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# taz.de -- Hungersnot in Somalia: Kämpfe gefährden Hungerhilfe
> Eine Offensive der Regierung und der afrikanischen Eingreiftruppe Amisom
> in der Hauptstadt Mogadischu hat zahlreiche Tote gefordert. Helfer äußern
> Kritik.
Bild: Flüchtlinge in Mogadischu stehen im Regen.
BERLIN taz | Während die UNO ihre Hilfsappelle für Somalias Hungernde
ausweitet, sorgen ausgerechnet die engsten Verbündeten der internationalen
Gemeinschaft in dem Land dafür, dass die Hilfe schwieriger wird.
Das UN-Koordinierungsbüro Ocha äußert in seinem jüngsten
Somalia-Lagebericht scharfe Kritik an der laufenden Militäroffensive in
Mogadischu, die afrikanische Eingreiftruppen der AU-Mission in Somalia
(Amisom) im Auftrag der international anerkannten Übergangsregierung
führen. Die am Donnerstag begonnenen Angriffe auf Stellungen der
islamistischen Shabaab-Milizen haben bereits zahlreiche Tote gefordert.
"Die Terminierung dieser Offensive und die nachfolgenden
Truppenverstärkungen in anderen Landesteilen erhöhen die Sorge, dass der
Konflikt humanitäre Bemühungen in dieser Krisenzeit gefährden wird",
schreibt Ocha. "Der laufende Konflikt wird zu mehr zivilen Opfern und
zusätzlichen Fluchtbewegungen führen … Es wird bereits berichtet, dass in
Gebieten nahe der vier von Kämpfen betroffenen Distrikte Mogadischus
Fluchtbewegungen stattfinden."
Soldaten der von Uganda und Burundi gestellten Amisom hatten am Donnerstag
mit Panzern und schwerer Artillerie begonnen, in Shabaab-Hochburgen in
Mogadischu vorzurücken. Die Offensive war lange vor der laufenden
Hungersnot in Planung und beendete eine mehrwöchige Periode relativer
Stabilität in Mogadischu, das seit Jahren zwischen Regierung und Shabaab
geteilt ist.
In diesem Jahr hat die Amisom-Eingreiftruppe bereits die Shabaab aus der
unmittelbaren Umgebung der Regierungsgebäude zurückgedrängt; nun versucht
sie mit regierungstreuen somalischen Milizen, Mogadischus größten Markt
Bakara zu erobern.
## Mindestens 20 Tote
Die Kämpfe forderten bereits am Donnerstag mindestens 20 Tote, meldete der
somalische Rundfunksender Shabelle auf seiner Internetseite. Am Freitag
abend intensivierten sich die Kämpfe. Jeden Tag gab es seitdem weitere
Tote, nach somalischen Berichten ausschließlich Zivilisten. Amisom-Sprecher
Paddy Ankunda bestätigte gestern auch den Tod von vier ugandischen
Soldaten. Die Shabaab sagten, sie hättten einen US-Ausbilder der Amisom
getötet. Während die Bewohner der Kampfgebiete fliehen, hat in Mogadischu
schwerer Regen eingesetzt.
Die mit Somalias Regierung verbündete Miliz Ahlu Sunna griff zugleich die
Shabaab im südwestlichen Distrikt Gedo an. In Reaktion startete die
Shabaab-Miliz eine neue Rekrutierungswelle: Jede Familie in Ad-Adey in der
Provinz Middle Shabelle solle der Miliz wahlweise einen Sohn oder zwei
Kamele abgeben, meldete am Wochenende der Nachrichtendienst Mareeg; die
dort lebenden Hirtenfamilien wollten nun die Shabaab bekämpfen.
Eine verallgemeinerte Wiederaufnahme des somalischen Bürgerkrieges an
mehreren Fronten gilt als kontraproduktiv für die Bemühungen, Somalias
Hungernden internationale Hilfe zukommen zu lassen. Die Amisom begründete
ihre Angriffe in Mogadischu mit der Notwendigkeit, humanitäre Hilfe zu
schützen. UN-Hilfswerke warnten jedoch, die Kämpfe gefährdeten die
Verteilung von Hilfsgütern.
Bis gestern hat das UN-Welternährungsprogramm WFP sechs Flugzeuge voller
Hilfsgüter aus Nairobi nach Mogadischu gebracht und nach eigenen Angaben
über lokale Partner Vorräte von Spezialnahrung für 80.000 Kinder für einen
Monat verteilen lassen. Dies geht nur, wenn nicht geschossen wird. Weitere
UN-Flüge aus Nairobi landeten mittlerweile in Doloow an der
somalisch-äthiopischen Grenze.
Inmitten der Kämpfe besuchte eine AU-Delegation am Wochenende die
somalische Hauptstadt. AU-Vizevorsitzender Drastes Mwanja kündigte im
Anschluß eine afrikanische Geberkonferenz für die Hungersnot am 9. August
in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba an.
1 Aug 2011
## AUTOREN
Dominic Johnson
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