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# taz.de -- Serie: Agrar-Initiativen (3): Tierbefreiung mit Adorno
> Norddeutschland ist das Lieblingsspielfeld der Agrarindustrie. Immer mehr
> und immer größere Stallanlagen werden geplant - und gebaut. Aber die
> BürgerInnen lassen sich das nicht mehr gefallen: Die taz nord stellt
> Bündnisse, Initiativen und Vereine vor, die sich wehren. Heute:
> Theoriearbeit zur Tierbefreiung in Hamburg.
Bild: Ein Negativbeispiel: Massentierhaltung in einem Hähnchenstall des Geflü…
Obwohl die Kritik an der Massentierhaltung lauter wird, haben es
Tierrechtler und insbesondere Tierbefreier noch immer nicht leicht. "In den
letzten Jahren wurde im Zuge einer extremen Kriminalisierungswelle
versucht, Aktivisten im Bereich Terrorismus anzusiedeln", sagt Susann
Witt-Stahl, die Chefideologin der Tierrechtsaktion Nord (TAN). Seit 1985
kämpft sie für die Rechte der Tiere und beteiligte sich an Protestaktionen,
1987 gründete sie mit anderen die TAN.
"Wir sind meines Wissens die älteste explizit linke Tierrechts- und
Tierbefreiungsgruppe Deutschlands", sagt Witt-Stahl. Mitglieder der TAN
besetzten 1988 die Rinderspaltanlage im Hamburger Schlachthof, beteiligten
sich an Jagdsabotagen und unterstützten die Animal Liberation Front. Im
Jahr 2000 war die TAN an der Gründung des Netzwerks "Offensive gegen die
Pelzindustrie" (OgPi) beteiligt. Den Ausstieg von Karstadt, C & A sowie
Peek & Cloppenburg aus dem Pelzhandel sehen die Aktivisten als ihren
Erfolg.
Von Anfang an kritisierte die TAN den Tierschutz, der sich laut Witt-Stahl
nur darum bemühe, die Ware Tier besser zu verwalten, statt das Leid zu
beseitigen. Doch auch vom Tierrechtsgedanken hat sich die TAN schon länger
verabschiedet. Momentan arbeitet die Gruppe an den Grundlagen zur
Entwicklung einer kritischen Theorie der Tierbefreiung. Referenzpunkt für
diese Arbeit ist das Werk "Die Dialektik der Aufklärung" von Max Horkheimer
und Theodor W. Adorno.
"Das Ziel muss unserer Ansicht nach die Abschaffung der kapitalistischen
Produktionsweise sein", meint Witt-Stahl, "also der Zustände, wo Tiere zu
Ware werden und es bleiben." Nur in befreiten Gesellschaften sei es
möglich, ein Mensch-Tier-Verhältnis ohne Unterdrückung und Ausbeutung zu
schaffen.
In anderen Worten: Solange das kapitalistische System besteht, unterdrückt
der Mensch auch die Tiere. "In dem Moment, in dem ich mir ein Teil eines
Tierkörpers einverleibe, bin ich Akteur eines Unterdrückungsverhältnisses."
Fleisch zu essen sei falsch, weil es die Ausbeutung von Tieren, "die ja
brutaler kaum noch sein kann, als sie heute praktiziert wird",
materialisiere, so Witt-Stahl.
Die Forderung nach einem veganischen Lebensstil ist innerhalb der
Tierrechtsaktion daher unweigerlich mit ihrer kapitalismuskritischen
Haltung verbunden. Die gewaltfreie Ernährungsform soll den Blick verändern:
Menschen sollen Tiere nicht mehr als Stücke wahrnehmen, die man sich
einverleibt, sondern als leidens- und empfindungsfähiges Gegenüber.
Adorno sprach hier von "Solidarität mit dem quälbaren Körper". Susann
Witt-Stahl sieht darin den Urimpuls, aus dem Menschen mit Tieren überhaupt
solidarisch sind: "Was uns Menschen am allermeisten mit den Tieren
verbindet, ist der quälbare Körper."
26 Aug 2011
## AUTOREN
Adrian Meyer
## TAGS
Tierschutz
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