# taz.de -- FDP-Politikerin Piltz über Sicherheitsdebatte: "Die Hysterie ist u… | |
> Die FDP-Innenpolitikerin Gisela Piltz warnt nach den Anschlägen in | |
> Norwegen vor voreiligen Forderungen zur Kontrolle des Internets. Und sie | |
> grenzt sich deutlich vom Extremismusbegriff der Union ab. | |
Bild: Es ist typisch, dass nun wieder eine Überbietungshysterie stattfindet, s… | |
taz: Frau Piltz, nach den Anschlägen von Norwegen ist in Deutschland eine | |
neue Debatte über die innere Sicherheit entbrannt. Zu Recht? | |
Gisela Piltz: Interessant ist, dass diese Diskussion in Norwegen nicht | |
stattfindet, aber hier bei uns. Ich finde es unverständlich, dass man die | |
Anschläge nun zum Anlass nimmt, umstrittene Themen wie die | |
Vorratsdatenspeicherung wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Es ist | |
typisch, dass nun wieder eine Überbietungshysterie stattfindet. Dabei ist | |
Deutschland ja gar nichts passiert. Man muss erst mal in Ruhe abwarten und | |
dann überlegen, ob das richtig ist, was wir tun. | |
Viele Politiker sagen, das Netz müsse stärker überwacht werden, da der | |
mutmaßliche Täter ja auch dort viel unterwegs war. | |
Klar ist: Wenn Sie Polizeistreifen im wirklichen Leben haben, brauchen Sie | |
die auch im Netz. Das Internet ist Teil unserer Gesellschaft und kein | |
rechtsfreier Raum. Die Polizei muss dann aber auch entsprechend | |
ausgestattet sein. Die Aussage, die Idee des Attentäters sei im Internet | |
geboren, kann ich nicht nachvollziehen. Der hätte früher eben Briefe | |
geschrieben. Es ist unnötig, im Netz mehr zu regulieren als im wirklichen | |
Leben. | |
Was halten Sie von dem Vorschlag, rechtsextreme Internetseiten europaweit | |
zu sperren? | |
Das Problem mit dem Rechtsextremismus ist ja nicht, dass es Seiten gibt, | |
sondern dass es Menschen gibt, die sich davon angesprochen fühlen. Solche | |
Seiten zu sperren beseitigt ja nicht das ursächliche Problem. | |
Wird bei den Differenzen zur Union eine Zusammenarbeit in der Koalition | |
nicht schwierig? | |
Es ist richtig, dass unterschiedliche Auffassungen aufeinandertreffen. Wir | |
machen das, was wir immer machen: Kompromisse und Lösungen suchen. Wichtig | |
ist für uns als FDP: Wir sehen das Internet als Chance. | |
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich sprach von der Gefahr, dass sich | |
"Einzelne unbeobachtet selbst radikalisieren". Das gelte nicht nur für die | |
rechtsextreme, sondern auch für die linksextremistische Szene. Hat er mit | |
dieser Gleichsetzung recht? | |
Natürlich unterscheiden sich Rechts- und Linksextremismus. Ich glaube, dass | |
es wichtig ist, jeden Extremismus zu bekämpfen, mit entsprechenden Mitteln. | |
Es hilft aber niemandem, beide Formen zu vergleichen oder gegeneinander | |
auszuspielen. Dass wir Autobrandstiftung in Hamburg nicht vergleichen | |
können mit Demonstrationen von Rechtsextremen, ist auch klar. Beides ist zu | |
verurteilen. | |
Von der Islamhasserszene hat Friedrich nicht gesprochen, der | |
Verfassungsschutz beobachtet sie auch nicht. Wäre das nicht nötig? | |
Man muss jetzt sicherlich überprüfen, ob wir in der Beobachtung der | |
verschiedenen Szenen alles richtig machen. Es ist zu schauen, ob sich eine | |
Szene nicht auch verändert. Auf der anderen Seite ist es immer schwer, | |
Einzeltäter zu beobachten. Wenn Sie jetzt jeden mit einem Generalverdacht | |
überziehen, der einmal auffällig geworden ist, ginge das zu weit. Dann | |
geben wir den freien Staat auf. Das ist doch das, was diese Leute wollen. | |
28 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Erb | |
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