# taz.de -- Kommentar US-Bonitätskrise: Gute Gründe für Gelassenheit | |
> Der Dollar ist in Gefahr, die größte Volkswirtschaft könnte kollabieren. | |
> Wahrscheinlich ist das allerdings nicht, denn die Krise hat politische | |
> und keine ökonomischen Ursachen. | |
Das Undenkbare wird derzeit denkbar. Die Zahlungsfähigkeit der USA wird | |
bezweifelt, ihr Rating angekratzt. Plötzlich scheint möglich, dass selbst | |
die größte Volkswirtschaft der Welt kollabiert und die Leitwährung Dollar | |
damit wertlos wird. Doch so dramatisch dieses Szenario klingt - sehr | |
wahrscheinlich ist es nicht. Die Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA | |
durch Standard & Poors ist eigentlich eine Nichtnachricht, die niemanden | |
aufregen sollte. Für ausgeruhte Gelassenheit gibt es gleich vier gute | |
Gründe. | |
Erstens: Die Herabstufung war keine Überraschung. Seit Wochen haben die | |
Ratingagenturen gedroht, die USA abzustrafen, wenn der Staatshaushalt nicht | |
glaubhaft saniert wird. Jetzt wurde nur vollzogen, worauf alle gewartet | |
haben. | |
Zweitens: Standard & Poors bietet keine neuen Informationen. Alle Details | |
über den US-Haushalt und das Kürzungsprogramm waren bekannt. Die Investoren | |
sind daher nicht auf die Ratingagenturen angewiesen, um die Schuldenkrise | |
in den USA zu beurteilen - und sie haben längst eigene Analysen angestellt. | |
Drittens: Die Investoren sind bemerkenswert gelassen. Das zeigen die extrem | |
niedrigen Zinsen, die die USA für ihre Kredite zahlen: 2,5 Prozent sind es | |
bei einer Laufzeit von zehn Jahren. Da die Inflation derzeit bei 3,6 | |
Prozent liegt, nehmen die Investoren sogar Verluste in Kauf, nur um ihr | |
Geld in den USA parken zu können. Misstrauen sieht anders aus. | |
Viertens: Die Investoren irren sich nicht, wenn sie meinen, dass die USA | |
ein sicherer Hafen sind. Der drohende Bankrott hat politische, nicht | |
ökonomische Gründe. Schon gezielte Steuererhöhungen für die Reichen würden | |
ausreichen, um das Defizit im amerikanischen Staatshaushalt deutlich zu | |
senken. | |
Stellt sich die Frage: Warum trudeln die Börsen dann trotzdem in die Panik? | |
Es wirkt irrational, dass die Aktionäre durchdrehen, während die Besitzer | |
der US-Staatsanleihen ruhig bleiben. Aber so seltsam ist diese Diskrepanz | |
nicht. Die Aktionäre sind nur die Letzten, die begreifen, was los ist: Die | |
Konjunktur bricht ein, und die Gewinne schwinden. | |
Die Besitzer der US-Staatsanleihen haben das schon länger verstanden, | |
weswegen sie sogar reale Negativzinsen akzeptieren. Nun folgen ihnen auch | |
die Börsen. Dabei ist nur konsequent, dass die Aktionäre auf allen | |
Kontinenten aufschrecken - denn für die Konjunktur sieht es weltweit nicht | |
gut aus. Auch in Europa nicht. | |
7 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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