# taz.de -- Kuba reformiert seine Wirtschaft: Pontiac oder Citroën? Egal, geka… | |
> Auf Kuba bewegt sich der ökonomische Reformprozess. Nach über 50 Jahren | |
> dürfen wieder Autos gehandelt werden. Eine der großen Herausforderungen | |
> bleibt aber bestehen. | |
Bild: Taxifahrer in Havanna: Wenn er will, darf er seinen Oldtimer nun auch leg… | |
HAMBURG taz | Über fünfzig Jahre lang war es auf Kuba verboten, Autos zu | |
kaufen und zu verkaufen. Seit dem 1. Oktober ist es wieder erlaubt. Bislang | |
wurden ehemalige Statussymbole wie Oldsmobile oder Pontiac unter der Hand | |
verkauft. | |
Nun ist nicht nur der Handel der alten US-Schlitten wieder legal, sondern | |
auch der Kauf neuer Autos aus Frankreich, Italien oder Asien. Zumindest für | |
die, die das nötige Geld dafür haben, in der Citroën-Filiale in der Calla | |
Zanja oder bei einer der staatlichen Importagenturen vorbeizuschauen. | |
Ökonomisch wird die Reform keine großen Folgen haben, aber die Symbolik | |
dahinter ist beachtlich. Ähnlich spektakulär ist die geplante Freigabe des | |
Verkaufs von Wohnungen. An den entsprechenden Bestimmungen wird, so ist in | |
Havanna zu hören, allerdings noch gearbeitet. | |
Die Reformen in Kuba werden schleppend angegangen. Bloß nichts überstürzen, | |
lautet auch das Motto im Agrarministerium, wo derzeit an der Reform der | |
Reform gearbeitet wird. Im September 2008 war mit großem internationalem | |
Aufsehen die Vergabe von staatlichen Ackerflächen an kleine Privat- und | |
Neubauern initiiert worden. | |
Fast 150.000 Familien profitierten von der Maßnahme, mit der laut dem | |
Landwirtschaftsministerium 1.131.000 Hektar Brachland verteilt wurden. | |
Ein überfälliger Schritt, urteilten Agrarexperten wie Armando Nova vom | |
Studienzentrum der kubanischen Ökonomie (CEEC) damals. Wenig später | |
kritisierten sie die bürokratischen Hürden und Regularien. "Sie drohen die | |
ganze Reform unwirksam zu machen", mahnte Nova schon damals. | |
Zu Recht, wie die Zahlen zeigen, denn die Produktion ist nicht wie erhofft | |
nach oben gegangen; mehr als 9.000 Neubauern gaben das Land zurück, weil | |
sie nicht in der Lage waren, es zu bewirtschaften. | |
Fehlende Produktionsmittel, zu wenig Saatgut, aber auch die abschreckenden | |
Bestimmungen sind dafür verantwortlich. Diese besagen zum Beispiel, dass | |
die Neubauern das Land nur für zehn Jahre bewirtschaften dürfen, und | |
untersagen es ihnen, auf dem Land Gebäude zu bauen. Das sei | |
"kontraproduktiv", gibt Vizeminister Ramón Frometa heute unumwunden zu. | |
## Zentrale Herausforderung: Produktivität | |
Folgerichtig sind neue Gesetzesbestimmungen auf dem Weg. Die sollen | |
sicherstellen, dass die Neubauern in das Land investieren und es effektiver | |
und produktiver nutzen als bislang. Die zentrale Herausforderung für Kubas | |
marode Wirtschaft lautet: Produktivität. | |
Deutlich flexibler zeigen sich die Behörden neuerdings gegenüber | |
Selbstständigen. Das hatten Experten vom Studienzentrum der kubanischen | |
Wirtschaft (CEEC) genauso anregt wie Regierungskritiker. Anfang September | |
wurden die Preise für den Erwerb der Lizenz für die Selbstständigkeit in | |
mehreren Berufen gesenkt, auch einige Steuersätze wurden reduziert. | |
Zudem müssen Rentner, die sich als Selbstständige angemeldet haben, fortan | |
die Sozialbeiträge nicht mehr entrichten. Alles Maßnahmen, um den | |
Privatsektor attraktiver zu machen. | |
## Beachtliche Konkurrenz | |
Derzeit arbeiten rund 330.000 Menschen "auf eigene Rechnung" wie es in Kuba | |
heißt. Ein Erfolg, denn bis vor knapp einem Jahr waren es nur 140.000. | |
Allerdings ist der Konkurrenzkampf beachtlich. Es sind immer wieder | |
dieselben Geschäftsideen, mit denen sich die Kubaner selbstständig machen | |
wollen, erklärt Gabriel Calaforra. | |
"Im Zentrum Havannas gibt es unendlich viele Jugendliche, die CDs | |
verkaufen, die Zahl der Cafés und Restaurants ist stark angestiegen. Doch | |
wer all die CDs kaufen und die Restaurants besuchen soll, ist eine offene | |
Frage", sagt der 78-jährige ehemalige Diplomat. | |
4 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Knut Henkel | |
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