# taz.de -- Atomruine sechs Monate nach Katastrophe: Fukushima strahlt weiter | |
> Leichtsinnig: Bis Tepco die Reaktoren um die Ohren flogen, war eine | |
> Wasserstoffexplosion für die Betreiber nicht vorstellbar. Und Fukushima | |
> strahlt weiter. | |
Bild: Strahlende Ruine. | |
BERLIN taz | Die Situation an der Atomruine von Fukushima ist auch fast ein | |
halbes Jahr nach dem Unfall nicht unter Kontrolle. Zudem kommen Details ans | |
Licht, wie leichtsinnig die Betreiber mit dem havarierten Reaktor | |
umgegangen sind. So stellte eine Regierungskommission nach einem Bericht | |
des japanischen TV-Senders NHK fest, die Betreiberfirma Tepco habe sich | |
nicht vorstellen können, dass es zu einer Wasserstoffexplosion kommen | |
könnte - bis Tepco am 12. März die Reaktoren um die Ohren flogen. | |
Nach den Messungen von tödlichen Strahlendosen auf dem Gelände im Juli | |
veröffentlichte die Nuklearsicherheitsbehörde Nisa nun weitere | |
Strahlenergebnisse. Demnach treten aus den zerstörten Reaktoren pro Stunde | |
etwa 1 Milliarde Becquerel aus. Doch mit diesen rohen Daten können Experten | |
nicht viel anfangen: Becquerel sind eine Maßeinheit dafür, wie viele | |
radioaktive Zerfallsprozesse in einer Sekunde stattfinden. Die Belastung | |
der Umwelt durch die Strahlung ist rein durch Becquerel kaum anzugeben, | |
denn sie ist abhängig davon, welche Stoffe zerfallen, wie groß die | |
Strahlenquelle ist und wie nah sich etwa ein Mensch befindet. Unklar ist | |
auch, wie viel Strahlung an die Luft abgegeben wird und wie viel über das | |
Kühlwasser nach außen gelangt. Zum Vergleich lässt sich ein Wert aus dem | |
Frühjahr heranziehen: Als hochradioaktive Wasser aus den Gebäuden ins Meer | |
lief, wurden bis zu 300.000 Becquerel pro Kubikmeter in der Stunde | |
gemessen. | |
Mit den Sicherungsmaßnahmen geht es offenbar langsam voran. Tepco hat nach | |
eigenen Angaben damit begonnen, den zerstörten Reaktor 1 mit einem Zelt | |
einzurüsten: Die Stahlkonstruktion wird über dem Gebäude errichtet und soll | |
mit einer Kunststoffplane überzogen werden, um die strahlenden Partikel | |
zurückzuhalten. Die Luft aus diesen Gebäuden will Tepco filtern und so die | |
Belastung senken. Ehe die Anlagen stehen und funktionieren, werde es bis | |
zum Jahresende dauern - wenn der Zeitplan eingehalten wird. | |
In ganz Japan wiederum häuft sich der radioaktive Abfall aus Fukushima, | |
berichtet NHK. Über 27.000 Tonnen von verstrahltem Schlamm sind demnach aus | |
Kläranlagen gefiltert worden und werden jetzt gelagert, weil sie zu | |
verstrahlt sind, um sie einfach zu vergraben, und weil niemand weiß, was | |
damit zu tun ist. Business as usual herrscht höchstens auf der Insel | |
Hokkaido im Norden des Landes: Dort wurde gestern das erste AKW, Tomari, | |
wieder ans Netz genommen, das nach dem Unfall von Fukushima abgestellt | |
worden war. Nach monatelangen Überprüfungen und Probeläufen genehmigten die | |
Behörden den Neustart. | |
17 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Sechs Monate nach Fukushima: Aufstand der Amateure | |
Ein halbes Jahr nach dem Unglück im AKW Fukushima erhebt sich in Japan eine | |
neue Protestbewegung. Doch strukturell steckt sie noch in den | |
Kinderschuhen. | |
Japans Premier Kan tritt zurück: Abgang mit Ansage | |
Der amtierende japanische Ministerpräsident Naoto Kan verlässt sein Amt. | |
Japans fünfter Regierungschef in nur fünf Jahren hatte seinen Rückzug | |
bereits im Juli angekündigt. | |
Gebiet um Atomruine Fukushima: Verstrahlt, verseucht, unbewohnbar | |
Aus der Atomruine Fukushima tritt zwar weniger Strahlung aus als noch vor | |
einem Monat — doch das Gebiet wird wohl "auf lange Zeit" nicht bewohnbar | |
sein, wie Regierungssprecher Edano sagte. | |
Nach der Fukushima-Katastrophe: Erstes AKW in Japan wieder am Netz | |
Während Tepco eingesteht, dass es vermutlich länger dauern wird, bis die | |
Atomanlage Fukushima wieder unter Kontrolle ist, geht auf der Nordinsel | |
Hakkaido erstmals wieder ein AKW ans Netz. | |
Strahlung nach Fukushima-Katastrophe: Japaner messen lieber selbst | |
Wie hoch ist die Strahlenbelastung durch die Atomkatastrophe? Immer mehr | |
Japaner misstrauen ihrer Regierung. Und nehmen die Sache selbst in die | |
Hand. | |
Japans Premier Naoto Kan soll weg: Das Fukushima-Gesetz | |
Japans Parlament ist sich einig über ein Erneuerbare-Energie-Gesetz. Ironie | |
der Geschichte: Es wurde am 11. März, dem Tag der Katastrophe, auf den Weg | |
gebracht. | |
Tepco nach Fukushima-Katastrophe: Fünf Milliarden fehlen | |
Schwarze Zahlen wird es bei Tepco wohl lange nicht mehr geben: Der | |
Fukushima-Betreiber macht mehr als 5 Milliarden Euro Verlust. 3,6 | |
Milliarden davon gehen für Entschädigungen drauf. |