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# taz.de -- Flugrouten: Wahlkampf am Müggelsee
> Künast und Gysi besuchen die Friedrichshagener Montagsdemo. Der
> Linke-Politiker erntet Beifall durch Worthülsen, die Grüne Buhrufe durch
> Realismus.
Bild: Erntete kaum Beifall: Renate Künast bei der 5. Friedrichshagener Montags…
In der Tram wird ein Fazit gezogen: "Die Künast war ja heute lustig", meint
ein Mann zu seiner Frau. "Also ich fand, der Gysi war da schon konkreter",
entgegnet sie. Die beiden sind auf dem Heimweg von der sechsten Montagsdemo
auf dem Marktplatz in Friedrichshagen. Rund 3.000 Anwohner haben dort eben
gegen die Anfang Juli von der Flugsicherung vorgelegten Flugrouten des
neuen BER-Flughafens in Schönefeld über den Müggelsee protestiert. Den
derzeitigen Planungen zufolge werden täglich 122 Flüge pro Tag in 1.150
Metern über den See führen.
Der lokale Protest aus Berlins Südosten bekommt an diesem Abend Besuch vom
Bundestagsabgeordneten für Treptow-Köpenick, Gregor Gysi (Linke), und der
Grünen-Kandidatin für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin, Renate
Künast. Die Bürger fordern, dass keine Flugrouten über den Müggelsee
führen, sie wollen ein Nachtflugverbot zwischen 22 und 6 Uhr und kein
internationales Drehkreuz am neuen Flughafen. Ralf Müller, einer der
Initiatoren, will die Rückkehr zu den ursprünglich geplanten Routen von
1998. Ein Demonstrant fragt Künast, ob Schönefeld nicht eine
Übergangslösung zum 1996 aufgegebenen Standort Sperenberg sein könne.
Künast versucht ihn zu überzeugen, "dass Sperenberg keine Alternative" sei
- und wird dafür sofort vom Publikum ausgebuht. Überhaupt kann sie an
diesem Abend mit Sachargumenten bei den aufgebrachten Bürgern nicht
punkten.
Gregor Gysi hat es deutlich leichter, für ihn ist es ein Heimspiel. 2009
errang er hier zum zweiten Mal ein Direktmandat für den Bundestag, mit 44,8
Prozent der Stimmen aus Treptow-Köpenick. Gysi spricht sich für andere
Routen aus: "Die Gesundheit der Menschen geht vor wirtschaftliche
Interessen", sagt er. "Wenn die Flugzeuge Umwege fliegen müssen, müssen sie
es halt." Die Menschen auf dem Platz hören das gerne. Sie klatschen und
johlen. "Wir werden jetzt einen sehr versierten Anwalt beauftragen, alles
durchzuprüfen, zu prüfen, wie wir auch zu einem europäischen Gericht
kommen", schlägt Gysi vor. Wieder brandet Beifall auf. Der
Fraktionsvorsitzende der Linksfraktion im Bundestag spricht auch davon, die
Eigentümer, den Bund, Brandenburg und Berlin mehr in die Verantwortung zu
nehmen. Stolz erzählt er, dass er daher wegen dem Nachtflugverbot an
Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus
Wowereit und Brandenburgs Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (beide SPD)
Briefe geschrieben habe. "Wieso?! Ihr seid doch selbst da drin!", schreit
ein Demonstrant dazwischen und erinnert daran, dass die Linke in den
Landesregierungen von Berlin und Brandenburg sitzt. Konkret wird Gysi nur
bei der Befürwortung des angestrebten Nachtflugverbots.
Auch Künast teilt diese Forderung. Als ein Flugzeug während ihrer Rede über
den Platz fliegt, sind die Demonstranten mehr damit beschäftigt, es
auszubuhen als Künast zuzuhören. Ihre Aufforderung an die Bürger, sich in
den nächsten drei Monaten wegen Lärm- und Umweltschutz verstärkt an das
Umweltbundesamt zu wenden, erntet wenig Beifall. Mehr Buhrufe als sie
bekommt bei der Demo nur Klaus Wowereit. Der ist zwar nicht anwesend, aber
auf einem riesigen Banner abgebildet, das ihn mit einem "I love
Müggelsee"-T-Shirt zeigt. Die Bürgerinitiative Friedrichshagen hat er für
den nächsten Tag zum Gespräch ins Rote Rathaus eingeladen.
9 Aug 2011
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Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
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