# taz.de -- Medien klagen gegen "Tagesschau-App": Elchtest für die innere Pres… | |
> Schöne Bescherung: Springer, DuMont, WAZ und andere Verlage klagen gegen | |
> die "Tagesschau"-App. | |
Bild: Was ist im Netz und in der App-Welt "Presse"? | |
Natürlich ist es schön, dass sich auch mittelalte Herren zuweilen noch | |
freuen können wie kleine Jungs kurz vor der Bescherung. Mit leuchtenden | |
Augen traten am Dienstag beim Medienforum NRW die Zeitungsverleger an, um | |
bei ihrem "Printgipfel" zu verkünden, worum sie verbandsintern seit ein | |
paar Monaten gerungen haben: Acht Pressehäuser klagen nun gegen die | |
"Tagesschau"-App der ARD vor dem Verwaltungsgericht Köln. | |
Denn was sich da in der bislang 1,7 Millionen Mal heruntergeladenen App an | |
Texten findet, sei nun einmal presseähnlich, und damit nicht zulässig. Es | |
klagen WAZ und Springer, DuMont, FAZ, die Rheinische Post und die Verlage | |
von Flensburger Tageblatt und Süddeutscher Zeitung. Der zähe Streit um "Wer | |
darf was im Internet" ist wieder voll entbrannt - schöne Bescherung! | |
Denn natürlich war früher mehr Lametta, was den Herren der Presse der | |
tägliche Blick in Auflagenstatistik und Anzeigenumsätze zeigt. Dass nun | |
ausgerechnet die vom NDR verantwortete "Tagesschau"-App für Smartphones und | |
Tablet-Computer an allem schuld ist, behauptet allerdings nicht mal der | |
Zeitungsverlegerverband BDZV. Man wehre sich gegen die "textdominante | |
Berichterstattung in der 'Tagesschau'-App ohne jeglichen Sendungsbezug", so | |
der Verband. "Hörfunk- und fernsehähnliche Inhalte bleiben von der | |
verlegerischen Kritik unberührt." | |
Das klingt wie das Kleingedruckte beim Preisausschreiben, nur ist hier | |
leider der Rechtsweg nicht ausgeschlossen. Doch da im Netz und in den Apps | |
sich dummerweise alles Journalistische in Wort, Ton und Wackelbild immer | |
mehr ähnelt, wird wieder eine Schlacht von gestern geschlagen. | |
## Spielregeln im Netz | |
Das ist nicht verboten und kann vielleicht sogar zur Klärung dessen | |
beitragen, was die Politik im 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag über die | |
Spielregeln im Internet ganz bewusst unkonkret vernuschelt hat. Da steht | |
tatsächlich etwas von "presseähnlichen Angeboten", die ohne Sendungsbezug | |
verboten sind. Doch was ist im Netz und in der App-Welt "Presse"? | |
Die ARD-Vorsitzende, WDR-Intendantin Monika Piel, äußerte schon ironisch | |
Verständnis dafür, "dass unsere sehr erfolgreiche 'Tagesschau'-App einigen | |
Verlegern ein Dorn im Auge ist". Aber nicht jeder Text sei eine Zeitung. | |
Der BDZV verbittet sich solche Polemik: "Jetzt immer noch vom hohen Ross | |
runterzuschauen und zu sagen, die Verleger vergaloppieren sich, wird nicht | |
helfen", sagt BDZV-Hauptgeschäftsführer Dietmar Wolff. "Jetzt ist | |
Sacharbeit gefragt." Über Vorwürfe, die Verleger seien neidisch, kann Wolff | |
"nur lächeln: Es gehe seit zehn Jahren darum, was ARD und ZDF dürfen und | |
was nicht". | |
## hilfloses Unterfangen | |
Doch weil die alte Dreifaltigkeit von gedruckter Presse, Funk und Fernsehen | |
einfach nicht mehr taugt, ist das ein herzlich hilfloses Unterfangen. Bei | |
den wahren großen Playern im Geschäft mit dem Digitalem, wie den "Googles | |
dieser Welt" kommen sie aus dem Staunen nicht mehr raus. Und in fünf bis | |
sieben Jahren, so die Schätzungen aus der Branche, spricht dann das | |
Bundesverfassungsgericht ein endgültiges Urteil. Mal sehen, ob es dann | |
wenigstens Facebook noch gibt. | |
Ein Kollateralschaden der Debatte liegt dagegen schon jetzt auf der Hand: | |
Der Medienjournalismus. Denn die klageführenden Blätter beherbergen das | |
Gros der relevanten Medienseiten in diesem Land. Und so wird die | |
"Tagesschau"-App ganz nebenbei zum Elchtest für die innere Pressefreiheit. | |
22 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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