# taz.de -- Machtkampf in Honduras: Volkswiderstand soll wählbar werden | |
> Der frühere Präsident Manuel Zelaya gründet ein neues Oppositionsbündnis. | |
> Damit will er bei den Wahlen 2013 punkten. Antreten soll seine Frau. | |
Bild: Mischt politisch wieder mit: Ex-Präsident Manuel Zelaya bei seine Rückk… | |
WIEN taz | Manuel Zelaya will es noch einmal wissen. Auf einem Kongress mit | |
mehr als 1500 Teilnehmern aus allen Landesteilen hob er am Sonntag in der | |
honduranischen Hauptstadt Tegucigalpa eine neue Organisation aus der Taufe. | |
Sie heißt Frente Amplio de Resistencia Popular (Breite Front des | |
Volkswiderstandes, FARP) und soll im Herbst 2013 eine "revolutionäre und | |
demokratische" Alternative bei den Wahlen bieten. Der Beschluss, dieses | |
Wahlbündnis zu gründen, fiel einstimmig. Die neue Oppositionsfront soll, so | |
Zelaya, allen offen stehen, die den Putsch gegen ihn verurteilt haben. | |
"Hier entsteht eine neue politische Formel, die dieses Land in den nächsten | |
50 Jahren regieren wird", versprach Zelaya seinen Anhängern in einem Saal, | |
der mit Portraits von Che Guevara, Fidel Castro und anderen | |
lateinamerikanischen Revolutionsführern dekoriert war. | |
Er selbst wird wohl zu den Wahlen nicht antreten können. Das verbietet die | |
Verfassung. Vor exakt zwei Jahren wurde er von Parteifreunden der Liberalen | |
Partei mit Unterstützung der Militärführung abgesetzt und ins Exil | |
befördert weil er eine Verfassunggebende Nationalversammlung einberufen und | |
dabei auch das Wiederwahlverbot zur Diskussion stellen wollte. | |
Honduras, das von einer kleinen Clique von Unternehmern, Großgrundbesitzern | |
und Agroindustriellen beherrscht wird, hat eine modernere Verfassung bitter | |
nötig. Das meint auch Christian Lüth, Vertreter der FDP-nahen | |
Friedrich-Naumann-Stiftung in Tegucigalpa, die die Putschisten hofierte: | |
"Manuel Zelaya hat sehr gute Reformabsichten für dieses Land gehabt. Seine | |
Analyse der Problemlage im Lande war richtig". Allerdings habe er sich "auf | |
Grund eines moralischen Anspruches über die Verfassung und geltendes Recht | |
hinweggesetzt". | |
## Gespaltenes Land | |
Der Putsch spaltete das Land. Die Machthaber sahen sich einer wachsenden | |
Widerstandsbewegung gegenüber, die sich aus mehr als 150 Organisationen | |
zusammensetzte und sich als Nationale Front des Volkswiderstandes | |
konstituierte. Ihre wichtigste Forderung war neben einer Verfassunggebenden | |
Versammlung die Rückkehr Zelayas. | |
Diese wurde vor einem Monat durch ein Abkommen ermöglicht, das die | |
Präsidenten Juan Manuel Santos von Kolumbien und Hugo Chávez von Venezuela | |
vermittelten. Der bis dahin in der Organisation Amerikanischer Staaten | |
(OAS) isolierte Präsident Profirio Lobo von der Nationalen Partei erkaufte | |
sich so seine Anerkennung. Seine Wahl im November 2009, die vom | |
de-facto-Regime organisiert wurde, war höchst umstritten. | |
Die Sängerin Karla Lara, Mitglied der KünsterIinnen im Widerstand, ist | |
deswegen über das Abkommen nicht glücklich: "Damit ist bewiesen, dass man | |
putschen darf und den Putsch reinwaschen lassen kann". Sie hält nichts von | |
einer Beteiligung an den Wahlen, wenn die Rahmenbedingungen nicht | |
grundlegend geändert werden. Veränderungen müssten durch den Druck der | |
Straße erkämpft werden. | |
Geht es nach Zelaya, soll die Widerstandsfront weiter mobilisieren, während | |
sein Wahlverein Frente Amplio über die Urnen an die Macht kommen will. Als | |
Kandidatin ist Xiomara Castro, Zelayas Ehefrau, vorgesehen. | |
Die Polarisierung nach dem Putsch hat das traditionelle Parteiensystem | |
erschüttert. Die Liberale Partei und die Nationale Partei, die | |
unterschiedliche Gruppen der Oligarchie repräsentieren und einander seit | |
Generationen an der Regierung ablösen, sind gespalten. Ein Teil der | |
Liberalen schloss sich dem Widerstand an. Einen anderen Teil holte Porfirio | |
Lobo in sein "Kabinett der nationalen Versöhnung". | |
Für die Wahlen 2013 zeichnet sich ein neuer Zweikampf ab. Zelayas Berater | |
hatten sich zuletzt Rat von Gustavo Leal aus Uruguay geholt. Dort regiert | |
die ehemalige Oppositionsfront Frente Amplio unter dem ehemaligen | |
Tupamaro-Kämpfer José Mujica. Allerdings brauchten die urugayischen | |
Kollegen Jahrzehnte, um über Wahlen an die Macht zu kommen. | |
27 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
## TAGS | |
Honduras | |
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