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# taz.de -- Gastkommentar Klimagipfel in Durban: EU muss Klimamotor werden
> Die EU könnte mit einer ambitionierten Klimapolitik die USA und andere
> Zauderer mitziehen. Das haben die zwei Wochen Verhandlungen in Bonn
> gezeigt.
Bild: Braunkohlekraftwerk Jänschwalde: CO2-Einsparungen müssten eigentlich fo…
Klimaverhandler aus mehr als 160 Staaten haben sich in den letzten zwei
Wochen in Bonn getroffen. Das primäre Ziel war, Beschlüsse für den
Klimagipfel in südafrikanischen Durban im Dezember vorzubereiten. Wie geht
es weiter mit dem Kioto-Protokoll beziehungsweise einem neuen rechtlich
verbindlichen Abkommen? Kann eine Dynamik zu deutlich höheren
Minderungszielen in Gang gesetzt werden? Wird es Fortschritte bei der
internationalen Finanzierung von Klima- und Regenwaldschutz sowie Anpassung
an die Klimafolgen geben? Bis Durban müssen diese so als Verhandlungstext
vorbereitet sein, dass die Minister dann Entscheidungen treffen können -
wenn denn der politische Wille dazu da ist.
Die Zukunft des Kioto-Protokolls ist eines der zentralen Themen, läuft doch
seine erste Verpflichtungsperiode Ende 2012 aus. Klar ist, dass die USA
nicht dabei sind. Japan, Kanada und Russland verweigern eine Fortführung.
Die Entwicklungs- und Schwellenländer machen Druck auf die EU, mit dem Rest
der Industrieländer dennoch die zweite Verpflichtungsperiode in Gang zu
setzen. Die EU aber will im Gegenzug Fortschritte bei den Schwellenländern,
wo die Emissionen am schnellsten wachsen. Die Verweigererstaaten sollen
dann Schritt für Schritt hinzukommen.
Die Schwellenländer verweisen auf Studien, die zeigen, dass sie sich für
die Zeit bis 2020 zu ernsthafterem Klimaschutz als die Industrieländer
verpflichtet haben. Fragend schauen sie auf die EU, die ihre Emissionen
seit 1990 um 17 Prozent reduziert hat und bis 2020 nur weitere 3 Prozent
hinzufügen will: Soll das ambitioniert sein? Damit wächst der Druck auf die
EU, ihr Klimaschutzziel zumindest auf 30 Prozent zu erhöhen.
Wenn dann noch eine Finanzierungsperspektive für den internationalen
Klimaschutz hinzukommt, könnte dies tatsächlich eine Aufwärtsspirale in
Gang setzen. Dazu aber müsste die G 20 den Weg zu einer Abgabe auf den
internationalen Flug- und Schiffsverkehr und einer Finanztransaktionsteuer
frei machen. Bis 2015 soll sich die Aufwärtsspirale so aufschaukeln, dass
die Ziele mit dem viel beschworenen Zwei-Grad-Limit vereinbar sind.
## EU muss bilaterale Wege gehen
In Durban muss eine Perspektive für die Fortsetzung des Kioto-Protokolls
oder zumindest seine zentralen Elemente - langfristige rechtliche
Verbindlichkeit, nationale absolute Emissionsreduktionsziele für
Industrieländer, gemeinsame Anrechnungsregeln etc. - vereinbart werden.
Dies muss mit der Aussicht eines verbindlichen Einbezugs von
Schwellenländern im internationalen Klimaschutz einhergehen.
Mit Südafrika, Brasilien, Indien und China muss die EU bilateral Wege
erarbeiten, wie eine größere klimapolitische Ambition mit
Entwicklungszielen zusammenpasst. Während der Bonner Verhandlungen hat
Deutschland in diesem Sinne mit China vereinbart, das Land bei der
Vorbereitung der Einführung des Emissionshandels in Pilotregionen zu
unterstützen. Verhandlungen mit Südafrika über eine engere Kooperation
stehen Anfang Juli an.
Die USA und andere Zauderer könnten durch eine ernsthafte und ambitionierte
Kooperation der EU mit den Schwellenländern industriepolitisch abgehängt
werden. Dies könnte der Klimadebatte weltweit, aber gerade auch in den USA,
einen anderen Spin geben. Die EU muss sich entscheiden, ob sie Vorreiter zu
einem neuen Wohlstandsmodell jenseits der Risikoenergieträger Kohle und
Kernkraft - hin zu erneuerbaren Energien und Energieeffizienz - werden
will. So könnte sie zu einem Motor für einen Club der Klimavorreiter
werden.
Die Klimaverhandlungen in Bonn zeigten auch: Die ganze Welt schaut gespannt
auf Deutschland. Gelingt das erste Experiment eines großen Industrielands,
den Ausstieg aus der Kernkraft mit ambitioniertem Klimaschutz und
wirtschaftlichem Erfolg zu vereinbaren? Ein neues Wohlstandsmodell,
basierend auf Energieeffizienz und erneuerbaren Energien, könnte eine
wichtige Vision für eine derzeit fragile EU sein. Der wichtigsten
Wirtschafts- und Energienation der EU - Deutschland - kommt dabei eine
zentrale Rolle zu.
19 Jun 2011
## AUTOREN
S. Harmeling
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
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