# taz.de -- Banken kommen billig davon: Schäubles Forderung läuft ins Leere | |
> Finanzminister Wolfgang Schäuble fordert die Umschuldung Griechenlands | |
> und eine Beteiligung der Banken. Doch die haben ihre Anleihen längst | |
> abgestoßen. | |
Bild: Merkel und Wolfgang Schäuble im Bundestag. Schäubles Vorschläge zu Gri… | |
BERLIN taz | Die neuen Griechenland-Hilfen beschäftigen auch den Bundestag: | |
Die Fraktionen von Union und FDP legen an diesem Freitag dem Parlament | |
einen Entschließungsantrag vor. Er sieht vor, dass sich die Banken | |
freiwillig an dem zweiten Rettungspaket beteiligen sollen, indem sie die | |
Laufzeit der gewährten Kredite verlängern. Athen würde also einen | |
Zahlungsaufschub erhalten. | |
Am Mittwochabend war bekannt geworden, dass Griechenland weitere 90 | |
Milliarden Euro benötigt. Dies ergibt sich aus dem Bericht der Troika. | |
Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble sind | |
einverstanden mit der Mehrheitsmeinung in der Unionsfraktion: Sie fordern, | |
dass sich die Banken freiwillig an dem zweiten Rettungspaket für | |
Griechenland beteiligen. | |
## Silberhorn (CSU) denkt Austritt Griechenlands an | |
Nur gelegentlich regt sich Widerstand gegen diesen Plan. Der CSU-Mann | |
Thomas Silberhorn plädierte auf einer Fraktionssitzung am Mittwochabend | |
dafür, dass auch ein Austritt Griechenlands aus dem Euro möglich sein | |
müsse. Schäuble widersprach energisch. Eine "unkontrollierte | |
Staatsinsolvenz" berge unabsehbare Risiken: Wenn Griechenland den Euro | |
verlässt, könnten Spanien und Portugal folgen. | |
FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle unterstützt Schäubles Linie, neue Kredite | |
an Griechenland mit einem freiwilligen Zahlungsaufschub seitens der | |
privaten Investoren zu verbinden. In der FDP-Fraktion gibt es allerdings | |
eine Gruppe, die weitere Griechenland-Hilfen kategorisch ablehnt. Klar ist: | |
Wenn Union und FDP im Bundestag keine eigene Mehrheit für das Rettungspaket | |
zustande bekommen, steht die Regierung zur Disposition. Genau diese | |
Aussicht dürfte die Kritiker auf Linie bringen. | |
Für die deutschen Banken wäre es wohl zu verkraften, wenn sie die Laufzeit | |
ihrer Kredite für Griechenland "freiwillig" verlängern müssten. Denn viele | |
Institute haben ihre griechischen Staatsanleihen längst abgestoßen, wie die | |
Financial Times Deutschland in ihrer Donnerstagsausgabe vorrechnet. | |
Im Februar 2011 hielten die deutschen Banken griechische Staatsanleihen im | |
Wert von 18 Milliarden Euro, wie die Bundesbank in ihrer jüngsten Statistik | |
ausweist. Doch davon entfielen knapp 8 Milliarden auf die KfW-Bank, die den | |
deutschen Anteil der Rettungskredite für Griechenland auszahlt. Die | |
normalen Geschäftsbanken hatten im vergangenen Februar nur noch griechische | |
Staatsanleihen im Wert von 10 Milliarden. Dies sind etwa 6 Milliarden | |
weniger, als sie im April 2010 besaßen, bevor das erste Rettungspaket für | |
Griechenland beschlossen wurde. | |
## Staatsanleihen wohl nicht verlängert | |
Der Verdacht liegt also nahe, dass die Geschäftsbanken griechische | |
Staatsanleihen nicht mehr verlängert haben, wenn sie fällig wurden - | |
sondern sich stattdessen die Tilgungssumme vom griechischen Staat auszahlen | |
ließen, der dafür wiederum Kredite aus dem europäischen Rettungspaket in | |
Anspruch nahm. Sollte sich diese Vermutung erhärten, hätten die | |
Geschäftsbanken eine Verabredung gebrochen. Beim ersten Rettungspaket für | |
Griechenland hatten sie nämlich zugesagt, griechische Staatsanleihen in | |
ihren Beständen zu halten. | |
Eine kleine Einschränkung ist allerdings noch nötig: Zum Teil erklärt sich | |
der Schwund auch daraus, dass große Teile der Hypo Real Estate in eine Bad | |
Bank ausgelagert wurden. Da diese Abwicklungsgesellschaft nicht als Bank | |
firmiert, tauchen auch ihre griechischen Staatsanleihen nicht mehr in der | |
Bundesbankstatistik auf. Das schlägt sich mit 2 Milliarden Euro nieder. | |
Ergebnis: Die Geschäftsbanken haben griechische Staatsanleihen in Höhe von | |
rund 4 Milliarden Euro abgestoßen. | |
Anders formuliert: Der deutsche Staat ist längst der Hauptgläubiger | |
gegenüber Griechenland. Allein die Europäische Zentralbank dürfte | |
griechische Staatsanleihen im Nominalwert von 45 Milliarden Euro besitzen. | |
Allerdings wurden diese Anleihen nicht zum Nominalwert von den privaten | |
Anlegern erworben - sondern mit hohen Abschlägen. Insofern wäre es für die | |
EZB wahrscheinlich kein Verlust, wenn alle griechischen Staatsanleihen mit | |
einem Zahlungsaufschub versehen würden. | |
9 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
Stefan Reinecke | |
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