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# taz.de -- Kommentar taz und Openleaks: Der konstruktive Verrat
> Am Mittwochnachmittag startet die taz zusammen mit Openleaks ein
> Whistleblower-Portal. Sie soll Tippgeber schützen. Denn die sind bitter
> nötig als demokratisches Korrektiv.
Endlich geht ein international angelegter Nachfolger von Wikileaks an den
Start. Die neue Website heißt Openleaks, ein Teil seiner Macher stammt von
der bekannten, aber de facto stillgelegten Enthüllungsplattform Wikileaks.
Auf einem internationalen Treffen von Computerspezialisten wird es an
diesem Mittwoch vorgestellt. Dort soll Openleaks von Hackern geprüft
werden: Ob es eine Lücke in der Sicherheitsarchitektur hat und wo es
verbessert werden kann.
Wer auch immer über die neue Plattform etwas an die Öffentlichkeit bringt,
will und muss anonym bleiben. Denn Openleaks ist keine Plattform für solche
Whistleblower, die sich entscheiden, namentlich Missstände in ihrem
Unternehmen oder ihrer Behörde anzuprangern.
Openleaks ist für heimliche Tippgeber. Daher weist die Plattform diverse
technische Finessen auf, um die Herkunft der Informationen zu verschleiern.
Auch die taz-Website musste dafür umorganisiert werden, damit Tippgeber,
die über taz.de auf den Whistleblower-Server kommen, nicht identifiziert
werden können. Selbst wenn alle beteiligten Rechner beschlagnahmt werden,
soll niemand zurückverfolgen können, woher die Dokumente stammen.
Warum dieser Aufwand? Immer umfangreicher werden Unterlagen wie Verträge,
immer mehr Beweise stehen, wie etwa Videos, überhaupt nur auf
Computerfestplatten zur Verfügung und müssen von dort versandt werden. Und
immer ausgefeilter wird die Überwachungstechnik des Staates. Aber auch
private Firmen versuchen mit großem technischen Aufwand, mit interner
Überwachungssoftware oder externen Detektiven, potenzielle Lecks zu
stopfen.
Wer erwischt wird, der fliegt. Im besten Fall. Wenn er Pech hat, wandert er
ins Gefängnis, wird psychisch fertig gemacht oder seiner Existenzgrundlage
beraubt.
Nicht jeder kann und will dieses Risiko eingehen, als Whistleblower an die
Öffentlichkeit zu treten. Und nicht jeder potenzielle Tippgeber vertraut
den Medien. Hier kann Openleaks helfen.
## Konstruktiver Verrat
Denn die Zahl der Skandale und Missstände wird ja nicht geringer. Nach
welchen Kriterien hat die Bundesregierung eine Bank wirklich gerettet? Was
verdient Vorstand X? Wann wusste wer von der Gefährlichkeit eines
Produktes? Mit welchen Argumenten werden Waffenlieferungen genehmigt?
Auch die heutige Gesellschaft braucht den konstruktiven Verrat. Und sie
bietet neue Möglichkeiten, die Mächtigen zu kontrollieren. Dadurch, dass
die Whistleblower unerkannt bleiben, wird es hoffentlich mehr davon geben
als bisher.
Openleaks allein wird da nicht reichen. Es muss eine Kultur des Leakens
etabliert werden, eine breite Auswahl von solchen Plattformen entstehen:
auf bestimmte Themen spezialisierte, wie etwa das schon bestehende
Greenleaks für Umweltthemen; in manchen Sprachen starke, auf Personen
fokusierte usw. Denn eine einzelne Website genügt nicht, das hat Wikileaks
gezeigt. Eine einzelne Seite kann ausgeschaltet werden, eine einzelne
Person kann nie auf Dauer für etwas garantieren.
Wenn der Staat es nicht schafft und auch gar nicht schaffen will,
Whistleblower wirksam zu unterstützen, kann vielleicht die Technik helfen,
das soziale Netz. Verbreiten Sie die Kunde von Openleaks, liebe Leserinnen
und Leser. Und vielleicht wissen Sie ja selbst etwas, das wir erfahren
sollten.
Wir als Nachrichtenmedium sind dann in der Verantwortung, zu prüfen, was
ein unzulässiger Verrat an Geschäftsgeheimnissen, ein lebensgefährdender
Geheimnisverrat ist und was nicht; welche Informationen von
gesellschaftlicher Relevanz sind und wo es um Denunziantentum geht, wo das
Informationsrecht überwiegt und wo das Persönlichkeitsrecht Einzelner.
Solche Prüfungen sind nötig, weil auch Enthüller checks and balances
brauchen. Das wird eine Gratwanderung sein - aber das ist
Enthüllungsjournalismus immer.
10 Aug 2011
## AUTOREN
Reiner Metzger
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garantiert anonym.
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