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# taz.de -- Staatliche Parteienfinanzierung: Mehr Millionen für die Parteien
> Fast unbemerkt erhöhen sich die im Bundestag vertretenen Parteien ihre
> staatlichen Zuschüsse. Mehrere kleine Parteien werden hingegen künftig
> weniger bekommen.
Bild: Sind die Parteikassen zu voll oder zu leer? Da streiten sich die Parteien…
BERLIN taz | Die Steuerzahler werden in diesem Jahr neun Millionen Euro
mehr für die Parteienfinanzierung ausgeben müssen, 2012 sogar 18 Millionen
- und kaum jemand merkt es. Denn das Gesetz, mit dem sich die Parteien die
staatlichen Zuwendungen erhöhen wollen, wird am Donnerstag in Windeseile
durch den Bundestag gebracht. Es geht um Gelder für Wählerstimmen und
Parteispenden. Am Freitag stimmt der Bundesrat darüber ab.
Unter Juristen ist umstritten, ob die Erhöhung angemessen ist.
Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim hält die Parteien für
überfinanziert, Martin Morlok ist vom Gegenteil überzeugt. Fakt ist, dass
die Obergrenze für die staatlichen Zuwendungen seit 2002 bei 133 Millionen
Euro stagniert. Diese wendet der Staat pro Jahr insgesamt auf, um die
Parteien zu unterstützen. Seither stiegen die Ausgaben laut dem Entwurf
jedoch beispielsweise für die Monatsgehälter der Angestellten von
Gebietskörperschaften zwischen 2000 und 2008 um 18 Prozent an.
In dem [1][Gesetzesentwurf] der Union, FDP, Grünen und SPD wird die
Erhöhung damit begründet, dass die Aufgaben für die Parteien immer größer
werden würden. "Unter anderem durch die moderne Kommunikations- und
Mediengesellschaft und durch das gewachsene Diskussions- und
Partizipationsbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger", heißt es im Entwurf.
Nun soll die Obergrenze für Zuwendungen erhöht werden, um den Parteien "die
Wahrnehmung ihrer verfassungsmäßigen Aufgaben" zu ermöglichen. 2011 auf
knapp 142 Millionen Euro, 2012 auf knapp 151 Millionen Euro. Ab 2013 sollen
die Zuwendungen automatisch an den Preisindex für die "parteitypischen
Ausgaben" angepasst werden - sie könnten damit immer weiter steigen.
Strafrechtler Frank Saliger sieht darin einen "Systemwechel". Die jährliche
automatische Anpassung könnte verfassungsrechtlich problematisch sein.
"Laut Verfassungsgericht muss sich der Umfang der Staatsfinanzierung auf
das beschränken, was zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der
Parteien unerlässlich ist." Das stehe im Widerspruch zur automatischen
jährlichen Anpassung, sagte er der taz. Anders sieht es Martin Morlok. Da
die Parteien unterfinanziert seien, sei die Erhöhung längst überfällig. Sie
sei gerade notwendig, um die Funktionsfähigkeitüberhaupt zu gewähleisten,
sagte der taz.
## Angemessener Geldregen?
Unabhängig davon, ob man den Geldregen für angemessen hält oder nicht -
profitieren werden vor allem die Parteien im Bundestag. Sie werden mehrere
Millionen Euro zusätzlich erhalten. Diese wurden bislang gekappt, weil
insgesamt nur die 133 Millionen für alle Parteien ausgeschüttet wurden.
Kleinere Parteien, die nur wenig Geld selbst erwirtschaften, würden
hingegen geringere Zuschüsse bekommen als heute. Für von Arnim ist das eine
Bereicherung der großen auf Kosten der kleinen Parteien. Grund dafür ist
die Änderung des Paragraph 19 im [2][Parteiengesetz].
Die Piratenpartei hat - auf der Basis der Zahlen von 2010 - errechnet, dass
sie mit der neuen Regelung über 15 Prozent ihrer Zuwendungen einbüßen
würde. Es geht um fast 100.000 Euro. Demzugrunde liegt eine komplizierte
Rechnung.
Theoretisch hätten der Piratenpartei 2010 1,25 Millionen Euro an
staatlichen Zuwendungen zugestanden. Den gesamten Betrag erhält die Partei
aber nicht, weil sie zu wenig Geld selbst erwirtschaftet hat, nämlich nur
rund 585.000 Euro. Daran gibt es nichts auszusetzen, denn
"Teilfinanzierung" bedeutet, dass der Staat maximal so viel zuschießen
darf, wie die Partei selbst einnimmt, also bei den Piraten nur 585.000
Euro. Die Differenz wurde bisher nicht ausgeschüttet. Künftig werden jene
Beträge, die den kleinen Parteien nicht zustehen, und bislang nicht
ausgeschüttet wurden bei der Berechnung der absoluten Obergrenze nicht mehr
mit einbezogen. Das bedeutet: Es wird nochmal ein Teil abgezogen, rund 15
Prozent. Betroffen sind davon nicht nur die Piraten, sondern beispielsweise
auch die Familienpartei und die Tierschutzpartei.
7 Jul 2011
## LINKS
[1] http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/062/1706291.pdf
[2] http://www.bundestag.de/dokumente/rechtsgrundlagen/pg_pdf.pdf
## AUTOREN
Martin Rank
## TAGS
Schwerpunkt Parteispenden-Watch
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