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# taz.de -- Kolumne Nebensachen: Hic Rhodos, hic salta
> Der Urlaub, der Vizejustizminister, der iPod und der Dieb.
Die Justiz ist nicht blind, sie kann sogar im Dunkeln sehen, wie jetzt
einer ihrer vornehmsten Vertreter bewiesen hat. Griechenlands
Vizejustizminister Giorgos Petalotis will einen Dieb, der ihn mitten in der
Nacht in seinem Hotelzimmer ausrauben wollte, genau erkannt haben. Dank
seiner Beschreibung wurde der mutmaßliche Täter auch gefasst.
Mitte August buchte Petalotis einen Familienurlaub in einem Luxushotel auf
Rhodos. In einer warmen Sommernacht fand er erst spät ins Bett. Seltsame
Geräusche rissen ihn aus dem Schlaf. An der Balkontür wurde der Minister
von einem leicht bekleideten jungen Mann überrascht, der in seiner
Reisetasche wühlte.
Petalotis - nicht nur im übertragenen Sinn ein Schwergewicht der
regierenden Sozialisten - ging auf den vermeintlichen Dieb zu, der
überrascht die Flucht ergriff, vor lauter Panik im Treppenhaus stürzte und
doch irgendwie entkommen konnte. Hic Rhodos, hic salta!
Unverzüglich meldete der Minister den Verlust eines iPods. Nach
stundenlangen Ermittlungen konnte die Polizei von Rhodos einen 27-jährigen
Hotelangestellten als Täter identifizieren, immerhin ein Ausländer, wie die
Medien konstatierten. Dessen Angehörige bestreiten die Vorwürfe und
erklärten, der 27-Jährige verdiene 1.700 Euro im Monat und habe es bestimmt
nicht nötig, mitten in der Nacht iPods zu klauen. Er besitze ja selbst ein
viel moderneres iPhone 4, ätsch! Ätsch!
Nichtsdestotrotz entschuldigte sich die Hotelleitung beim
Vizejustizminister und schenkte ihm ein brandneues iPod. Im September kommt
der mutmaßliche Täter wegen Diebstahls vor Gericht und soll nach dem
Prozess eventuell ausgewiesen werden, berichtet die Lokalpresse auf Rhodos.
In Athen wird die Geschichte politisch ausgeschlachtet, etwa vom
konservativen Blatt Dimokratia, das berüchtigt ist für seine gnadenlose
Fundamentalopposition: Da müsse ein albanischer Einwanderer mehr oder
weniger als Opfer herhalten, beklagte ein Kommentator der Zeitung, die
nicht gerade durch ausländerfreundliche Ansichten auffällt.
Natürlich glauben die meisten Griechen nicht an ein Justizkomplott, aber
etwas Neid ist schon mit im Spiel: Es wäre doch zu schön, wenn die Polizei
auch anderen Diebstahlopfern ähnlich viel Aufmerksamkeit schenken würde.
Aber heutzutage kriegt man als Normalbürger rein gar nichts mehr geschenkt.
Nicht mal einen iPod.
28 Aug 2011
## AUTOREN
Jannis Papadimitriou
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