# taz.de -- "Luftbrücke" für Somalia gestartet: 750.000 Tonnen in sechs Monat… | |
> Die UNO startet eine "Luftbrücke" nach Somalia. Doch was bringt die groß | |
> angekündigte Hilfsaktion? 13 Millionen Menschen sind laut UN auf Hilfe | |
> angewiesen. | |
Bild: Unterernährtes Kind in einem Notlager in Kenia. | |
BERLIN taz | Das UN-Welternährungsprogramm WFP hat am Mittwoch eine | |
"Luftbrücke" zur Versorgung hungernder Somalis gestartet. Ein erstes | |
Flugzeug mit 14 Tonnen Spezialnahrung für hungernde Kinder an Bord verließ | |
am Nachmittag den Flughafen der kenianischen Hauptstadt Nairobi mit dem | |
Ziel Mogadischu. | |
In der somalischen Hauptstadt, wo sich eine international anerkannte | |
Übergangsregierung und islamistische Milizen feindlich gegenüberstehen, | |
sind zehntausende Hungerflüchtlinge aus dem Landesinneren als mittellose | |
Flüchtlinge gelandet; das WFP unterstützt in der Stadt nach eigenen Angaben | |
85.000 Menschen und will diese Zahl auf 300.000 ausdehnen. | |
Eigentlich hätte der Flug nach Mogadischu schon am Dienstag starten sollen, | |
doch der kenianische Zoll erhob Einspruch und hielt die Flugzeuge fest, | |
weil als Bestimmungsort der Fracht Kenia angegeben gewesen sei. | |
Insgesamt will das WFP mit vier Flügen 84 Tonnen Sondernahrung nach | |
Mogadischu bringen. Ein Teil davon soll in der Hauptstadt bleiben, der Rest | |
soll in die Regionen im Süden, die von der UNO zu Hungerregionen erklärt | |
wurden und von Somalias Islamisten kontrolliert werden. Der Transport in | |
diese Regionen soll auf dem Landweg erfolgen, erklärte eine WFP-Sprecherin | |
in Berlin. | |
Der Lufttransport von Hilfsgütern gilt als medienwirksamste und zugleich | |
teuerste Form der humanitären Hilfe. Bislang bewegte die UNO den größten | |
Teil ihrer Hilfsgüter für Somalia über das Meer; der Schutz von | |
WFP-Hilfsfrachtern mit jeweils mehreren tausend Tonnen Lebensmitteln gehört | |
zum Mandat der EU-Eingreifflotte gegen Piraten. Angesichts der Notlage | |
dauere dies aber zu lange, so jetzt das WFP. | |
## 3,2 Millionen Menschen brauchen "lebensrettende Hilfe" | |
Von den rund zwei Milliarden US-Dollar, die die Vereinten Nationen dieses | |
Jahr für die Nothilfe benötigen, sind bereits die Hälfte zugesagt, teilte | |
die UN-Koordinierungsabteilung für humanitäre Hilfe, Ocha, am Mittwoch mit. | |
Der UN zufolge sind 13 Millionen Menschen in der Region auf Hilfe | |
angewiesen, davon 4,5 Millionen in Äthiopien 3,7 Millionen in Somalia und | |
3,2 Millionen in Kenia. Von den Somaliern brauchen laut dem | |
Frühwarnnetzwerk FEWS 3,2 Millionen "sofortige lebensrettende Hilfe"; die | |
meisten leben im Süden Somalias, der von den islamistischen Shabaab-Milizen | |
kontrolliert wird. | |
Von den Bedürftigen leben nur rund 700.000 Menschen in den großen | |
somalischen Flüchtlingslagern Äthiopiens oder Kenias. Die anderen, die | |
überwiegende Mehrheit, befinden sich in entlegenen ländlichen Gebieten | |
dieser Länder, in Somalia selbst sowie in Dschibuti und Uganda. Am Mittwoch | |
schätzte das WFP den Bedarf an Nothilfe bis Januar 2012 auf rund 750.000 | |
Tonnen Lebensmittel, wovon nur ein Drittel vorhanden oder zugesagt seien. | |
Im Einklang mit zahlreichen internationalen Politikern forderte am Mittwoch | |
auch Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel freien Zugang für UN-Helfer zu | |
den Hungernden. "Jetzt geht es nicht um Politik, sondern um die Rettung von | |
Menschenleben", sagte er in Berlin. Das WFP zog sich letztes Jahr aus den | |
Shabaab-Gebieten zurück. Die Islamisten haben das WFP als | |
"Spionageorganisation" bezeichnet, weil es zu großen Teilen von der | |
US-Regierung finanziert wird. Nach eigenen Angaben hat das WFP zu 2,2 | |
Millionen Hilfsbedürftigen keinen Zugang. | |
Andere Hilfswerke haben allerdings wenig Probleme damit, in den | |
Shabaab-Gebieten zu arbeiten. An erster Stelle steht dabei das | |
Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), das an erster Stelle den | |
Somalischen Roten Halbmond unterstützt und dadurch ein dichtes Netzwerk von | |
Gesundheitszentren und Mutter-Kind-Kliniken unterhält. Am Wochenende | |
verkündete das IKRK, es habe in den Shabaab-Gebieten 400 Tonnen | |
Lebensmittel verteilt. Auch das UN-Kinderhilfswerk Unicef hat im | |
Shabaab-Gebiet Hilfe geleistet. | |
Die Miliz ist dennoch nicht gerade nützlich, was die Hilfe angeht: In einem | |
Gebiet hat sie den Fleischverkauf verboten und damit Viehhirten um ihre | |
einzige Einkommensmöglichkeit gebracht. | |
27 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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