# taz.de -- Usain Bolt bei der Leichtathletik-WM: Schneller Mann führt Selbstg… | |
> Bolt gewinnt doch noch zweimal Gold in Südkorea. Mit Jamaikas Staffel | |
> gelingt ihm über 4 x 100 Meter sogar eine Weltbestzeit. Und er gibt sich | |
> ungewohnt ernsthaft. | |
Bild: Bolt während der Siegerehrung für das 200-Meter-Finale. | |
DAEGU taz | Zweites Gold, Rekord als Zugabe und Usain Bolt war wieder ganz | |
der Alte. Nachdem der Sprintstar und seine jamaikanischen Staffelkollegen | |
am Sonntag die 4 x 100 Meter in 37,04 Sekunden bewältigt hatten, legte Bolt | |
ein flottes Tänzchen auf die Tartanbahn von Daegu. Es war die einzige | |
Weltbestzeit im letzten Wettbewerb der Weltmeisterschaft. Gerade noch | |
rechtzeitig hatte Bolt seinen Status als Superstar der Leichtathletik und | |
zugleich ihr größter Clown rekonstruiert. | |
Dass er auch anders kann, ernsthaft nämlich, hatte er am Tag zuvor gezeigt | |
nach seinem Sieg über die 200 Meter. Natürlich nicht sofort nach dem | |
Rennen, als das Adrenalin noch in stark erhöhter Dosis durch seinen Körper | |
zirkulierte. Da gab er wie gewohnt die Ulknudel, machte Faxen, flirtete mit | |
dem Publikum, zelebrierte sich selbst und sein Image. | |
Aber später dann, als die Journalisten aus aller Welt hören wollten, was er | |
denn zu sagen habe zu seinem Sieg, natürlich zu seinem Fehlstart über 100 | |
Meter eine Woche zuvor, auch zur WM im Allgemeinen, überhaupt zu allem | |
Möglichen: da war der 25-Jährige ganz zahm, sehr reflektiert und überaus | |
geduldig. | |
Er holte tief Luft und machte sich bereit, ein paar Einblicke in seine | |
Persönlichkeit zu geben. Er kramte den Usain Bolt hervor, der sich hinter | |
dem Kasper im Stadion verbirgt. Das schien ihm wichtig zu sein. Schon nach | |
den 200-Meter-Vorläufen hatte er angekündigt, bei der Pressekonferenz nach | |
dem Finale ausgiebig reden zu wollen. Das tat er dann auch. Und er hatte | |
Erstaunliches zu berichten. | |
Usain Bolt kann offenbar nicht still sein. Wenn er nicht gerade seine | |
Witzchen reißt, redet er mit sich selbst. Auch wenn er rennt. Mag sein, | |
dass er deshalb so schnell ist, weil er ständig versucht, seinem eigenen | |
Geplapper zu entkommen. "Über 200 Meter gehen dir viele Dinge durch den | |
Kopf, das ist ja ein längeres Rennen", sagte Bolt. "Ich versuche dann | |
immer, mir zu sagen, was ich gerade falsch mache. Gerade jetzt, wo ich | |
nicht so in meiner Tipptopp-Verfassung bin, mache ich einige Dinge falsch, | |
also rede ich die ganze Zeit mit mir, coache mich durch das Rennen." | |
Auch vor seinem Fehlstart im 100-Meter-Finale führte Bolt Selbstgespräche. | |
Er sei sehr aufgeregt gewesen: "Ich war bereit, ich wollte einfach nur auf | |
die Bahn und rennen." Also habe er sich die ganze Zeit gesagt: "Lets go, | |
lets go, lets go." Als er dann in den Blöcken hockte und der Starter "set" | |
sagte - "ich könnte schwören, eine Sekunde später habe ich jemanden ,go' | |
sagen hören", so Bolt. "Es war mein Fehler." Der Fehler des Plappermauls in | |
ihm. Anschließend sei er zurück auf den Aufwärmplatz gegangen und habe vier | |
"lockere Läufe" gemacht, um sich abzureagieren. Ob er schneller war als die | |
Kollegen, die im Stadion das 100-Meter-Finale unter sich ausmachten, ist | |
nicht überliefert. Aber möglich ist es wohl. | |
Mit seinem Sieg über die doppelte Distanz und dem Triumph mit der | |
Sprintstaffel bügelte Bolt seinen kapitalen Fehler so gut es ging wieder | |
aus. Aber für seinen Plan, eine Sport-Legende zu werden, sei das verpasste | |
100-Meter-Finale ein herber Rückschlag gewesen, sagte Bolt. Umso | |
fokussierter will er daher die Olympischen Spiele im nächsten Jahr in | |
London angehen. "Da wird es kein Herumwitzeln geben, ich werde sehr seriös, | |
absolut bereit sein", sagte er. Dazu ein ernster Blick - der sich aber | |
schnell in ein verschmitztes Grinsen verwandelte. Und bevor jemand auf die | |
Idee kommen konnte, dass sich da künftig ein ganz neuer Usain Bolt | |
präsentieren wird, fügte er an: "Ich sage nicht, dass ich nicht auf der | |
Startlinie herumalbern werde." | |
4 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Susanne Rohlfing | |
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