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# taz.de -- Milliardenhilfe für Griechenland: Banken sollen helfen, Athen zu r…
> Das Hilfspaket für Griechenland umfasst 109 Milliarden Euro. Erstmals
> sind Banken und Versicherungen beteiligt. Merkel sprach von einer
> wichtigen Etappe, ein Befreiungsschlag jedoch sei es nicht.
Bild: Kanzlerin Merkel im Gespräch mit IWF-Chefin Christine Lagarde und Frankr…
BRÜSSEL dpa/rtr | Nach einem monatelangen Tauziehen haben sich die
Euroländer und der Internationale Währungsfonds (IWF) auf ein neues
Hilfspaket für Griechenland von 109 Milliarden Euro geeinigt. Banken und
Versicherungen werden einen zusätzlichen Beitrag von 37 Milliarden Euro
leisten, der aber noch steigen kann. Das beschlossen die Staats- und
Regierungschefs der Eurozone am Donnerstagabend in Brüssel bei einem
Krisengipfel.
Die Staatenlenker beschlossen zudem weitere Schritte zur Stabilisierung der
Euro-Währung, um einen Flächenbrand zu verhindern. "Die Probleme konnten
nur auf höchster Ebene gelöst werden", sagte EU-Gipfelchef Herman Van
Rompuy. "Wir mussten rasch handeln."
Für Griechenland summieren sich die seit dem vorigen Jahr eingeräumten
internationalen Hilfen nun auf insgesamt knapp 260 Milliarden Euro. "Die
Last für Griechenland wird nun leichter", resümierte der Premierminister
des krisengeschüttelten Land, Giorgos Papandreou.
Sein Land bekommt auch eine Art Marshall-Plan zur Wirtschaftsankurbelung.
Der sozialistische Politiker zog in den vergangenen Monaten seinen Sparkurs
gegen starke Widerstände im Parlament und in der Bevölkerung durch.
## "Handlungsfähigkeit bewiesen"
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte: "Wir haben heute eine wichtige
Etappe erreicht." Die Euro-Zone habe Handlungsfähigkeit bewiesen. "Wir sind
diesen Herausforderungen gewachsen." Dennoch sei dies "kein
Befreiungsschlag", weil Griechenland noch einen langen Prozess vor sich
habe
Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy sagte mit Blick auf die
Bankenbeteiligung: "Das machen wir nur für Griechenland, wir werden es für
kein anderes Land der Euro-Zone machen. Wir sagen klar und deutlich, dies
ist ein Sonderfall." Sarkozy, Merkel und der Präsident der Europäischen
Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, hatten sich am Mittwoch in Berlin
auf Grundlinien des Kompromisses verständigt.
Laut Abschlusserklärung des Gipfels kann die Beteiligung des Privatsektors
auf bis zu 50 Milliarden Euro steigen. Für den Zeitraum bis 2019, also bis
weit nach Ablauf des Programms, werde der Anteil der Banken und
Versicherungen etwa 106 Milliarden Euro erreichen.
Banken und Versicherungen sehen ihren freiwilligen Beitrag an dem neuen
Hilfspaket für Griechenland als Opfer. "Ja, das trifft uns hart", sagte
Deutsche-Bank-Vorstandschef Josef Ackermann am Donnerstagabend am Rande des
Euro-Krisengipfels in Brüssel in einem Interview des ZDF. Ackermann hatte
als Vorsitzender des internationalen Bankenverbands IIF an dem Treffen
teilgenommen. Die Abschreibungen, die die Banken auf griechische Positionen
vornehmen, belaufen sich nach seinen Worten auf 21 Prozent.
## Tabubruch
Griechenland war bereits 2010 mit internationalen Kreditzusagen von 110
Milliarden Euro vor der Pleite bewahrt worden. Davon stehen noch 45
Milliarden Euro aus. Dieses Paket reicht aber nicht mehr aus. Inzwischen
hängen auch Portugal und Irland am internationalen Finanztropf; Italien und
Spanien gelten als potenzielle Kandidaten.
Zur Griechenland-Rettung brechen die Staaten ein Tabu: Sie akzeptieren den
vorübergehenden Zahlungsausfall Griechenlands. Denn die Einbeziehung
privater Gläubiger würde dazu führen, dass die Ratingagenturen Griechenland
für "teilweise zahlungsunfähig" erklären würden.
Insbesondere die EZB hatte sich lange dagegen gewehrt, weil sie Turbulenzen
an den Finanzmärkten fürchtet. Trichet sagte: "Wir werden sehen, was
passiert." Die Spitzen der Eurozone hätten vorgesorgt: Für mögliche
Finanzspritzen an griechische Banken stünden 20 Milliarden Euro bereit, für
die Refinanzierung im Falle eines Zahlungsausfalls sei eine Absicherung von
35 Milliarden Euro vorgesehen. Die EZB nimmt bisher griechische Anleihen
von Banken als Sicherheit an - ausgefallene Papiere kann sie aber nicht
akzeptieren.
Die "Chefs" beschlossen auch, den europäischen Krisenfonds für
finanzschwache Eurostaaten (EFSF) auszubauen - aber nicht aufzustocken. Die
Finanzfeuerwehr soll schon vorbeugend Geld bereitstellen, falls Euro-Länder
in Gefahr geraten. Frankreichs Präsident Sarkozy sagte, der EFSF werde zu
einem "Europäischen Währungsfonds" ausgebaut. "Man kann einen Vergleich zum
Internationalen Währungsfonds ziehen, aber es sind zwei unterschiedliche
Dinge", sagte Merkel. Wie der IWF soll der EFSF Euro-Ländern vorsorglich
eine Kreditlinie eröffnen können, die sie bei Bedarf nutzen können. Zudem
soll er den Bankensektor eines Landes indirekt durch Kredite an die
betroffene Regierung stützen können. Der EFSF soll zudem Staatsanleihen
nach ihrer Ausgabe am Kapitalmarkt aufkaufen können, so wie bisher schon
die EZB. Voraussetzung dafür ist die Feststellung besonderer Umstände durch
die EZB und ein einstimmiger Beschluss der Finanzminister der Euro-Zone.
Die Änderungen sollen auch für den dauerhaften Rettungsfonds ESM gelten,
der den EFSF 2013 ablöst.
## Zinsen sinken
Über Beteiligung privater Gläubiger war lange gestritten worden, vor allem
Deutschland, die Niederlande und Finnland pochten darauf. Dies wird nun auf
freiwilliger Basis erfolgen. Eine Möglichkeit ist der Umtausch von
griechischen Anleihen in neue Bonds mit längeren Laufzeiten.
Damit Griechenland seine Kredite leichter zurückzahlen kann, sinken wohl
die Zinsen, und die Laufzeiten werden verlängert. Das von der Pleite
bedrohte Griechenland werde vom Krisenfonds EFSF mit frischem Geld zu
niedrigen Zinsen versorgt werden. Der Zinssatz soll sich auf rund 3,5
Prozent belaufen. Die Laufzeiten der Kredite sollen von bisher
siebeneinhalb auf mindestens 15 Jahre und bis zu 30 Jahre gestreckt werden.
Auch für Portugal und Irland, die ebenfalls von milliardenschweren
Hilfsprogramm der Partner profitieren, sollen die Zinsen sinken. Der EFSF
wird somit zum Ankauf von Staatsanleihen genutzt - aber nur unter strikten
Bedingungen. Dies war von deutscher Seite bislang kritisch gesehen worden.
22 Jul 2011
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