# taz.de -- Griechenland nach dem Euro-Gipfel: Auf unbekanntem Terrain | |
> Über den großzügigen Geldsegen der EU freut man sich in Griechenland. | |
> Doch die Möglichkeit einer Pleite dämpft die Stimmung. | |
Bild: Klar, die Akropolis bleibt auf ewig ruiniert - die griechische Ökonomie … | |
ATHEN taz | Soll man sich jetzt schon freuen? Oder lieber an die Risiken | |
und Nebenwirkungen denken, die gar nicht zu verachten sind? Die meisten | |
Griechen wissen nach dem Euro-Sondergipfel noch nicht so recht, worauf sie | |
sich eingelassen haben. Sicher, sie sind hoch erfreut und positiv | |
überrascht, dass Europa so viel Geld überweist, denn noch am späten | |
Donnerstagnachmittag gingen alle Kommentatoren davon aus, dass Griechenland | |
nicht mehr als 60 Milliarden Euro bekommt. | |
Dass plötzlich doppelt so viel Geld zur Verfügung steht und dazu noch die | |
Rückzahlungsfristen gestreckt werden, ist eine großartige Nachricht für das | |
schuldengeplagte Land. Regierungsfreundliche Medien sprechen sogar von | |
einer "historischen Entscheidung in Brüssel". | |
Die Schattenseite ist nur: Die Einbeziehung privater Gläubiger wird von den | |
Ratingagenturen aller Voraussicht nach als "teilweiser Zahlungsausfall" | |
Griechenlands gewertet, was in griechischer Übersetzung mit "Teilbankrott" | |
wiedergegeben wird. Das verunsichert viele Menschen, denn sie glauben, ein | |
"teilweiser Zahlungsausfall" sei wohl nur die Vorstufe einer echten, | |
langjährigen Pleite. | |
Dem widersprechen führende Analysten in Griechenland und Regierungschef | |
Giorgos Papandreou sowieso. Dabei kämpfte er selbst bis vor wenigen Tagen | |
vehement gegen eine wie auch immer geartete Zahlungsunfähigkeit des Landes. | |
Aber offenbar musste er zurückrudern, damit Deutschland beim neuen | |
Sparpaket mitmacht. | |
## Wie ein Eintrag ins Strafregister | |
Immerhin: Am Freitag blieb ein Ansturm auf die griechischen Banken aus. Die | |
Menschen scheinen vorerst der Zusicherung Glauben zu schenken, die | |
Europäische Zentralbank würde den griechischen Kreditinstituten dabei | |
helfen, eventuelle Liquiditätsprobleme zu überbrücken. Für die | |
auflagenstärkste Tageszeitung Ta Nea ist noch viel erfreulicher, dass sich | |
die Gipfelteilnehmer auf einen neuen Marschall-Plan für das | |
hochverschuldete Land geeinigt haben, denn nichts sei wichtiger für die | |
Zukunft Griechenlands, als Investitionen ins Land zu holen. | |
Für den konservativen Oppositionsführer Antonis Samaras ist das alles nur | |
eine kleine Atempause für Griechenland. Und außerdem beweise das neue | |
Rettungspaket, dass Papandreou mit seinen bisherigen Sparmaßnahmen eben | |
keinen Erfolg hatte, ließ der ehemalige Außen- und Finanzminister | |
verlauten. Besorgt gibt sich auch der konservative Europaabgeordnete und | |
renommierter Außenpolitiker Giorgos Koumoutsakos. "Griechenland betritt | |
unbekanntes Terrain", erklärt Koumoutsakos der taz. Mag sein, dass die | |
Zahlungsunfähigkeit nur wenige Tage dauern würde, wie dies der Regierung | |
Papandreou vorschwebt. Aber ein Zahlungsausfall sei wie der Eintrag ins | |
Strafregister, der würde nicht so schnell wieder vergessen, gibt | |
Koumoutsakos zu bedenken. | |
22 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Jannis Papadimitriou | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ökonom Schulmeister zu EU-Institutionen: "Verblüffend lernfähig" | |
Die Ergebnisse des Euro-Gipfels haben Stephan Schulmeister überrascht. Für | |
ihn sind sie ein erster Sieg über die Finanzmärkte, die Eurozone werde zur | |
Wirtschaftsregierung. | |
Krise im Euro-Raum: "Deutschland ist der FC Bayern der EU" | |
Alexander Graf Lambsdorff, Vize-Chef der Liberalen im EU-Parlament, spricht | |
sich für eine Ausweitung des EU-Rettungsschirms aus. Anders als die meisten | |
FDP-Kollegen. | |
Wachstumsraten für den Tourismus: Flatrate im Krisenland | |
Es ist eine Hoffnung für die griechische Wirtschaft: In diesem Sommer | |
kommen wieder mehr Touristen in das gebeutelte Land. Bringen sie auch Geld? | |
Nach dem Griechenland-Gipfel: Merkels Europa-Zickzack | |
Beim Griechenland-Beschluss musste die Kanzlerin erneut Positionen räumen. | |
Es ist nichts Neues, dass die Bundesregierung ihre Meinung ändert. | |
Kommentar Merkels Europapolitik: Merkels erfolgreiche Niederlagen | |
Die Kanzlerin wird widerlegt: Was auf dem Euro-Gipfel verabredet wurde, ist | |
nichts anderes als eine Umschuldung. Gegen eine solche aber hat sie sich | |
bis zuletzt gewehrt. |