# taz.de -- Dalai Lama im Weißen Haus: China keift gegen Obama | |
> Obwohl die USA die Visite des Dalai Lama herunterspielen, reagiert Peking | |
> erbost. Konsequenzen dürfte das nur für Tibet haben. Dort bleibt jeder | |
> ausländische Besuch unerwünscht. | |
Bild: Der Dalai Lama in Washington: Sein US-Besuch brachte die Pekinger Führun… | |
PEKING taz | Die Reaktion kam wie auf Knopfdruck: Kaum hatte US-Präsident | |
Barack Obama den Dalai Lama im Kartenzimmer des Weißen Hauses in Washington | |
empfangen, protestierte die Pekinger Regierung auch schon gegen diese | |
"Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas". Der Geschäftsträger | |
der amerikanischen Botschaft wurde gestern ins Pekinger Außenministerium | |
zitiert. | |
Mit dem Treffen habe Obama "die Gefühle des chinesischen Volkes verletzt | |
und dem chinesisch-amerikanischen Verhältnis geschadet", so der Sprecher | |
des Pekinger Außenministeriums, Ma Zhaoxu, gestern in einer Erklärung auf | |
der Regierungswebseite. "Wir verlangen, dass die USA die Haltung Chinas | |
ernst nehmen und sofort Maßnahmen ergreifen, um die unheilvollen | |
Auswirkungen zu beseitigen", hieß es weiter. | |
Dabei hatte sich Obama größte Mühe gegeben, das Treffen so wenig anstößig | |
zu gestalten wie möglich. Die Öffentlichkeit erfuhr erst am Tag zuvor von | |
dem Termin. Die Presse erhielt nur ein einziges Foto der als "privat" | |
bezeichneten Begegnung. Die beiden tranken ihren Tee ausdrücklich nicht im | |
Oval Office, das für Staatsakte reserviert ist. Sorgfältig ausbalanciert | |
klang anschließend die Erklärung des Weißen Hauses: Sie pries den | |
76-jährigen Tibeter für seinen Weg der Gewaltlosigkeit und betonte, wie | |
wichtig Obama der Schutz der Menschenrechte, die religiöse Freiheit und | |
Kultur in Tibet seien. | |
Gleichzeitig bekräftigte der US-Präsident, dass die Zugehörigkeit Tibets | |
zur Volksrepublik nicht infrage gestellt werde. Die USA unterstützten keine | |
tibetische Unabhängigkeit. Obama sprach sich für einen "Dialog zwischen | |
Vertretern des Dalai Lama und der chinesischen Regierung aus, um | |
Meinungsverschiedenheiten beizulegen." Für die Tibeter bot das Treffen eine | |
wichtige Bestätigung, dass die amerikanische Regierung ihre Situation ernst | |
nimmt, aber keinen Hinweis auf eine neue Initiative zur Lösung ihres | |
Konflikts. | |
## Äußerst bedrückte Atmosphäre | |
Das Treffen fällt in eine Zeit, in der die Region nicht nur für | |
Journalisten, sondern auch für die meisten Besucher aus dem Ausland | |
gesperrt. Bis Ende dieses Monats wurden die örtlichen Reisebüros nach | |
jüngsten Medienberichten sogar angewiesen, nicht einmal mehr chinesische | |
Touristen in die "Autonome Region Tibet" zu bringen. | |
Grund für diese Nervosität sind wichtige Termine der Pekinger Kommunisten | |
im politischen Kalender: Der sogenannte 60. Jahrestag der friedlichen | |
Befreiung Tibets durch die Armee Mao Zedongs im Jahr 1951 und der 90. | |
Geburtstag der Kommunistischen Partei sollen unter allen Umständen | |
ungestört gefeiert werden. Gerüchten zufolge wird Vizepräsident Xi Jinping | |
persönlich zu den Feiern in die tibetische Hauptstadt fliegen. Xi gilt als | |
aufsteigender Stern Chinas. Er soll ab 2012 an die Spitze von Partei und | |
Staat vorrücken. | |
Nach Berichten von Besuchern und von Exiltibetern bleibt die Atmosphäre in | |
Tibet und den angrenzenden tibetischen Siedlungsgebieten äußerst bedrückt. | |
Die bewaffnete Polizei ist in Lhasa allgegenwärtig. Der Druck auf | |
tibetische Mönche und Nonnen lässt nicht nach, mehrere Journalisten wurden | |
in den vergangenen Monaten wegen ihrer Artikel zu Gefängnisstrafen | |
verurteilt. | |
Eine neue Strategie Pekings zur Entkrampfung der Situation nach innen ist | |
nicht in Sicht. Alle Beteuerungen des Dalai Lama, dass er ein besseres | |
Leben seiner Landsleute innerhalb der Volksrepublik anstrebe, werden in | |
Peking zurückgewiesen. Außenamtssprecher Ma beschuldigte die Exiltibeter | |
gestern erneut, die "Unabhängigkeit Tibets anzustreben". Ob und wie die | |
Pekinger Regierung Präsident Obama nun für sein Treffen mit dem Dalai Lama | |
bestrafen will, ist unklar. Meist gehen beide Seiten nach solchen | |
Begegnungen schnell zur Tagesordnung über. | |
17 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Jutta Lietsch | |
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