# taz.de -- Euro-Finanzminister zu Griechenland: Freiwillige gesucht | |
> Neues EU-Geld gibt es erst, wenn Griechenland ein neues Sparpaket | |
> verabschiedet hat. Und private Gläubiger sollen zu seiner Umschuldung | |
> beitragen. Offen ist nur, wie. | |
Bild: Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker (l.) und Bundesfinanzminister Wolf… | |
BERLIN taz | Griechenland könnte schon im Juli in die Staatspleite | |
rutschen. Denn die Euro-Finanzminister wollten auf ihrem Treffen in | |
Luxemburg am Sonntag kein neues Geld bewilligen, bevor die Griechen nicht | |
selbst ein zweites Sparpaket verabschiedet haben. | |
Zum Hintergrund: Momentan erhält das Land Kredithilfen aus dem ersten | |
Rettungspaket, das vor einem Jahr beschlossen wurde und 110 Milliarden Euro | |
umfasst. Im Juli benötigen die Griechen dringend eine Tranche von 12 | |
Milliarden, weil Staatsanleihen fällig werden. | |
Diese Tranche wollen die Euroländer aber erst gewähren, wenn die Griechen | |
ein zweites Sparpaket auflegen, das unter anderem weitere Einsparungen von | |
28 Milliarden Euro bis 2015 vorsieht. Dagegen regt sich in Griechenland | |
jedoch heftiger Widerstand. | |
Auch bei einem zweiten Streitthema kamen die Euro-Finanzminister nicht | |
weiter: Wie lassen sich die Banken und Versicherungen an den Rettungskosten | |
für Griechenland beteiligen? Die Minister einigten sich nur auf den | |
Formelkompromiss, der eine "freiwillige" Umschuldung vorsieht. | |
Aber was ist das? Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) lieferte in | |
Luxemburg eine Interpretation ab, die nicht besonders nach "Freiwilligkeit" | |
klang. Er erwarte, dass die Verhandlungen mit den Banken und Versicherungen | |
"zu einem Ergebnis führen". Kanzlerin Angela Merkel hatte schon am | |
Wochenende wissen lassen, dass sie mit einen "substanziellen Beitrag" | |
seitens der Banken rechne. | |
## Am Ende bleibt der Steuerzahler | |
Die Banken wären sogar bereit, "sich für eine tragfähige Lösung | |
einzusetzen", wie der Bankenverband am Montag verkündete. Allerdings | |
formulierte er sofort auch eine Bedingung: "Zusätzliche Anreize, wie zum | |
Beispiel eine bessere Bonität durch gewisse Sicherheiten, würden bei der | |
Lösung helfen." Übersetzt: Die Banken sind bereit, sich an den griechischen | |
Kreditrisiken zu beteiligen - wenn genau diese Risiken vorher gesenkt | |
werden, indem der Staat "gewisse" Garantien ausspricht. Am Ende bliebe die | |
Hauptlast wieder bei den Steuerzahlern hängen. | |
Der Bremer Wirtschaftsprofessor Rudolf Hickel hält daher nichts von einer | |
freiwilligen Umschuldung. "Die Idee ist inzwischen so verwässert, dass sie | |
zum reinen Placebo verkommt." | |
Ein weiteres Problem: Die deutschen Geschäftsbanken sind kaum noch | |
engagiert in Griechenland. Eine freiwillige Umschuldung würde wenig | |
bringen. Ende März hielten die deutschen Banken griechische Staatsanleihen | |
in Höhe von 9,9 Milliarden Euro, wie aktuelle Zahlen der Bundesbank zeigen. | |
Hinzu kommt die Bad Bank der verstaatlichten Hypo Real Estate, die ihre | |
Risiken aus griechischen Staatsanleihen auf 10,8 Milliarden Euro beziffert. | |
Die Gläubiger des griechischen Staates sind also kaum noch in Deutschland | |
zu finden. Die Risiken tragen andere. Dazu gehört etwa die Europäische | |
Zentralbank, die rund 135 Milliarden Euro an griechischen Staatsanleihen | |
entweder besitzt oder als Sicherheiten verwahrt. Ein großer Gläubiger sind | |
auch die griechischen Banken, die Anleihen in Höhe von 45 Milliarden Euro | |
halten. Die griechischen Investment- und Pensionsfonds kommen auf weitere | |
29 Milliarden. | |
Ingesamt beläuft sich die Schuldenlast des griechischen Staates auf rund | |
340 Milliarden Euro. Es scheint aussichtslos, dass die Griechen diese | |
Kredite jemals zurückzahlen können. Hickel fordert daher einen "harten | |
Schuldenschnitt", bei dem Griechenland etwa die Hälfte seiner | |
Verbindlichkeiten erlassen würde. Auch dem Bankenverband sind solche | |
Überlegungen nicht neu. Dort kann man allerdings nicht beziffern, was dies | |
für Folgekosten in Deutschland auslösen würde. "Uns sind keine Berechnungen | |
bekannt." | |
20 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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