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# taz.de -- Freiburg-Killer Unterhaching: Asterix ist wieder da
> Die SpVgg Unterhaching drohte im Chaos zu versinken. Nun ist ein neuer
> Trainer da. Und jetzt besiegte man im DFB-Pokal immerhin den Erstligisten
> SC Freiburg.
Bild: Grund zum Feiern: Unterhaching-Anhänger nach dem Sieg gegen Freiburg.
UNTERHACHING taz | Der Präsident jubelte nicht. Mit einem gequälten Lächeln
gratulierte Engelbert Kupka auf dem Spielfeld den Spielern und Trainer
Heiko Herrlich, dann zog er wieder ab.
Seine SpVgg Unterhaching, ein Drittligist, hatte gerade den Bundesligisten
SC Freiburg mit 3:2 aus dem Pokal geschossen, eine Sensation, und obendrein
nicht unverdient, weil die Mannschaft zweikampfstärker und engagierter war.
Für 90 Minuten war in Unterhaching das alte Asterix-Image zurück, das
kleine Dorf, das die übermächtigen Gegner ärgert.
Später steht Kupka im Presseraum. Geistesabwesend schiebt er zehn kleine
Milchdöschen auf einem Stehtisch hin und her und sagt: "Der Druck auf der
Brust ist heute zwar etwas weniger geworden." Er fährt nun für zwei Wochen
in eine ärztlich verordnete Kur. Der Sieg gegen Freiburg war für ihn die
beste Medizin, die er mit auf den Weg kriegen konnte.
## Viele spielen für gerade mal 1.000 Euro im Monat
Kupka macht keinen Hehl daraus, dass viele Spieler für gerade mal 1.000
Euro im Monat spielen. Es gibt im Moment keinen Hauptsponsor, dafür waren
in den vergangenen 16 Monaten sechs verschiedene Manager für den Verein
tätig. Die Zuschauerzahlen wurden in der vergangenen Saison regelmäßig
stark nach oben korrigiert, und das waren wohl nicht die einzigen
geschönten Zahlen. Der Verein hat so wenig Geld, dass den Spielern vor der
Partie gegen Freiburg sogar gesagt wurde, sie bekämen im Falle eines Sieges
keine Prämie. Zwar wird aktuell doch darüber verhandelt, doch die
Begebenheit zeigt, dass gute Nachrichten im Moment einfach nicht eingeplant
sind.
Alles begann damit, dass Francisco Copado im März 2010 Sportdirektor wurde.
Nicht etwa, weil er sich zu Bundesligazeiten vor zehn Jahren als Stürmer
verdient gemacht hatte, sondern weil er der Schwiegersohn des
Schatzmeisters Anton Schrobenhauser ist, dem mächtigen Mann im Hintergrund,
der seit jeher die Strippen zieht. Gemeinsam begingen sie einen fatalen
Fehler: Sie fielen auf einen Investor namens Franco Levis herein, der fünf
Millionen Euro versprochen hatte. Copado gab viel von dem Geld aus, bevor
es da war. Spieler erhielten für Drittliga-Verhältnisse lächerlich hohes
Handgeld, der Kader war künstlich aufgebläht, und das Geld von Levis kam
nicht. Er sitzt heute wegen verschiedener Betrugsvorwürfe in tschechischer
Untersuchungshaft.
## Kleines Griechenland
Seitdem erinnert die SpVgg an ein kleines Griechenland. Mit vielen
Hilfspaketen aus dem Freundeskreis des Vorstands wurde die Insolvenz
mehrmals abgewendet. Trainer Klaus Augenthaler sorgte indes mit seiner
Erfahrung dafür, dass die Mannschaft nicht in den Abstiegsstrudel der 3.
Liga geriet. Gleichzeitig gelang es ihm, die Mannschaft über den
Landespokal in die DFB-Pokal-Hauptrunde zu führen.
In der Sommerpause gingen dann nicht nur 19 Spieler, auch der Vertrag mit
Augenthaler wurde nicht verlängert. Er hatte versucht, einen neuen
Sponsoren für Unterhaching zu finden - den wollte der Verein aber nicht.
Die Gründe dafür sind dubios, doch es könnte damit zu tun haben, dass
Präsident Kupka und Schatzmeister Schrobenhauser keine Lust haben, alle
Bücher offenzulegen vor Menschen, die sie nicht kennen.
## Herrlich hat einen Plan
Doch plötzlich zauberte die SpVgg Heiko Herrlich aus dem Hut, und es war
wohl die beste Personalentscheidung seit Jahren. Herrlich hat schon die
U17- und die U19-Nationalmannschaft trainiert. Er war ideal für den Job als
Ausbilder eines Haufens junger Wilder und auch, weil er offensichtlich kein
großes Gehalt verlangt.
Schon beim Testspiel gegen Galatasaray Istanbul vor drei Wochen (1:1) wurde
deutlich, dass Herrlich einen Plan hat. Die junge Mannschaft wirkt besser
organisiert als der Verein, Taktikvorgaben werden hoch motiviert umgesetzt,
jeder rennt für den anderen. Der Altersschnitt dieses eilig
zusammengewürfelten Kaders liegt bei unter 21 Jahren, die Namen vieler
Spieler sind nur lokalen Experten geläufig - sieht man einmal vom neuen
Kapitän Jonas Hummels ab, der aber auch nichts dafür kann, dass sein
älterer Bruder Mats Deutscher Meister wurde.
Schon am Mittwoch steht das nächste Pflichtspiel an, ausgerechnet gegen den
FC Heidenheim, der Werder Bremen aus dem Pokal warf. Nicht dabei ist dann
übrigens Heiko Herrlich, der den gesamten August fehlen wird, aus privaten
Gründen. Das mag komisch wirken. Doch in Unterhaching läuft schon lange
nichts mehr normal.
1 Aug 2011
## AUTOREN
Christoph Leischwitz
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