# taz.de -- Neue Erklärung der Linkspartei: Gysis Anti-Anti-Antisemitismus | |
> Nach einer ersten Antisemitismuserklärung hat Linkspartei-Fraktionschef | |
> Gregor Gysi nun eine zweite formuliert. Damit will er die enttäuschten | |
> Parteilinken einfangen. | |
Bild: Kritik aus der Linkspartei: Mit dem zweiten Beschluss relativiert Gregor … | |
BERLIN taz | In der Linkspartei geht die Debatte um Israel-Kritik und | |
Antisemitismus weiter. In der Fraktion sollte am Dienstag ein zweiter | |
Beschluss zu dem Thema verabschiedet werden. Fraktionchef Gregor Gysi hatte | |
diese zweite Erklärung [1][im Interview mit der taz] bereits angekündigt. | |
Anfang Juni hatte Gysi in der Fraktion einen Text durchgedrückt, der | |
einstimmig angenommen wurde. Dieser Text sollte verbindlich die Grenzen der | |
Israel-Kritik markieren. Die Linksparlamentarier sollen demnach auf drei | |
Nein - zu der Gaza Flottille, zum Boykott israelischer Waren und einer | |
Ein-Staaten-Lösung - festlegen werden. Der linke Flügel redete, obwohl | |
weitgehend beim einstimmigen Ja in der Fraktion anwesend, rasch von einem | |
[2]["Maulkorbbeschluss"]. | |
Der Parteilinke Andrej Hunko schrieb in einem Facebook-Eintrag, dass "Gysi | |
der Arsch auf Grundeis geht, weil der rechte Flügel mit Spaltung der Partei | |
droht." Die Rechten, so Hunko, würden mit dem Israel-Beschluss die Partei | |
"auf SPD-Grüne-Linie schießen" und 2013 eine "Regierungsbeteiligung um | |
jeden Preis durchzusetzen." | |
Annette Groth, die letztes Jahr an der Gaza-Flottille teilgenommen hatte, | |
urteilte dass dieser Beschluss die internationale Solidarität "in | |
beschämender Weise aufkündigt". Die Pragmatiker, die Gysis Initative | |
unterstützen, kritisierten vor allem diesen Stil. Inhaltlich hatte in der | |
Fraktionssitzung Gysi niemand vom linken Flügel widersprochen - doch | |
[3][danach hagelte es Unterstellungen]. | |
## "Antisemitismus inflationär verwendet" | |
Der zweite Text, der am Dienstag auf Gysis Initative verabschiedet werden | |
sollte, verwahrt sich nun gegen die Diffamierung von Israel-Kritik als | |
antisemitisch. Beobachter vermuten darin eine Konzession an den linken | |
Flügel - Gysi selbst hält den zweiten Text für eine nötige Klarstellung | |
gegen eine "inflationäre Verwendung des Begriffs des Antisemitismus". | |
In dem Papier heißt es: "Es ist nicht hinnehmbar, wenn einer Kritik an der | |
Politik der israelischen Regierung mit dem Vorwurf des Antisemitismus | |
begegnet wird. Wir werden nicht zulassen, dass Mitglieder unserer Fraktion | |
und Partei öffentlich als Antisemiten denunziert werden, nur weil sie die | |
Politik der israelischen Regierung kritisieren." Die Linkspartei werde | |
weiterhin die Blockade des Gaza-Streifens, Verletzung der Menschenrechte | |
und die israelische Siedlungspolitik kritisieren. | |
Die Debatte stand bei am Dienstagabend noch aus, die Annahme des zweiten | |
Beschlusses in dieser oder der nächsten Sitzung gilt indes als | |
wahrscheinlich. Raju Sharma, Schatzmeister der Linkspartei und | |
Bundestagsabgeordneter, wollte diesem Beschluss nicht zustimmen. "Dieser | |
Text ist offenkundig eine Relativierung des ersten Beschlusses", so Sharma | |
zur taz. Gysis Versuch, die überbordende Israel-Kritik in der Linkspartei | |
einzuhegen sei damit "missglückt". Dies zeige auch Annette Groths Aufruf, | |
an der diesjährigen Gaza-Flottille teilzunehmen. Das Verhältnis der beiden | |
Lager war noch nie so angespannt wie derzeit. | |
28 Jun 2011 | |
## LINKS | |
[1] /1/politik/deutschland/artikel/1/wir-muessen-der-kritik-grenzen-setzen/ | |
[2] /1/politik/deutschland/artikel/1/gysi-hat-uns-erpresst/ | |
[3] /1/politik/deutschland/artikel/1/kluft-war-noch-nie-so-tief-wie-jetzt/ | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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