# taz.de -- Norwegen nach den Attentaten: Sozis legen zu, Rechte stürzen ab | |
> Umfragen verzeichnen einen Stimmenzuwachs von 12 Prozent für die | |
> Sozialdemokraten. Rechtspopulisten und Konservative verlieren dagegen | |
> jeden vierten Wähler. | |
Bild: Siv Jensen, Chefin der rechtpopulistischen Fortschrittspartei. Ihr Verein… | |
STOCKHOLM taz | Die Terrorbombe in Oslo und der Massenmord auf Utøya lassen | |
norwegische WählerInnen derzeit offenbar in Scharen zu den Sozialdemokraten | |
wechseln. Laut einer am Wochenende veröffentlichten Umfrage stieg deren | |
Anteil in um 11,7 auf 40,4 Prozent. Auf einem solchen Niveau lag die | |
sozialdemokratische Arbeiterpartei zuletzt 1985. "Ein unglaublicher | |
Anstieg", meint die Wahlforscherin Hanne Marthe Narud von der Universität | |
Oslo. | |
Die rechtspopulistische Fortschrittspartei sackte um 5,5 auf 16,2 Prozent | |
ab. Er gehe nicht davon aus, dass das eine grundlegende Änderung in der | |
politischen Einstellung der Menschen bedeute, kommentierte dies Ketil | |
Solvik-Olsen, Vorstandmitglied der "Fortschrittspartei" und | |
Parlamentsabgeordneter: "Das repräsentiert wohl mehr eine Sympathiewelle | |
aufgrund dieser tragischen Ereignisse." | |
Eine Einschätzung, die der Soziologe Frank Aarebrot nicht ganz teilt. Die | |
Zahlen zeigten, dass gerade die WählerInnen der Rechtsparteien derzeit | |
stark verunsichert seien. 28 Prozent derer, die bei den Wahlen 2009 für die | |
Fortschrittspartei gestimmt hätten, wüßten nicht, ob sie diese Partei | |
wieder wählen wollten. Und das, obwohl eine Debatte über die Rolle der | |
Fortschrittspartei bei der Verschärfung des islamfeindlichen Diskurses in | |
Norwegen bislang noch nicht in Gang gekommen sei. | |
Die konservative "Høyre", für die die Demoskopen einen Rückgang von 5,9 auf | |
21,4 Prozent ermittelt haben, versucht sich so deutlich wie möglich von der | |
"Fortschrittspartei" abzusetzen, sich diese aber als möglichen | |
Koalitionspartner warm zu halten. So lobte "Høyre"-Chefin Erna Solberg ihre | |
"Fortschrittspartei"-Kollegin Siv Jensen für deren "Selbstkritik", was die | |
"öffentliche Wortwahl" angehe. Gleichzeitig versuchte sie sich als | |
Kritikerin des islamfeindlichen Klimas in Europa zu profilieren: Muslim | |
seien einer Hetze und einem Alltagsrassismus ausgesetzt, die mit dem | |
Antisemitismus verglichen werden könnten, der in weiten Teilen Europas in | |
den 1930er Jahren herrschte. Daraufhin warf ihr nicht nur der "Mosaische | |
Glaubensverband" Geschichtslosigkeit vor. | |
Auch Linda Alzaghari vom norwegischen Think-Tank für Minderheitspolitik | |
"Minotenk" hält solche Vergleiche für "dumm". Jedoch sei eine Debatte über | |
den Alltagsrassismus zu begrüßen. | |
7 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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