Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Münchens Olympia-Bewerbung: Der kleine Kater danach
> München hat die Niederlage gegen Pyeongchang nicht wirklich verdaut.
> Jetzt zählt die Aufarbeitung. Eine Bewerbung für mögliche Spiele 2022
> finden nur wenige gut.
Bild: "Wenn Sie unsere Bewerbung nicht unterstützen, weint ein Kind": Die Droh…
MÜNCHEN taz | Wohnen ist ein entscheidendes Stichwort nach der
gescheiterten Olympiabewerbung von München: Eisprinzessin Katarina Witt,
das Gesicht der Bewerbung, hat sich vorgenommen, ihre Wohnung zu
renovieren. Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB),
Thomas Bach, überlegt, ob das IOC sein Wohnzimmer wird - dem Funktionär
werden Ambitionen für das Präsidentenamt nachgesagt. Und der Münchner
Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) muss sich nun erst einmal um den
Wohnungsmangel in seiner Stadt kümmern. Dieses Thema beschäftigt Bürger und
Medien momentan am meisten.
So kommentierten viele Medien auch weniger das Olympia-Aus an sich, sondern
beklagten die nun ausbleibenden Investitionen, insbesondere die Verzögerung
beim Bau einer zweiten S-Bahn-Stammstrecke und die Neugestaltung des
Hauptbahnhofs - beides von Olympia relativ unabhängige Projekte.
Insgesamt hat die Bewerbung 33 Millionen Euro gekostet. Das Budget werde
eingehalten, sagte die Bewerbungsgesellschaft vor wenigen Tagen. Wenigstens
ein Ziel, dass die Olympiaplaner erreicht haben. Ursprünglich wollten sie
aber das Budget durch Sponsorengelder decken - dieses Ziel wurde verfehlt,
bis zum Schluss fehlten 7 Millionen Euro. Doch für diese Lücke fand sich
schnell eine Erklärung: "Es war eine großartige Imagekampagne für die
Austragungsorte, den Freistaat Bayern und natürlich für Deutschland",
argumentierte nicht nur Oberbürgermeister Ude. Und eine Imagekampagne
kostet nun einmal.
## 1,3 Millionen pro Stimme
Die Gegenargumentation wirkt auch schlüssig: 25 Stimmen in Durban gab es
für 33 Millionen Euro - macht pro Stimme 1,3 Millionen Euro. Zum Vergleich:
Salzburg bekam vor vier Jahren mit einem Budget von 10 Millionen Euro auch
25 Stimmen - macht 400.000 Euro pro Stimme. Der erste Wahlgang am 6. Juli
pulverisierte das kolportierte Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen München und
Pyeongchang, die Südkoreaner feierten mit 63 Stimmen einen triumphalen
Sieg. Offiziell gratulierte die Münchner Bewerbungsgesellschaft noch am
selben Tag artig: "Herzlichen Glückwunsch an Pyeongchang. Wir sind sicher,
dass sie exzellente Winterspiele 2018 ausrichten werden."
Anschließend traten die Olympiaplaner ein wenig nach: "Man denkt, der Beste
wird gewinnen", sagte Kati Witt. Deutlicher wurde Franz Beckenbauer, der in
der Bild von einem Verrat der europäischen IOC-Mitglieder sprach. Und
Christian Ude, der lange das IOC hofiert hat, stellte auf einmal dessen
Kriterien in Frage. Ins gleiche Horn bliesen auch die Presseagentur dpa:
"Die alpenländische Tradition war gegen die asiatische Reißbrettvision mit
ihren 499 Schneekanonen chancenlos."
Ohne Zweifel können die südkoreanischen Sieger kritisch gesehen werden,
insbesondere die geplanten Umweltzerstörungen vor Ort und die
undurchsichtigen Geldströme der Bewerbung. Doch Experten bescheinigen
Pyeongchang ein sehr gutes, kompaktes Olympiakonzept. Und auch die Münchner
haben nicht mit Samthandschuhen gekämpft: Mehr als 10 Millionen Euro haben
externe Berater kassiert - einige sollen sogar noch zusätzlich von externen
Sponsoren bezahlt worden sein. Auch Kati Witt soll nun doch Geld erhalten
haben - seit Kurzem ist sie nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung
Markenbotschafterin für BMW, die rund 5 Millionen Euro in die Bewerbung
gesteckt haben. Der Konzern reagierte auf taz-Anfrage nicht.
## Euphorie klingt anders
Die Bewerbung sehr gern unterstützt hat nach eigenen Angaben die Allianz.
Sollte für 2022 eine Bewerbung in Erwägung gezogen werden, will das
Unternehmen prüfen, ob und inwiefern es sich in den Prozess einbringt.
Wirkliche Euphorie klingt anders und ist in München prinzipiell nicht zu
spüren. Eigentlich trommelt nur die lokale CSU für eine Bewerbung 2022.
Ministerpräsident Horst Seehofer sieht einen weiteren Versuch skeptisch,
die Rathaus-Grünen wollen nicht mehr mitmachen, Olympiafan Ude will eine
erneute Bewerbung intensiv prüfen. Und sogar der Hauptgesellschafter von
München 2018, der DOSB hat keinen wirklichen Elan: "Wir werden uns genau
anschauen, ob und wann - und wenn ja, ob im Sommer oder im Winter - eine
erneute Bewerbung Sinn macht", sagte Präsident Bach. Auch die Bürger sollen
dann befragt werden.
Klar ist, dass sich keine deutsche Stadt für die Sommerspiele 2020 bewirbt.
Für die Spiele 2022 endet die Bewerbungsfrist im September 2013. Laut DOSB
spielen die Bewerbungskosten eine Rolle - vor allem aber zählen
strategische Überlegungen: Welcher Kontinent bekommt den Zuschlag für 2020,
welche Städte gehen für die Winterspiele 2022 ins Rennen? Wie wichtig
derartiges Taktieren ist, verdeutlicht ein Statement der
Bewerbungsgesellschaft: "Dass Korea zum dritten Mal antreten würde, war zum
Zeitpunkt des DOSB-Beschlusses im Dezember 2007 noch nicht absehbar." Mehr
oder weniger scheint den Olympiaplanern von Anfang an klar gewesen zu sein,
dass sie kaum Chancen gegen Pyeongchang haben würden.
Doch Deutschland und seine ambitionierten Sportfunktionäre steigen
wahrscheinlich in naher Zukunft wieder in ein Olympiarennen ein, um die
Schmach mehrerer gescheiterter Bewerbungen zu tilgen. Als aussichtsreiche
Kandidaten neben München gelten Hamburg und Berlin; allerdings erst für
Sommerspiele 2024. Den Wahlkampfvorstoß von Klaus Wowereit für eine
schnelle Bewerbung Berlins schmetterte Thomas Bach in einem Interview der
Süddeutschen Zeitung brüsk ab: "So etwas 15 Tage vor Bewerbungsschluss ohne
jede Substanz, ohne jeden Plan einfach mal in den Raum zu werfen, das ist
schlichtweg unseriös." Prinzipiell scheint Bach aber einer Bewerbung für
Sommerspiele nicht abgeneigt.
## Internationales NOlympia
Die Olympiagegner lehnen weitere Olympiabewerbungen ab, insbesondere
Winterspiele seien aufgrund des Klimawandels völlig unrealistisch. Die
Entscheidung von Durban verbuchen sie nicht als ihren Erfolg. "Auf die
Entscheidung des IOC hatten wir sicher keinen wirklichen Einfluss", sagt
der grüne Landtagsabgeordnete Ludwig Hartmann der taz. "Wir haben aber eine
intensive Diskussion angestoßen." In Zukunft wollen die Olympiagegner dafür
kämpfen, dass sich Olympische Spiele den Regionen anpassen, beim IOC ein
Umdenken einsetzt. "Das gelingt nur, wenn wir uns international vernetzen",
erklärt Hartmann.
NOlympia soll also zu einem globalen Bündnis anwachsen, demnächst sollen
olympiakritische Schweizer kontaktiert werden. Der Hintergrund: Vermutlich
bewirbt sich St. Moritz mit Davos für die Winterspiele 2022. Mögliche
Volksbegehren in der Schweiz gegen Olympia könnten ein kleiner
Hoffnungsschimmer für neue Münchner Ambitionen sein. Doch erst einmal wird
die alte Bewerbungsgesellschaft bis Ende des Jahres aufgelöst. Das Inventar
soll versteigert werden.
22 Jul 2011
## AUTOREN
Sebastian Kemnitzer
## ARTIKEL ZUM THEMA
Münchens gescheiterte Olympia-Bewerbung: Winterspiele-Werber wickeln sich ab
Nach der gescheiterten Bewerbung Münchens für die Winterspiele 2018 scheint
ein zweiter Anlauf nicht infrage zu kommen. Die Bewerbergesellschaft macht
dicht.
Münchner Niederlage bei Olympia 2018: Was bleibt? Die Schulden
In München wird das Abstimmungsdesaster gelassen gesehen. Die Olympiagegner
sind froh über die Niederlage. Wirkliche Verlierer sind nur die
Steuerzahler.
Olympia 2018: Südkoreanische Samsung-Spiele
Die Entscheidung in Durban fällt im ersten Wahlgang. Mit Hilfe des
Samsung-Konzerns und jeder Menge Dollar holt Südkorea die Jugend der Welt
nach Pyeongchang.
Chronologie der Olympiabewerbung: Der Countdown läuft
Um kurz nach 17 Uhr ist es soweit. Dann wird bekannt gegeben, wo in sieben
Jahren die Olympischen Winterspiele stattfinden. München hofft immer noch.
Olympia-Bewerbung: München hofft bis zuletzt
Am Mittwoch entscheidet sich in Südafrika, welche Stadt 2018 die
Winterspiele ausrichten darf. Favorit ist immer noch Pyeongchang in
Südkorea, aber München gibt noch nicht auf.
Olympiabewerbung München 2018: Rechtswidrig durchwurschteln
Es wäre ein sittenwidriger Vertrag, den der Oberbürgermeister von München
bei einem Zuschlag für Olympia unterschriebe. Das besagt ein aktuelles
Gutachten.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.