# taz.de -- 100 Tage Grün-Rot in Baden-Württemberg: Aus Liebe wird Alltag | |
> Die baden-württembergischen Regierungschefs von Grünen und SPD ziehen ein | |
> positives 100-Tage-Fazit. Doch der Dauerstreit über Stuttgart 21 | |
> verhagelt die Bilanz. | |
Bild: Eitel Sonnenschein - wenn da Stuttgart 21 nicht wäre. | |
STUTTGART taz | Es wirkt wie eine standesamtliche Trauung im Freien: Zu | |
ihrem Auftritt knapp hundert Tage nach Amtsantritt ließen sich der | |
baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und | |
sein Vize Nils Schmid (SPD) an einem weiß gedeckten Tisch nieder und zogen | |
eine positive Bilanz des Starts der ersten grün-roten Regierung. So als | |
wollten die beiden Regierungschefs noch einmal an ihre Worte zum Auftakt | |
der Koalitionsverhandlungen erinnern: Es sei eine [1][Liebesheirat]. Doch | |
längst schon hat es die ersten Ehekräche gegeben. | |
Darüber redeten Kretschmann und Schmid allerdings nur spärlich. Während sie | |
[2][das große Streitthema Stuttgart 21] nur am Rande erwähnten, betonten | |
sie lieber die "wichtigen Akzente", die zu Beginn der Koalitionszeit | |
gesetzt worden seien. Sie wiesen auf den Erfolg des Nachtragshaushalts hin, | |
das neu geschaffene Integrationsministerium, darauf, dass es mehr Windräder | |
gebe und mehr Bürgerbeteiligung, und schließlich natürlich auf die gute | |
Stimmung innerhalb der Koalition. "Ich bin der Überzeugung, dass wir | |
gezeigt haben, dass wir einen Politikwechsel einleiten", sagte Kretschmann. | |
Die Schlagzeilen aus den ersten 100 Tagen vermittelten allerdings ein | |
anderes Bild. Statt von "wichtigen Akzenten" und "guter Stimmung" war da | |
die Rede von "Dauerstreit" und "Gefährdung der Koalition" - und damit war | |
fast immer Stuttgart 21 gemeint. Die Auseinandersetzungen über den | |
geplanten Tiefbahnhof in der Landeshauptstadt hat alles, was Kretschmann | |
und Schmid gern in den Vordergrund rücken wollten, überschattet. | |
## Der Preis direkter Demokratie | |
"Sicherlich belastet so etwas eine Koalition", sagte Ministerpräsident | |
Kretschmann. "Aber das wussten wir vorher." Eine endgültige Befriedung der | |
Situation soll die geplante Volksabstimmung Ende des Jahres bringen. Diese | |
wolle beide Parteien in jedem Fall akzeptieren. "Das Volk hat bei einer | |
[3][Volksabstimmung] das letzte Wort - und daran muss man sich dann | |
halten", so Kretschmann. Das sei eben der Preis der direkten Demokratie. | |
Die Opposition wirft der Landesregierung vor, sich in den ersten hundert | |
Tagen vor allem mit sich selbst beschäftigt zu haben. "Grün-Rot ist gelähmt | |
vom internen Streit über Stuttgart 21, und deshalb steht die gesamte | |
Regierung Kretschmann für Stillstand", sagte der CDU-Landeschef Thomas | |
Strobl. | |
Zufrieden zeigt sich hingegen der Naturschutzbund (NABU). "Kretschmanns | |
Mannschaft hat sich ordentlich warm gespielt und gute Szenen gezeigt, jetzt | |
müssen Tore fallen", sagte der Landesvorsitzende Andre Baumann. Alles in | |
allem könne sich die Bilanz in Sachen Ökologie und Nachhaltigkeit nach 100 | |
Tagen sehen lassen. "Vor allem wenn man sie mit den vergangenen 20.000 | |
schwarzen Tagen unter einer CDU-Regierung vergleicht." | |
17 Aug 2011 | |
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## AUTOREN | |
Nadine Michel | |
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