# taz.de -- Kosovo-Krise beigelegt: Beide Seiten verzichten | |
> Die Kosovo-Krise ist beigelegt. KFOR-Kommandeur Bühler hat Albaner und | |
> Serben dazu gebracht, jeweils auf wesentliche Forderungen zu verzichten. | |
> Jetzt ist wieder die EU am Zuge. | |
Bild: KFOR-Soldat an der umstrittenen Grenze. | |
PRISTINA/BELGRAD dpa | Die seit eineinhalb Wochen schwelende Kosovo-Krise | |
ist beigelegt. Albaner und Serben haben einem Kompromiss zugestimmt, in dem | |
beiden Seiten jeweils auf eigene Kernforderungen verzichten. Das erfuhr die | |
Nachrichtenagentur dpa am Freitag aus Kreisen mit Einblick in die | |
tagelangen Verhandlungen. | |
Formell sollte die Abmachung noch am Abend bekanntgemacht werden. Die | |
Streitparteien sollen möglichst umgehend wieder an den Verhandlungstisch in | |
Brüssel zurückkehren, um unter Vermittlung der EU eine grundsätzliche | |
Lösung des Streits zu finden. | |
Der Oberbefehlshaber der KFOR-Schutztruppe, Erhard Bühler, habe als | |
"ehrlicher Makler" in tagelanger "Helikopter-Shuttle-Diplomatie" zwischen | |
Albanern und Serben den Durchbruch geschafft, hieß es weiter. Es handele | |
sich nicht um eine formelles Abkommen, sondern eine "Übereinkunft über ein | |
gegenseitiges Verständnis". | |
Voraussetzung sei, dass die Serben im Norden des Landes ihre zahlreichen | |
Straßenblockaden räumen. Vor allem für den Abbau der Barrikaden in Rudare | |
bei Mitrovica seien "einige Tage" einkalkuliert, weil hier besonders | |
massive Hindernisse aufgebaut worden waren. | |
Als Kernpunkt dieses Kompromisses wird die internationale Schutztruppe KFOR | |
bis wenigstens Mitte September die beiden umstrittenen Grenzübergänge | |
Jarinje und Brnjak allein kontrollieren. Die Grenzposten können von Pkw und | |
Bussen passiert werden, bleiben aber für Waren geschlossen. Ausgenommen | |
sind humanitäre Güter. | |
Größere humanitäre Lieferungen gelangen nur ins Kosovo, wenn eine | |
internationale Organisation zuvor den Bedarf bescheinigt hat. KFOR wird | |
alle Personen und Autos besonders auf Waffen untersuchen. | |
Daneben wurde vereinbart, dass KFOR die zahlreichen "wilden" Übergänge | |
zwischen Serbien und dem Kosovo an den grünen Grenzen kontrollieren. Die | |
Kosovo-Regierung hatte beklagt, dass auch serbische Politiker auf diesen | |
Wegen ohne Kontrollen ein- und ausreisen konnten. Sie hatte die Festnahme | |
und Abschiebung selbst der serbischen Unterhändler angekündigt. | |
Die zwei Streitparteien verzichteten jeweils auf zentrale Forderungen. Die | |
Serben nehmen den von der Kosovo-Regierung verhängten Importstopp | |
serbischer Waren hin. Die Regierung in Pristina verzichtet auf ihr ergebene | |
Zöllner und Grenzpolizisten an den beiden umstrittenen Grenzübergängen. Mit | |
dem Abkommen soll Zeit geschaffen werden für neue Verhandlungen. Die seit | |
März letzten Jahres unter EU-Vermittlung laufenden Gespräche waren | |
unterbrochen worden. | |
Der Kern des Konflikts wird mit dem erzielten Kompromiss allerdings nicht | |
gelöst. Serbien verweigert die Anerkennung der Kosovo-Zollstempel und hatte | |
damit praktisch einen Importstopp für alle Waren aus dieser Region | |
verhängt. Die Kosovo-Regierung antwortete mit einem Importverbot für | |
serbische Waren. Dieses Importverbot war jedoch von serbischen Beamten, die | |
nicht auf die Zentralregierung in Pristina hören, missachtet worden. Die | |
Regierung hatte dann die beiden Grenzposten gewaltsam unter ihre Kontrolle | |
gebracht. | |
Serbische Extremisten antworteten mit der Verwüstung des Grenzpostens | |
Jarinje. Daraufhin war KFOR auf den Plan getreten und hatte beide | |
Grenzpunkte zur "militärischen Zone" erklärt. Angehörige der serbischen | |
Minderheit hatten wiederum mit zahlreichen Straßensperren reagiert, durch | |
die auch die Schutztruppe ihre Soldaten nicht überall versorgen konnte. | |
5 Aug 2011 | |
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