
Drogen unter Strafe stellt, sei gescheitert, heißt es in dem Schreiben. Sie | |
führe nur zur Ausgrenzung von Drogenabhängigen. | |
Die Regierung habe nicht die Absicht, Drogengesetze zu liberalisieren, | |
entgegnete ein Sprecher des Londoner Innenministeriums. "Drogen sind | |
illegal, weil sie schädlich sind. Sie zerstören Leben und verursachen | |
unermesslichen Schaden in Familien und Gemeinden." | |
Ein klares Nein zur Legalisierung bestimmter Drogen kam auch aus Mexiko, wo | |
seit Beginn der Antidrogen-Offensive vor fünf Jahren rund 34.000 Menschen | |
ums Leben gekommen sind. "Die Legalisierung wird weder das organisierte | |
Verbrechen stoppen noch seine rivalisierenden Fraktionen und die Gewalt", | |
so ein Sprecher der Behörde für Nationale Sicherheit. | |
2 Jun 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://www.globalcommissionondrugs.org/Report | |
## AUTOREN | |
Antje Passenheim | |
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