# taz.de -- Urteil in den USA: Für Gewaltspiele gilt Meinungsfreiheit | |
> Computerspiele mit hohem Gewaltanteil dürfen an Kinder verkauft werden. | |
> Mit dieser Entscheidung hob das oberste US-Gericht ein Verbot in | |
> Kalifornien auf. Und begründete es mit Meinungsfreiheit. | |
Bild: Gewaltspiele wie "Counter-Strike" sind in Deutschland erst ab 16 erhältl… | |
WASHINGTON/BERLIN afp/taz | Der Oberste Gerichtshof der USA hat den Verkauf | |
und Verleih von Gewalt-Computerspielen an Minderjährige erlaubt. Die | |
Richter erklärten am Montag in Washington ein Gesetz des Bundesstaats | |
Kalifornien, das die Abgabe derartiger Videospiele an Unter-18-Jährige | |
unter Strafe stellte, wegen Verstößen gegen die Meinungsfreiheit für | |
verfassungswidrig. Wie Bücher, Theaterstücke oder Filme kommunizierten | |
Videospiele "Ideen und sogar gesellschaftliche Botschaften", heißt es in | |
der Entscheidung. Damit sei ein Schutz durch den ersten Zusatzartikel der | |
US-Verfassung gegeben. | |
Der erste Zusatzartikel verankert grundlegende Freiheitsrechte wie die | |
Religionsfreiheit, die Rede- und Pressefreiheit sowie die | |
Versammlungsfreiheit in der Verfassung der USA. Seit Ende des 18. | |
Jahrhunderts ließ der Supreme Court nur in ganz seltenen Fällen Ausnahmen | |
zu, etwa bei der Anstiftung zu einer Straftat oder obszöner Sprache und | |
Bildern. Erst im März hatte das Gericht die Rechte von Demonstranten | |
gestärkt. In einem Grundsatzurteil entschied es, dass Proteste bei einer | |
Beerdigung von gefallenen US-Soldaten rechtens seien. | |
## "Hänsel und Gretel auch gewaltverherrlichend" | |
Im Fall der Computerspiele fällten die Richter ihre Entscheidung mit einer | |
Mehrheit von sieben zu zwei Stimmen. Das Zensieren von | |
gewaltverherrlichenden Bildern sei nicht Aufgabe des Gerichts, so der | |
Supreme Court. Grundsätzlich müssten Eltern entscheiden, was ihre Kinder | |
spielen dürften. Auch erinnerten sie daran, dass Gewaltverherrlichung | |
bereits in den Märchen der Gebrüder Grimm zu finden sei: "Den bösen | |
Stiefschwestern von Aschenputtel werden die Augen von Tauben ausgepickt. | |
Und Hänsel und Gretel töten ihre Peinigerin, indem sie sie in einem Ofen | |
backen." Außerdem gebe es keine "überzeugenden" Beweise für einen | |
Zusammenhang zwischen Gewalt-Spielen und aggressivem Verhalten von Kindern | |
und Jugendlichen. | |
Kalifornien hatte im Jahr 2005 ein Gesetz erlassen, das den Verleih und | |
Verkauf von gewaltverherrlichenden Spielen an Minderjährige unter Strafe | |
gestellt hatte. Das Abgabeverbot betraf Videospiele, in denen das "Töten, | |
Verkrüppeln, Zerlegen" von Menschen sowie "sexuelle Angriffe" dargestellt | |
werden. Ein Gericht hatte das Gesetz 2007 gekippt, diese Entscheidung wurde | |
2009 in höherer Instanz aber wieder kassiert. Der damalige kalifornische | |
Gouverneur Arnold Schwarzenegger rief daraufhin den Supreme Court in | |
Washington an. | |
## In Deutschland können Spiele indiziert werden | |
In Deutschland lassen Computerspiele-Hersteller ihre Spiele freiwillig | |
kontrollieren und mit einer Altersfreigabe versehen. Organisiert werden die | |
Kontrollen von der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK). Diese | |
beschäftigt Sachverständige der Landesjugendbehörden, die die | |
Alterseinstufungen an den Spielen vornehmen. Die genauen Kriterien für die | |
Altersfreigaben werden durch das Jugendschutzgesetz geregelt. So dürfen | |
Computerspiele mit einer Freigabe ab 18 Jahren nicht an Minderjährige | |
verkauft werden. Händler, die sich nicht daran halten, werden mit | |
Bußgeldern belangt. | |
Computerspiele, die nicht von der USK geprüft wurden, dürfen grundsätzlich | |
verkauft werden. Spiele können allerdings von der Bundesprüfstelle für | |
jugendgefährdende Medien indiziert werden. Diese dürfen dann von Händlern | |
weder ausgestellt noch beworben werden und nur an Personen über 18 Jahren | |
verkauft werden. | |
28 Jun 2011 | |
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Computerspiel | |
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