# taz.de -- Hygienetest in Betrieben: Schwulenklub ist sauber | |
> Wie reinlich Berliner Restaurants sind, steht seit Kurzem im Internet. | |
> Wer schlampig ist, muss mit Nachkontrollen rechnen - und | |
> Umsatzeinbrüchen. | |
Bild: Beim Pommes-Kredenzen wird jetzt genau hingeschaut. | |
Essen wird im Stahlrohr 2.0 nicht gekocht, dafür stehen Getränke wie Wodka | |
Lemon auf der Karte des Schwulenklubs. Deshalb überprüfen | |
Lebensmittelkontrolleure einmal jährlich unangemeldet die Sauberkeit in der | |
Schankwirtschaft. Jetzt ist das Ergebnis zum ersten Mal öffentlich: Der | |
Klub ist der sauberste Lebensmittelbetrieb, der im Juli im Bezirk Pankow | |
kontrolliert wurde. Als einzige von 66 Einrichtungen erhielt er die Note | |
"Sehr gut". | |
"Wir haben eine berufliche Selbstachtung", sagt Inhaber Tobias Oertel, | |
"Hygiene ist uns sehr wichtig." Regelmäßig nähmen seine Mitarbeiter an | |
Schulungen teil. Seit Jahren hat der Klub von den Kontrolleuren positive | |
Bewertungen bekommen. | |
Rund 54.000 Lebensmittelbetriebe gab es 2008 in Berlin, darunter | |
Bäckereien, Supermärkte, Imbisse und Restaurants. Im Internet werden seit | |
vergangener Woche allerdings nur die Ergebnisse der Hygienekontrollen in | |
Schankwirtschaften und Gaststätten veröffentlicht. Imbisse sollen dann im | |
nächsten Jahr folgen. | |
Waren anfangs nur Lebensmittelbetriebe in Lichtenberg und | |
Tempelhof-Schöneberg aufgelistet, kommen nun die ersten Ergebnisse aus | |
Pankow hinzu. Überdurchschnittlich gut sind die Noten in | |
Charlottenburg-Wilmersdorf: Alle sechs Restaurants, deren | |
Kontrollergebnisse bereits veröffentlicht wurden, haben die Note "Sehr gut" | |
erhalten. Eine Tendenz lässt sich daraus jedoch nicht schließen. "Es ist | |
ein Prozess", sagt Marie-Luise Dittmer, Sprecherin der Senatsverwaltung für | |
Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz. "Die Datenbank wird sich erst | |
nach und nach füllen." Rund fünf Wochen nach der Kontrolle werden die | |
Ergebnisse veröffentlicht. Einen Monat haben die Betriebe theoretisch Zeit, | |
sich zum Ergebnis zu äußern und vor dem Verwaltungsgericht gegen die | |
Veröffentlichung zu klagen, allerdings mit wenig Aussicht auf Erfolg: Seit | |
Mai 2008 haben Verbraucher durch das Verbraucherinformationsgesetz (VIG) | |
das Recht, über die Sauberkeit in Lebenmittelbetrieben informiert zu | |
werden. | |
Berlin ist bei der Transparenz der Kontrollen bundesweit Vorreiter. Seit | |
2009 wurden Pankower Restaurants mit einem lachenden Smiley an der Tür | |
versehen, wenn die Sauberkeit im Betrieb überdurchschnittlich gut war. Eine | |
Negativliste war im Internet verfügbar. "Die beiden einzigen Klagen in den | |
vergangenen zwei Jahren waren erfolglos", sagt der Pankower Stadtrat für | |
Öffentliche Ordnung, Jens-Holger Kirchner (Grüne). | |
Bei ihren Besuchen achten die Kontrolleure auf Punkte unter anderem auf | |
Desinfektion, Schulung des Personals und die Lagerung von Lebensmitteln. | |
Insgesamt gibt es elf Kategorien, die unterschiedlich gewichtet sind. "Wer | |
nicht weiß, bei welcher Temperatur man Hackfleisch lagert, bekommt | |
schneller Minuspunkte als jemand, der seine Papiere nicht ordentlich | |
führt", erklärt der Direktor der Lebensmittelaufsicht in Pankow. Maximal 80 | |
Minuspunkte werden vergeben. Ein "Sehr gut" bekommen nur Betriebe, in denen | |
nichts zu beanstanden ist. Am häufigsten gebe es Defizite bei der | |
Desinfektion. "In Pankow haben wir Kandidaten, die locker 80 Punkte | |
erreichen werden", glaubt der Direktor der Lebensmittelaufsicht. | |
Wie oft ein Restaurantbesitzer mit einer Kontrolle rechnen muss, hängt | |
davon ab, wie er in der Vergangenheit bewertet wurde. War die Hygiene schon | |
bei früheren Kontrollen nicht ausreichend oder gehört der Betrieb zu | |
besonders sensiblen Einrichtungen wie Krankenhausküchen, muss der Betreiber | |
mit vierteljährlichen Kontrollen rechnen. | |
Dass Kritiker befürchten, Restaurantbesitzer könnten durch die | |
Veröffentlichung der Ergebnisse in den Ruin getrieben werden, kann Stadtrat | |
Kirchner nicht nachvollziehen. Schließlich gehe es nicht um die | |
Existenzsicherung, sondern um den Verbraucherschutz: "Wer nicht mit | |
Lebensmitteln umgehen kann, sollte auch kein Restaurant führen." | |
29 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Julia Fiedler | |
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