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# taz.de -- TV-Sender haben Angst vor Google-TV: Die Dauer-Mediathek
> Beim Medienforum in Köln üben deutsche Privatsender und
> öffentlich-rechtlicher Rundfunk den Schulterschluss. Gegen die Macht der
> US-Konzerne.
Bild: Kann alles mit allen und zu jeder Zeit: Google TV.
KÖLN taz | Google-TV drängt auf den Markt - und ein neues Apple-Gerücht
macht die Runde. Noch in diesem Jahr werde das erfolgsverwöhnte Unternehmen
einen neuen Markt aufmischen und einen eigenen Fernseher veröffentlichen.
Das Gerät ist natürlich voll vernetzt, lässt sich mit dem iPhone bedienen
und bringt jederzeit die neusten US-Serien und Spielfilme auf den
Bildschirm.
Mit den kürzlich angekündigten [1][Online-Diensten in der iCloud] könnte
der Apple-Fernseher die klassischen TV-Geräte und auch die Hybrid-Geräte
der Konkurrenz alt aussehen lassen. Und noch wichtiger: wer braucht noch
Fernsehsender, wenn er die gewünschten Sendungen ohne Verzögerung direkt
von der Quelle beziehen kann?
Es sind solche Visionen, die beim Medienforum für Unruhe sorgen. Für drei
Tage haben sich Größen aus Verlagen, Film- und Fernsehwirtschaft in Köln
getroffen, um die neusten Entwicklungen zu erkunden, bestehende Gesetze zu
beklagen und neue zu fordern. In ungewohnter Eintracht traten
ARD-Vorsitzende Monika Piel und der Präsident des Verband Privater Rundfunk
und Telemedien (VPRT) Jürgen Doetz auf dem Medienforum auf.
## Gemeinsamer Gegner
Hatten sich beide Seiten in früheren Jahren noch ausgiebig um
Programmplatzierungen und Werberegeln gestritten, haben die deutschen
Senderbetreiber diesmal einen gemeinsamen Gegner gefunden:
Plattformbetreiber und Gerätehersteller, die derzeit den Markt mit so
genannten Hybridgeräten überschwemmen, die das klassische Fernsehen mit
Internetdiensten verbinden. Schon Ende des Jahres wird jeder zweite
verkaufte Fernseher internetfähig sein, schätzt der VPRT. Auch Google
drängt mit seiner eigenen Fernsehplattform "[2][Google TV]" auf den Markt –
wenn auch mit Anlaufschwierigkeiten.
"Wir haben den Eindruck, dass diese Entwicklungen von der Politik nicht
genug begleitet werden", erklärte Piel in Köln. Denn während deutsche
Fernseh-Anbieter sich an Gesetze wie Werbebeschränkungen zu halten haben,
können sich die Internet-TV-Hersteller ihre Angebote weitgehend unbehindert
vom deutschen Vorschriften ausbauen. Doetz fürchtet gar um die "Integrität
des Fernsehsignals".
In letzter Minute hatten sich die europäischen Senderbetreiber 2010 auf
einen internationalen Standard für die Internet-Fernsehwelt geeinigt:
Hybrid broadcast broadband TV oder kurz: HbbTV. Ähnlich dem guten alten
Videotext können Zuschauer auf Knopfdruck zusätzliche Informationen zu
Sendungen abrufen – natürlich multimedial und mit Rückkanal zum Sender.
Gleichzeitig bietet HbbTV einen einfachen Einstieg in die
Online-Mediatheken der Sender. So kann der Kunde mit einem internetfähigen
Fernseher immer die neuste Folge der Tagesschau oder eine Nachmittags-Soap
auf den Bildschirm holen – sofern der Sender das Material kostenlos ins
Netz stellt.
## Angebote nach Senderfamilien getrennt
Doch für den Kunden hat das Angebot einen entscheidende Nachteil. Nach wie
vor sind die Angebote nach Senderfamilien getrennt. Wer den Tatort sehen
will, muss sich erst durch das ARD-Angebot klicken, wer lieber den Krimi
auf Pro7 sehen will, muss sich durch das Angebot des Privatsenders klicken.
Statt Internet mit Fernsehen zu vereinen, werden die Internetangebote in
Senderfamilien unterteilt.
Und so wundert es nicht, dass die Hersteller eigene Portale programmieren.
Nachteil für den Kunden: nicht bei jedem Gerät sind tatsächlich alle
Online-Videotheken verfügbar. Was auf dem Computer problemlos läuft, ist
nur über Umwege auf den Fernsehbildschirm zu bekommen.
Dass die Hersteller sich nicht an die Vorgaben der Sender halten, birgt für
die ARD-Vorsitzende Piel aber noch weiteres Missbrauchspotenzial. "Die
Gerätehersteller können über unsere Inhalte Werbung einblenden", so Piel.
So sei es möglich, dass die Plattform-Betreiber nach einer Verfolgungsjagd
im Tatort automatisch dazu passende Auto-Werbung anzeige.
Eine andere Befürchtung: Branchenschwergewichte könnten den Sendern
besonders gute Sendeplätze teuer verkaufen. Wer nicht auf die Bedingungen
von Google, Apple und Sony eingeht, bleibt draußen.
24 Jun 2011
## LINKS
[1] /1/netz/netzoekonomie/artikel/1/apples-aufbruch-in-die-wolke/
[2] http://www.google.com/tv/
## AUTOREN
Torsten Kleinz
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