# taz.de -- Festgenommener Künstler Ai Weiwei: Ehefrau durfte ihn kurz treffen | |
> Zum ersten Mal seit seiner Festnahme durfte Ai Weiweis Ehefrau ihren Mann | |
> kurz treffen. Die chinesische Kunstszene verteidigt Ais Arbeit in einem | |
> öffentlichen Artikel. | |
Bild: Durfte ihren Mann Ai Weiwei nach 43 Tagen zum ersten Mal kurz treffen: Lu… | |
PEKING taz | 43 Tage lang war Ai Weiwei spurlos verschwunden. Am Sonntag | |
durfte ihn seine Ehefrau Lu Qing erstmals seit seiner Festnahme am 3. April | |
kurz sprechen. Sie traf ihn an einem unbekannten Ort, mehrere Polizisten | |
waren die ganze Zeit dabei. Gesundheitlich soll es ihm gut gehen. | |
Allerdings ist unklar, ob man ihm gesagt hat, was ihm vorgeworfen wird und | |
welche Reaktionen sein Verschwinden weltweit ausgelöst hat. | |
"Wir wissen nicht, ob Ai Weiwei es weiß", sagte seine Schwester Gao Ge. Die | |
Angehörigen seien aufgefordert worden, mit Journalisten keine Einzelheiten | |
des Treffens zu besprechen, wenn sie Ai Weiwei nicht schaden wollten. Wegen | |
der Kürze der Zeit hätten sie nur über Familienangelegenheiten geredet. | |
Ehefrau Lu Qing war am Sonntagnachmittag zur Polizeistation gerufen worden. | |
Von dort brachte man sie mit einem Wagen zu einem Gebäude, in dem sie ihren | |
Mann traf. Sie habe nicht sehen können, wohin sie gefahren wurde. | |
Damit scheint sich zu bestätigen, was Freunde und Verwandte des Künstlers | |
seit längerem angenommen haben: Ai Weiwei wird nicht in einem Gefängnis | |
oder auf einer Wache, sondern in einem der vielen sogenannten "Gästehäuser" | |
der Polizei festgehalten. Diese Form "weichen Arrests" wird in China häufig | |
angewendet. Sie gibt den Behörden einen Vorwand, sich nicht an die | |
gesetzlichen Vorschriften zu halten, wonach Verdächtige spätestens 37 Tage | |
nach ihrer Festnahme einen ordentlichen Haftbefehl erhalten und Zugang zum | |
Anwalt und der Familie haben müssen. | |
## Vorwürfe gegen Ai immer noch unklar | |
Noch immer ist unklar, welche Vorwürfe die Behörden gegen Ai Weiwei | |
erheben. Chinesische Medien und Funktionäre erklärten in den vergangenen | |
Wochen, man ermittle gegen ihn wegen "wirtschaftlicher Delikte". Seine | |
Familie glaubt nicht, dass dies stimmt. Freunde fürchten, dass er noch eine | |
ganze Weile lang festgehalten werden könnte, weil die Regierung während der | |
heiklen Periode um den 4. Juni, dem Jahrestag des blutigen Endes der | |
Tianmen-Demonstrationen 1989, traditionell besonders nervös ist. | |
Als Reaktion auf Berichte in chinesischen Medien, die dem Ruf Ai Weiweis | |
als Künstler zu schaden versuchen und ihm beispielsweise "Ideenklau" und | |
sexuelle Ausschweifungen vorwarfen, haben zwei Pekinger Kunstverständige in | |
der vergangenen Woche einen Artikel unter der Überschrift "Ai Weiwei ist | |
ein kreativer Künstler" veröffentlicht. | |
Der Artikel ist bemerkenswert, da viele Künstler und Intellektuelle derzeit | |
eingeschüchtert sind und sich nicht trauen, öffentlich zum Fall Ai Weiwei | |
Stellung zu beziehen. Der Text erschien in chinesischer Sprache in Hongkong | |
und im Ausland und wird auf dem Festland per E-Mail verbreitet. | |
In dem Artikel beschreiben die Schriftstellerin Zhang Yihe, die selbst zehn | |
Jahre im Gefängnis und Lager verbracht hat, und der prominente Pekinger | |
Kunstkritiker und Kurator Li Xianting die künstlerische Entwicklung Ai | |
Weiweis seit seiner Beteiligung an der ersten unabhängigen Künstlergruppe | |
"Sterne" 1980. | |
In den neunziger Jahren kam er in New York mit der internationalen | |
Avantgarde in Kontakt , unter anderem mit Andy Warhol, dessen | |
Selbstportrait derzeit in der deutschen Ausstellung "Kunst der Aufklärung" | |
im Pekinger Nationalmuseum zu sehen ist. Nach seiner Rückkehr 1993 machte | |
Ai Weiwei sich einen Namen als Architekt, Kurator von Konzept- und | |
Aktionskunst und arbeitete mit internationalen Kunstsammlern und Kuratoren | |
zusammen. In jüngster Zeit wandte er sich immer stärker dem Internet und | |
sozialen Themen zu. | |
16 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Jutta Lietsch | |
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