# taz.de -- Arbeitsmarkt stagniert: Berlin bleibt Schlusslicht | |
> Die neuen Arbeitslosenzahlen zeigen, dass Berlin bisher kaum vom | |
> Aufschwung profitiert. Wirtschaftsexperte kritisiert öffentlichen | |
> Beschäftigungssektor des Senats. | |
Bild: Konnte es kaum erwarten die frohe Botschaft zu verkünden: Arbeitsministe… | |
Anders als der Rest von Deutschland profitiert Berlin bisher kaum vom | |
Wirtschaftsaufschwung. Die Zahl der Arbeitssuchenden stieg im Vergleich zum | |
Vorjahr um 0,4 Prozent, während sie bundesweit um 7,8 Prozent abnahm. | |
Ähnlich schlecht wie Berlin steht nur noch Mecklenburg-Vorpommern da, wie | |
am Donnerstag veröffentlichte Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zeigen. | |
Der Trend bestätigt Einschätzungen des Deutschen Instituts für | |
Wirtschaftsforschung (DIW) - dessen Berlin-Experte Karl Brenke bezeichnete | |
die Arbeitslosigkeit in der Region als "hartnäckig". | |
Auch im Vergleich zum Vormonat stieg die Arbeitslosigkeit; dieser Anstieg | |
dürfte jedoch saisonal bedingt sein. Im Juni waren 233.403 Menschen | |
arbeitslos gemeldet, 3.004 mehr als im Juni. Die Arbeitslosenquote stieg | |
auf 13,5 Prozent. Das ist fast doppelt so viel wie der Bundesdurchschnitt | |
und mit Abstand der schlechteste Wert bundesweit. | |
Erwartungsgemäß harsch war entsprechend die Kritik der Opposition: Die | |
CDU-Fraktion warf dem Senat vor, seit Jahren lieber "Elend zu verwalten", | |
als aktiv zu werden; FDP-Fraktionschef Christoph Meyer forderte den Senat | |
auf, zu prüfen, "wie weitere Anreize zur Aufnahme einer Arbeit auch für | |
Langzeitarbeitslose gesetzt werden können". Grünen-Fraktionschefin Ramona | |
Pop bezeichnete es in einer Mitteilung als "besonders dramatisch, dass sich | |
vermehrt junge Menschen nach dem Abschluss ihrer Ausbildung erwerbslos | |
melden". Die Zahl der Arbeitslosen von 15 bis 25 Jahren stieg im Vergleich | |
zum Vormonat um 16,3 Prozent auf 23.650. | |
DIW-Experte Brenke bremste gleichwohl Erwartungen, mit anderen Parteien an | |
der Landesspitze ließe sich der Widerspruch zwischen kräftigen | |
Wachstumsraten und hoher Arbeitslosigkeit schnell lösen. "Die regionale | |
Politik kann relativ wenig tun", erklärte er. Kernproblem in Berlin sei, | |
dass 80 Prozent der Arbeitslosen Hartz IV beziehen: "Viele sind | |
arbeitsmarktfern." Von Beschäftigungsprogrammen wie dem | |
Linken-Vorzeigeprojekt ÖBS hält der Wirtschaftsexperte wenig. "Solche | |
Tätigkeiten motivieren nicht und halten zum Teil auch davon ab, dass die | |
Betroffenen sich einen regulären Job suchen." | |
Die Senatsverwaltung für Arbeit wies die Vorwürfe zurück. Der ÖBS sei keine | |
Insel, man könne sehr wohl von dort in ein reguläres Arbeitsverhältnis | |
kommen, sagte Sprecherin Anja Wollny. Der Anteil an Langzeitarbeitslosen in | |
Berlin sei zwar hoch, aber nicht unverhältnismäßig höher als in anderen | |
Bundesländern. Wollny verwies auch auf die Zunahme der | |
sozialversicherungspflichtig Beschäftigten: Deren Zahl stieg um 29.600 auf | |
1.151.100 (Zahlen vom Mai) im Vergleich zum Vorjahresmonat. | |
28 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Kristina Pezzei | |
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