# taz.de -- Leichtathletik-WM in Daegu: So werfen, wie Kenianer laufen | |
> Betty Heidler gewinnt zum Abschluss der WM Silber und ist schwer | |
> enttäuscht. Die deutschen Leichtathleten blicken aber trotzdem frohgemut | |
> auf die Olympischen Spiele 2012. | |
Bild: Betty Heidler bei ihrem Silber-Wurf (<a href="http://www.taz.de/Aktion-de… | |
DAEGU taz | Glückliche Medaillengewinner sehen anders aus als Betty | |
Heidler. Silber ist schön, keine Frage, da kann man sich für die Fotografen | |
auch mal eben die deutsche Fahne um die Schultern legen. Aber gewollt hatte | |
die Hammerwurf-Weltrekordlerin etwas anderes. Gewollt hatte sie den Titel. | |
Das stand der Frankfurterin ins Gesicht geschrieben, kein Lächeln weit und | |
breit. | |
Stattdessen strahlte Tatjana Lysenko, die Russin, die der deutschen | |
Top-Favoritin am Sonntag, dem letzten Abend der | |
Leichtathletik-Weltmeisterschaften, das Gold wegschnappt hatte. | |
Die 27-jährige ehemalige Weltrekordlerin war von Mitte 2007 bis Mitte 2009 | |
wegen Dopings gesperrt. Inzwischen darf sie wieder werfen, und sie hat zu | |
alter Form zurückgefunden. In Daegu beförderte sie ihren Hammer auf 77,13 | |
Meter, Heidler kam nur auf 76,06 Meter. Die Chinesin Wenxiu Zhang wurde mit | |
75,03 Metern Dritte, Heidlers Vereins- und Trainingskollegin Kathrin Klaas | |
kam mit 71,89 Metern auf Rang sieben. | |
"Das war nicht das, was ich kann, es war einfach nicht gut, ich bin nicht | |
zufrieden. Ich habe um Gold gekämpft, nicht um Silber", sagte Betty Heidler | |
später. Lächeln konnte sie da noch immer nicht. | |
Das Gold ging an Lysenko, die nach ihrem letzten Versuch den Ring küsste. | |
Heidler guckte grimmig. Sie war nicht zufrieden mit ihrer Platzierung und | |
nicht zufrieden mit der Weite, aber weiter ging es eben nicht an diesem | |
Abend. Schließlich verabschiedete sie sich mit ernster Miene als | |
Vizeweltmeisterin vom gut aufgelegten Publikum, das diesen letzten WM-Abend | |
noch einmal stimmungsvoll zelebriert hatte. | |
Kurz darauf wurde Heidlers Trainer Michael Deyhle gefragt, ob er Lysenko | |
nach abgesessener Sperre über den Weg traue. Da lachte Deyhle ein bisschen | |
laut und sagte: "Die Frage möchte ich nicht beantworten." | |
Heidler mag enttäuscht sein, aber mit ihrem Silber stockte sie die Bilanz | |
des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) auf sieben Medaillen auf. Das | |
sind zwei weniger als vor zwei Jahren in Berlin, dafür aber wurde die | |
Siegausbeute von zwei auf drei verbessert. | |
## Starke Männer machten Gold | |
Dabei zeigte sich wieder einmal: Was die Kenianer im Langstreckenlauf sind, | |
sind die Deutschen im Wurf - eine Macht. Die DLV-Triumphe gingen | |
ausnahmslos auf das Konto starker Männer, Gold gewannen der Berliner | |
Diskuswerfer Robert Harting, Kugelstoßer David Storl aus Chemnitz und der | |
Saarbrücker Speerwerfer Matthias de Zordo. | |
DLV-Sportdirektor Thomas Kurschilgen zog ein zufriedenes Fazit, vor allem | |
die deutschen "Siegertypen" hatten es ihm angetan. | |
"Mit Blick auf Olympia 2012 haben wir unsere Standortbestimmung | |
hervorragend bewältigt", sagte er. "Wir haben eine exzellente Visitenkarte | |
der deutschen Leichtathletik abgegeben." | |
Fast euphorisch blickt Kurschilgen jetzt in Richtung London: "Ich bin | |
überzeugt, dass diese Athleten, die sich hier in der Weltklasse gezeigt | |
haben, auch 2012 die mentale und die physische Stärke besitzen werden, für | |
die deutsche Leichtathletik das beste Ergebnis der letzten zehn Jahre zu | |
erzielen." Viel schlechter als 2008 (einmal Bronze) und 2004 (zweimal | |
Silber) kann es im kommenden Sommer in London ja auch kaum laufen. | |
Im Stadion von Daegu wurde zum Abschluss noch ein bisschen Musik und | |
Feuerwerk gemacht. Die Athleten hüpften auf dem Rasen herum, schwenkten | |
ihre Fahnen, nahmen einander in den Arm. | |
Betty Heidler war nicht zu sehen, aber Michael Deyhle, ihr Trainer, sagte | |
trotzig: "Wir müssen jetzt feiern." | |
4 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Susanne Rohlfing | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024 | |
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