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# taz.de -- Zeit, für die Glühbirne zu streiten: Die dunkle Seite der Sparlam…
> 60 Watt-Glühbirnen sind nun verboten. Dagegen wendet sich die Studie
> "Lügendes Licht" mit einer kritischen Bilanz der Effizienz von
> Energiesparlampen.
Bild: Wir sehen die Dinge nicht mehr im rechten Licht.
Die Glühbirne, eine simple Angelegenheit aus Glas, Metall und Keramik, die
sofort ein wunderbares, helles, warmes Licht verbreitet, muss aus unserem
Leben verschwinden. Zugunsten der sogenannten Energiesparlampe, die
gegenüber der Glühlampe angeblich 80 Prozent Strom einspart. Das hat der
Umweltausschuss des Europäischen Parlaments am 17. Februar 2009
beschlossen.
Der Einwand, dass dort, wo viel Licht, auch viel Schatten ist, hat
hinsichtlich der Sparlampe keine Chance. Von viel Licht kann ja auch nicht
die Rede sein. Was aber nichts daran ändert, dass es selbstverständlich
"Die Dunklen Seiten der Energiesparlampe" gibt, denen Thomas Worm und
Claudia Karstedt jetzt nachgegangen sind. Dazu gehört, dass die Sparlampe
alles andere ist, nur keine Lampe.
Stattdessen handelt es sich um ein Elektrokleingerät, das jede Menge
Elektronikteile enthält, die umso reichlicher vorhanden sind, je mehr die
Energiesparlampe die unbestreitbaren Vorteile der Glühlampe zu imitieren
versucht. Ihr Ableben macht sie zu Sondermüll, dessen umwelt- und
klimafreundliche Entsorgung nicht weniger problematisch ist als die
Produktion der ursprünglichen Komponenten.
Zu Recht nennen Thomas Worm und Claudia Karstedt ihre Untersuchung
"Lügendes Licht". Denn wenig ist wahr von dem, was die Sparlampe
verspricht. Zuerst lügt gleich einmal ihr Licht. Da ihr Spektrum
diskontinuierlich ist, mit energiereichem Blau- und abgeschwächtem
Rotbereich, verfälscht sie Farben grundsätzlich und gravierend. Das hat
gesundheitliche Auswirkungen, beim Essen schlägt die Farbverfälschung
buchstäblich auf den Magen. Vor allem hat es aber ästhetische Auswirkungen.
Wir sehen die Dinge nicht mehr im rechten Licht. Und damit sind wir mit
Worm und Karstedt bei einer Kulturgeschichte des Lichts. Sie erklärt, warum
bei einer schon rein physikalisch so diffizilen Angelegenheit wie dem
Licht, technische Argumente - deren Hintergrund die Autoren kompetent
erläutern - stets in die Irre führen.
## Falsches Versprechen
Licht ist der prägnante Fall, bei dem es eben nicht um Energieeffizienz,
sondern um Ökoeffektivität geht. Die Diskussion, die die Autoren
hinsichtlich der gegenwärtigen Klimapolitik anstoßen, war längst fällig.
Denn in der Klimapolitik kommt der Umweltschutz, global gesehen, regelmäßig
zu kurz. Etwa, weil das ganzeLeben der Sparlampe ebenso regelmäßig außen
vor bleibt. So wird bei der Studie "Energiesparlampe als
EcoTopTen-Produkt", die Frage des Transports "ganz vernachlässigt", wie das
beauftragte Öko-Insitut Freiburg einräumt. Es lügt eben nicht nur das Licht
der Sparlampe, es lügen auch ihre Propagandisten.
Eine Energiesparlampe kann eine feine Sache sein - da wo sie am Platz ist,
das Licht also längere Zeit brennt und seine Qualität keine Rolle spielt
wie im Wasch- oder Hobbykeller. Doch im Wohnbereich werden andere
Anforderungen an sie gestellt. Um ihnen zu genügen, wurde sie mit großem
Aufwand - und um den Preise eines höheren Energieverbrauchs bei Produktion
wie Konsumption - hochgerüstet. Jetzt ist sie, angefangen bei ihrer Form,
über ihre Farbtemperatur bis hin zu ihrer Schaltfestigkeit, wieder eine
Glühbirne.
Dass es nicht mit rechten Dingen zugeht, wenn die schlechte Kopie unbedingt
durchgesetzt, das gute Original aber verboten wird, wissen auch die
Verantwortlichen aus Politik und Wirtschaft. Deshalb sprechen sie, wie wir
im Kapitel über die veraltete Fluoreszenz-Technologie bei Worm und Karstedt
erfahren, von einer "Übergangstechnologie". Was aber kommt danach? Wir
wissen es bereits: es kommen die LEDs. Und mit ihnen kommen - noch - all
die Dinge zu Sprache, die im Fall der Energiesparlampe tabu sind.
## Absolut Klimaneutral
Noch wird, wie bei Worm und Karstedt zu lesen, für die LEDS der
Rebound-Effekt diskutiert, der bei der Energiesparlampe bestritten wird:
Könnte der Energieverbrauch am Ende steigen, weil der Nutzer glaubt, die
Energieeffizienz der allenthalben dekorativ einsetzbaren LEDS gleiche ihre
vermehrte Verwendung jederzeit aus? Auch die im Fall der Energiesparlampe
rundweg in Abrede gestellten physiologischen Wirkungen des Lichts auf
Verhalten und Stimmung werden diskutiert: Richtig eingesetzt könnten LEDs
zappelige Kinder - wie es Schulversuche schon belegen - ruhig und
depressive Büroangestellte munter machen.
Werden deshalb Milliarden in ein "lichttechnisches Provisorium" investiert?
Muss die Glühbirne verschwinden, damit ihr simples Licht, das unsere Räume
und unser Leben festlich erleuchtete, längst vergessen ist, im Zeitalter
des manipulativen LED-Lichts? Verbannen uns die Klimaschützer deshalb den
universalen Hobbykeller der Energieeffizienz, damit wir uns - müde und
krank vom kalten Licht der Energiesparlampe - nur so auf die LEDs stürzen
werden?
Und das geschieht dann zu einem Zeitpunkt, an dem wir Absehbarerweise, ohne
jede Atomenergie und absolut Klimaneutral, so viel erneuerbaren Strom
produzieren werden, dass wir uns ums Stromsparen, anders als bei Öl und
Gas, keine Gedanken mehr machen müssen. Höchste Zeit, für die Glühbirne zu
streiten.
31 Aug 2011
## AUTOREN
Brigitte Werneburg
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