# taz.de -- Dissidenten in Kuba: Appell an die Kirche | |
> Die Regierung in Havanna reagiert auf Dissens weiter mit harter Hand. | |
> Demos wurden mit Tränengas aufgelöst, protestierende Frauen | |
> eingeschüchtert. | |
Bild: Die Damen in Weiß: hier bei einer Demo im März in Havanna. | |
BERLIN taz | 29 Festnahmen, zahlreiche Angriffe und Akte der | |
Einschüchterung gegen Dissidenten, so lautet die Bilanz der letzten Woche | |
der Kommission für Menschenrechte und Versöhnung (CCDHR), die von der | |
Regierung nicht anerkannt, aber geduldet wird. Präsentiert wurde sie vom | |
CCDHR-Vorsitzenden Elizardo Sánchez am Dienstag in Havanna. | |
Gleichzeitig trafen sich Laura Pollán und Berta Soler, die beiden | |
Sprecherinnen der Damen in Weiß, mit Ramón Suárez Porcari, dem Kanzler des | |
Erzbistums. Sie baten ihn, die Kirche möge sich für ein Ende der Repression | |
und die fortwährenden Angriffe auf die Damen in Weiß und andere | |
Menschenrechtsaktivisten verwenden. | |
Die beiden Frauen klagten über zunehmende Attacken durch Sympathisanten der | |
Regierung, die sogenannte Akte der Einschüchterung, auf die Märsche der | |
Damen in den letzten Wochen und Monaten. Schon im April 2010 hatte die | |
katholische Kirche an die Regierung appelliert, die Proteste der Damen in | |
Weiß zu schützen. Danach konnten die Frauen bis zum Dezember 2010 | |
unbehelligt durch Havanna marschieren und für die Freilassung der | |
politischen Gefangenen auf der Insel demonstrieren. Deren Zahl ist in den | |
letzten Monaten dank der Vermittlung von Kardinal Jaime Ortega merklich | |
geschrumpft. | |
Mehr als hundert Gefangene, darunter mehr als die Hälfte politische | |
Häftlinge, wurden zwischen Mai 2010 und März 2011 freigelassen. Etwa | |
sechzig politische Gefangene sitzen laut den Damen und Weiß derzeit noch in | |
kubanischen Haftanstalten. Die Frauen demonstrieren jeden Sonntag in | |
Havanna für deren Freilassung. | |
Doch nicht nur in Havanna, auch in der zweitgrößten Stadt des Landes, | |
Santiago de Cuba, gingen Regierungsanhänger gegen die Oppositionellen vor. | |
Dabei könnte es einen Zusammenhang zwischen der im Juli erfolgten Gründung | |
einer Sektion der Damen in Weiß in Santiago de Cuba und den "Actos de | |
Repudio" vom vergangenen Wochenende geben, mutmaßte Laura Pollán. | |
Da ging die Polizei gegen Dissidenten vor, die sich in mehreren | |
Privathäusern nahe der Stadt versammelt hatten, setzte Tränengas ein und | |
nahm laut Elizardo Sánchez 29 Oppositionelle fest. Was ihnen zur Last | |
gelegt wird, konnte Sánchez am Dienstag in Havanna nicht sagen. Er | |
verurteilte allerdings das brutale Vorgehen der Polizei. Das hat auch | |
Amnesty International getan und zugleich die Regierung in Havanna | |
aufgefordert, die Bedrohung der Damen in Weiß einzustellen. | |
31 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Knut Henkel | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kuba reformiert seine Wirtschaft: Pontiac oder Citroën? Egal, gekauft! | |
Auf Kuba bewegt sich der ökonomische Reformprozess. Nach über 50 Jahren | |
dürfen wieder Autos gehandelt werden. Eine der großen Herausforderungen | |
bleibt aber bestehen. | |
Reformen in Kuba: Kubaner sollen einfacher reisen können | |
Staatschef Raúl Castro kündigt Erleichterungen an und lässt sich vom | |
Volkskongress sein Reformprogramm absegnen. "Unnötige Beschränkungen" | |
sollen fallen. | |
KP-Parteitag auf Kuba: Warten auf den Wandel | |
Nach dreizehn Jahren findet erstmals ein Parteitag der regierenden | |
Kommunistischen Partei statt. Mehr Eigeninitiative und etwas weniger Staat | |
– das soll die bankrotte Insel retten. | |
Nachruf auf Laura Pollán: Kubas Protestsymbol ist tot | |
Die Gründerin der einflussreichen Frauenorganisation "Frauen in Weiß", | |
Laura Pollán, ist am Freitag in Havanna im Alter von 63 Jahren einem | |
Herzstillstand erlegen. |