# taz.de -- Hilfen für Griechenland: Koalition hofft auf spendable Banken | |
> Die Regierung fordert Einschnitte von Griechenland, aber nur Wolkiges von | |
> den Banken. Das leuchtet selbst einigen CDUlern nicht ein. | |
Bild: Kriegen die Banken einen Fluchtweg? Einige CDUler sind dagegen. | |
BERLIN taz | Im Pokerspiel der Regierung um neue Hilfen für Griechenland | |
spielt Wolfgang Schäuble den Bad Guy. Der Finanzminister forderte am Montag | |
erneut das griechische Parlament zu harten Sparbeschlüssen auf: | |
"Griechenland muss die notwendigen Entscheidungen treffen", sagte Schäuble. | |
Das seien "schwierige Entscheidungen", sie könnten dem Land aber nicht | |
erspart werden. | |
Noch schmerzhaftere Einschnitte für Staat und BürgerInnen sind die | |
Bedingung für weitere Hilfen, so lautet die Botschaft der Regierung. Auch | |
gegenüber den Banken schlug Finanzminister Schäuble härtere Töne an. Zwar | |
solle die Beteiligung von Banken und Versicherungen auf freiwilliger Basis | |
geschehen. "Auf der anderen Seite muss es natürlich auch zu einem Ergebnis | |
führen." Das sei der "schmale Grat", auf dem sich die Verhandlungen nun | |
bewegten. | |
Die entscheidende Frage beantwortete der Minister aber nicht: Warum sollten | |
die Banken, die an griechischen Krediten und Staatsanleihen gut verdient | |
haben, freiwillig ihre Gewinne in einer Staatsrettung verbrennen? | |
In Regierungskreisen heißt es dazu vage: Die Banken hätten schließlich kein | |
Interesse an einer Staatsinsolvenz, weil sie dann viel Geld verlieren | |
würden. Außerdem könne man sie mit Anreizen zu einer Verlängerung laufender | |
Papiere oder anderen Zugeständnissen bewegen. | |
Die Regierung setzt also munter auf das Prinzip Hoffnung. Und das Murren | |
darüber in den Koalitionsfraktionen nimmt zu. "Das ist ein Widerspruch in | |
sich. Wer tritt schon freiwillig eine Gefängnisstrafe an?", sagt der | |
CDU-Abgeordnete Manfred Kolbe, der im Finanzausschuss sitzt. Da | |
Griechenland seine 350 Milliarden Euro Schulden nicht zurückzahlen könne, | |
fordert Kolbe einen Schuldenschnitt von 50 Prozent, bei dem die Banken auf | |
große Teile ihrer Forderungen verzichten müssten. "Ich vermag nicht | |
einzusehen, warum die Privatgläubiger nicht verpflichtend beteiligt werden | |
sollten." Die Lasten dürften nicht allein den europäischen Steuerzahlern | |
überlassen werden, so Kolbe. | |
## Nur wenig sagen die Kritik laut | |
Erst vor eineinhalb Wochen hatte der Bundestag mit den Stimmen der | |
Koalition grundsätzlich für neue Finanzspritzen gestimmt - sofern | |
Bedingungen wie die Beteiligung privater Gläubiger erfüllt seien. Am | |
Freitag einigten sich dann Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und | |
Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy darauf, dass dies auf freiwilliger | |
Basis erfolge. Dieser Kuschelkurs mit den Banken erbost sogar | |
Freidemokraten. | |
Es sind allerdings nur wenige Abgeordnete der schwarz-gelben Mehrheit, die | |
öffentlich Kritik formulieren - und es sind keine Wortführer. Sechs | |
Unionspolitiker - darunter Kolbe - plädierten in einer Erklärung für den | |
Schuldenschnitt und gegen neue Finanzhilfen. Der CDU-Mann sagt: "Wenn die | |
Privatgläubiger auf freiwilliger Basis über ihre Hilfe entscheiden können, | |
droht ein rein symbolischer Beitrag herauszukommen." Es gebe ein weit | |
verbreitetes Unbehagen in der Fraktion an diesem Vorgehen. "Die Zahl der | |
Kritiker nimmt zu." Ob diese am Ende aber tatsächlich die | |
Koalitionsmehrheit für neue Hilfen platzen lassen und damit die | |
Merkel-Regierung gleich mit, ist fraglich. | |
Zumal die Einschätzungen über eine mögliche Abweichler-Quote | |
auseinandergehen. "Ich denke, dass die überwiegende Mehrheit der | |
Fraktionskollegen den jetzt festgelegten Kurs mitträgt", sagt die | |
CDU-Abgeordnete Antje Tillmann, Vizevorsitzende im Finanzausschuss. Sie | |
stützt den Plan einer freiwilligen Beteiligung der Banken. "Banken und | |
Staaten müssen auch weiterhin dauerhaft zusammenarbeiten. Allein deshalb | |
dürften die Banken Interesse an einem partnerschaftlichen Kompromiss | |
haben", sagt Tillmann. | |
Sie verwies auf die so genannte Wiener Initiative, die als Vorbild für den | |
jüngsten Beschluss der Euro-Finanzminister dient. Im Jahr 2009 hatten sich | |
Banken geeinigt, sich nicht aus den unter der Finanzkrise leidenden | |
osteuropäischen Ländern zurückzuziehen. Die Institute sagten zu, im | |
Zweifelsfall ihre Tochtergesellschaften in Ungarn, Rumänien und anderen | |
Ländern mit frischem Geld auszustatten. | |
Erschwert wird eine Konsensfindung durch das angespannte Verhältnis | |
zwischen Union und FDP. Die angeschlagenen Freidemokraten suchen krampfhaft | |
nach Profilierungsfeldern, besonders das Verhältnis zwischen Finanzminister | |
Schäuble und FDP-Chef Philipp Rösler könnte besser sein. In | |
Regierungskreisen heißt es: "Griechenland ist das Kopfschmerz-Thema der | |
nächsten Monate." | |
20 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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