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# taz.de -- EU überprüft Griechenlands Finanzen: Schummeln nicht mehr möglich
> Griechenland hofft auf weitere acht Milliarden Euro. Erst wenn die
> Kontrolleure zufrieden sind und die Geberländer zustimmen, gibt es Ende
> September die nächste Rate.
Bild: Schnell liberalisieren und privatisieren? Die Athener sehen das anders.
BRÜSSEL taz | Finanzexperten der Europäischen Kommission, der Europäischen
Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds wühlen sich zurzeit eine
Woche lang durch die Bücher der griechischen Ministerien. Alle Ausgaben und
Einsparungen werden genau unter die Lupe genommen. Nur wenn die
Kontrolleure mit den Sparanstrengungen der Griechen zufrieden sind, wird
Ende September die nächste Kreditrate von 8 Milliarden Euro ausgezahlt.
Dass die Prüfer grünes Licht geben, ist nicht sicher. Und die Geber schauen
sehr genau auf deren Bericht.
Bereits zum fünften Mal sind die Kontrolleure in Athen. Im Frühjahr dieses
Jahres hat die Gruppe von rund 20 Experten bereits angemahnt, dass die
strukturellen Reformen nicht schnell genug vorangehen. Das betraf vor allem
das Steuersystem. "Die Prüfung muss man sich vorstellen wie in einem
privaten Unternehmen", sagt Amadeu Altafaj, Sprecher des
EU-Währungskommissars. "Unsere Experten schauen auf die Zahlen, sprechen
aber auch mit den Ministern, Beamten und der Nationalbank. Sie machen sich
ein Bild von all den Bereichen, in denen die Griechen sich verpflichtet
haben, Dinge zu ändern."
Die Aufgabenliste der griechischen Regierung ist lang und detailliert. Hier
nur einige Beispiele: 310 Millionen Euro soll sie bis Ende des Jahres im
Gesundheitswesen einsparen; 1,188 Milliarden bei anderen Sozialausgaben wie
der Rente. Die Gehälter von Staatsbediensteten sollen um 770 Millionen Euro
gekürzt, überflüssige Behörden geschlossen werden. Außerdem soll die
Wochenarbeitszeit im öffentlichen Dienst von 37 auf 40 Stunden angehoben
werden.
## Einseitigkeit der Euroländer
So ziehen sich die Vorgaben durch nahezu alle Politikfelder - und das alles
bei einer schrumpfenden Wirtschaft, um rund 5 Prozent. Der finanzpolitische
Sprecher der sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament Udo
Bullmann hält die Kontrolle zwar für notwendig, kritisiert aber die
Einseitigkeit der Euroländer: "Wir brauchen nicht nur Sparvorgaben, sondern
einen Marshall-Plan für Griechenland. Wir müssen die Wirtschaft zurück auf
Wachstumskurs bringen. Sonst dreht sich das Schuldenrad immer weiter." Der
SPD-Abgeordnete fordert beispielsweise größere Investitionen im Energie-
und Logistiksektor.
Beim aktuellen Kontrollbesuch dürfen die Griechen nicht mit derartiger
Unterstützung rechnen. Sie müssen stattdessen vor allem befürchten, dass
die Vertreter der Eurozone und des IWF auch diesmal einiges kritisieren
werden. Besonders langsam geht es nämlich mit der Privatisierung von
Staatsunternehmen und -eigentum voran.
Noch haben die Griechen kaum etwas verkauft, obwohl sie nach den Vorgaben
ihrer Schuldner bis Ende des Jahres mit den Verkäufen 5 Milliarden Euro
einnehmen sollen - bis 2015 weitere 45 Milliarden. Spätestens in einer
Woche wollen die Kontrolleure fertig sein und erste Ergebnisse vorstellen.
Die Euroländer müssen dann entscheiden, ob sie die nächste Rate der
Hilfsgelder weiter auszahlen.
30 Aug 2011
## AUTOREN
Ruth Reichstein
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