# taz.de -- Kommentar Steuerpläne der FDP: Eine Charakterfrage | |
> Es rächt sich, dass Philipp Rösler die Parteiführung ohne ein Konzept der | |
> Neuausrichtung ergriffen hat. Mit der Forderung nach Steuersenkungen | |
> verwaltet er den Niedergang. | |
In der Krise erweist sich der Charakter. Wenn diese Weisheit stimmt, dann | |
ist die FDP entgegen all ihrer Beteuerungen ganz die Alte geblieben. Schon | |
wieder wird die Partei allein bei einem Thema grundsätzlich und forsch: bei | |
ihrer Forderung nach Steuersenkungen. | |
Damit bleiben die Freidemokraten ihrem programmatischen Kern treu - und | |
offenbaren ihr strategisches Dilemma. Die beschworene Neuausrichtung der | |
darniederliegenden Partei scheint vergessen. | |
Die FDP muss um ihr bundespolitisches Überleben fürchten. Da erscheint es | |
naheliegend, die alte Kernforderung nach niedrigeren Einkommensteuersätzen | |
zu erneuern: Hauptsache, die letzten verbliebenen Sympathisanten bleiben | |
der Partei treu. | |
Doch der Einfluss der FDP in der Regierungskoalition ist gegen null | |
gesunken. Um sich gegen den widerwilligen Finanzminister von der CDU zu | |
stemmen, müssen die Freidemokraten ihre letzte Kraft aufbringen. Diese | |
fehlt dann auf anderen Politikfeldern. | |
Anders gesagt: Je mehr Euromilliarden die Partei im Steuerstreit | |
herausholen kann, desto schwächer wird sie in Sachen Bürgerrechte auftreten | |
können. Steuersenkungen durchsetzen und zugleich auf dem Nein zur | |
Vorratsdatenspeicherung beharren - das dürfte der FDP nicht gelingen. | |
Nun rächt sich, dass Philipp Rösler die Führung der Partei ergriffen hat, | |
ohne sich zuvor ein Konzept zu ihrer Neuausrichtung zurechtgelegt zu haben. | |
Der Vorsitzende verwaltet den Niedergang, statt ihn aufzuhalten. | |
Kein neuer Parteichef, kein neues Grundsatzprogramm werden den Absturz der | |
Partei bis zur nächsten Bundestagswahl bremsen. Steuersenkungen zum 1. | |
Januar 2013 verfolgen nur noch das Ziel, das lange Undenkbare abzuwenden: | |
den Rauswurf der FDP aus dem Bundestag. | |
26 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Matthias Lohre | |
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