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# taz.de -- Künstler legte angeblich Geständnis ab: Ai Weiwei ist frei
> Nach gut zweieinhalb Monaten in Haft ist der chinesische Künstler und
> Regierungskritiker Ai Weiwei gegen Kaution auf freien Fuß gekommen. Es
> gehe ihm gut, gab er bekannt.
Bild: Ai Weiwei bei einer Pressekonferenz am 09.10.09 in München.
PEKING/BERLIN dpa/dapd | Der chinesische Künstler Ai Weiwei ist nach knapp
drei Monaten Haft am Mittwoch nach Hause zurückgekehrt. Sein
Gesundheitszustand sei gut, teilte der bekannte Regimekritiker mit. Ai
bedankte sich bei Reportern, die am Mittwoch vor seinem Studio warteten,
für deren Unterstützung. Er erklärte aber, unter den Bedingungen seiner
Freilassung könne er sich nicht weiter dazu äußern.
Die Freilassung des Regimkritikers erfolgte nur wenige Tage vor dem
Deutschland-Besuch des chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao. Anfang
kommender Woche finden in Berlin erstmals deutsch-chinesische
Regierungskonsultationen statt.
Wie die chinesische Staatsagentur Xinhua berichtete, wurde die Freilassung
des Gegenwartskünstlers mit "Schuldeingeständnissen" und seinem
Gesundheitszustand begründet. Der Künstler musste eine Kautin hinterlegen.
Die Festnahme von Ai Weiwei am 3. April auf dem Pekinger Flughafen war
international scharf kritisiert worden. Mehr als 100.000 Menschen
unterzeichneten eine Petition für seine Freilassung, die von dem New Yorker
Guggenheim-Museum initiert worden war.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle und andere westliche Regierungen
hatten nach der Festnahme Ai Weiweis die sofortige Freilassung gefordert.
Aus ihrer Sicht war er wegen seiner Kritik am kommunistischen System
festgesetzt worden.
Die Familie des Künstlers hatte den gegen ihn erhobenen Vorwurf des
Steuerbetrugs zurückgewiesen. Laut Xinhua soll ein von Ai Weiwei
"kontrolliertes" Unternehmen, Beijing Fake Cultural Development Ltd,
"große" Beträge Steuern hinterzogen haben. Am Mittwoch schrieb die
Staatsagentur, Ai Weiwei sei zur Steuernachzahlung bereit.
Menschenrechtsgruppen hatten darauf hingewiesen, dass chinesische Behörden
auch schon in anderen Fällen den Vorwurf von Wirtschaftsverbrechen gegen
Bürgerrechtler erhoben haben.
Der China-Experte Tilman Spengler begrüßte die Freilassung des
Regimekritikers. Bei aller Freude sollten aber nicht die anderen Gefangenen
vergessen werden, unter ihnen der Friedensnobelpreisträger Liu Xiabo, sagte
der Wissenschaftler und Übersetzer der Nachrichtenagentur dpa.
Mit gemischten Gefühlen reagierte Ais Berliner Verleger Wolfgang Hörner vom
Galiani Verlag, der die in China verbotenen Blogtexte des Künstlers
herausbringt. "Wir sind natürlich zunächst unglaublich froh", sagte er.
"Aber wir machen uns auch große Sorge, dass ihm Wirtschaftsverbrechen
vorgeworfen werden. Das ist oft ein Weg, Regimekritiker ins Gefängnis zu
bringen oder sie zu ruinieren."
Hörner betonte, an den Zuständen in China habe sich nichts grundsätzlich
geändert. "Das ist zwar grandios, aber es gibt genügend andere, weniger
bekannte Künstler, die nach wie vor inhaftiert oder verschleppt sind." Bei
Galiani erscheinen Ais Blogtexte Ende Juli unter dem Titel "Macht euch
keine Illusionen über mich".
Der Präsident des Goethe-Instituts, Klaus-Dieter Lehmann, der wiederholt
von China Rechtsstaatlichkeit im Umgang mit Ai Weiwei gefordert hatte,
reagierte erfreut auf die Nachricht von der Freilassung. "Wenn sich das
bestätigt, begrüße ich das außerordentlich und freue mich sehr darüber."
Lehmann hatte den Künstler noch zwei Tage vor dessen Verhaftung in seinem
Atelier in Peking besucht.
Der Regimekritiker genießt wegen seiner Kunstwerke und Installationen
international hohes Ansehen. Als künstlerischer Berater war er auch an der
Gestaltung des Olympiastadions in Peking beteiligt. Ais Holzkonstruktion
aus Türen und Rahmen zerstörter chinesischer Häuser war eine der
Hauptattraktionen auf der documenta in Kassel im Jahre 2007 gewesen.
Ai Weiwei wurde 1957 in Peking geboren. Er studierte an der Filmakademie in
Peking und lebte mehrere Jahre in den USA. In unzähligen Dokumentarfilmen
zeigt sich sein politischer Aktivismus, wo er Menschenrechte thematisiert.
Zuletzt avancierte der Künstler auch zum Blogger und nutzte Twitter - wie
andere chinesische Aktivisten -, um Missbräuche der Polizei und Behörden
anzuprangern.
22 Jun 2011
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