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# taz.de -- Online- und Telefonbetrug: Alle gegen die Inkassobüros
> Unlautere Telefonwerbung, Abofallen und versteckte Kosten im Netz führen
> zu vielen Beschwerden. Einige Bundesländer planen nun eine Verschärfung
> der Beweispflicht.
Bild: Geklickt ist schnell - leider auch auf eine Abofalle.
BERLIN taz | 100.000 Beschwerden über unlautere Telefonwerbung zählen die
Verbraucherschutzzentralen jedes Jahr - eine unverändert hohe Anzahl. Die
polizeiliche Kriminalstatistik hat einen Zuwachs von acht Prozent
festgestellt, wenn es um Straftaten im Netz geht. Über 80 Prozent dieser
Straftaten sind Betrugsdelikte. Die diversen Versuche, Betrugsversuche im
Netz und am Telefon einzudämmen, sie blieben fruchtlos.
Unter den Betrugsdelikten im Netz sind vor allem [1][Abofallen und
versteckte Kosten bei Online-Dienstleistern weit verbreitet.] Bisher musste
der Verbraucher im Fall eines unfreiwilligen Vertragsabschlusses beweisen,
dass er getäuscht wurde - schwierig, da nur wenige Nutzer solche Fälle
dokumentieren.
Deswegen haben Nordrhein-Westfahlen, Berlin, Hamburg und Rheinland-Pfalz
eine Verschärfung der Beweispflicht gefordert: nach ihrem Vorschlag müssen
Inkassounternehmen und Anwaltskanzleien die Umstände des
Vertragsabschlusses offenlegen. Können sie zum Beispiel nicht zweifelsfrei
nachweisen, dass der Kunde wusste, ein IQ-Test werde ihn 150 Euro kosten
oder dass er nach einem Telefonat tatsächlich etwas bestellt habe, ist die
Sache vom Tisch.
## Bußgeld bis 50.000 Euro
Hintergrund ist eine Verschärfung der Gesetze aus dem Jahr 2009, die sich
vor allem gegen Telefonspam richtet: Um den Verbraucher vor sogenannten
Cold Calls zu schützen, wurde verfügt, dass dieser seine Einwilligung geben
muss, um angerufen zu werden. Wer dagegen verstieß, konnte mit Bußgeld bis
zu 50.000 Euro belegt werden.
Dieses Gesetz war nur bedingt erfolgreich, weil sich die Callcenter die
Zustimmung immer wieder mit unverfänglichen Fragen erschlichen. Obendrein
gingen sie dazu über, Vertragsabschlüsse zu behaupten, die der Verbraucher
nicht nachvollziehen konnte.
Um diese Praxis einzudämmen, will der neue Gesetzentwurf nicht die
Geschäftemacher in die Pflicht nehmen: stattdessen sollen Kanzleien und
Büros, die Forderungen einziehen, gezwungen werden die Umstände des
Vertragsabschlusses offenzulegen.
Gegen diese Idee haben Rechtsanwaltskammern, beispielsweise aus Sachsen,
[2][laut protestiert:] Schließlich prüfe man als Anwalt ohnehin vorab, ob
ein Mandat Aussicht auf Erfolg habe. Schon jetzt verbietet es die
Berufsordnung, unbegründete Forderungen geltend zu machen. Die schwarzen
Schafe unter den Anwälten handeln schon jetzt rechtswidrig.
## Ziel: Inkassobüros
Für die restlichen Anwälte aber gelte, dass sie ihren Mandanten
verpflichtet und gegenüber Dritten nicht auskunftspflichtig seien, vor
allem nicht, wenn diese Informationen dem eigenen Mandanten schaden
könnten. Dieser Entwurf sei - das sagt auch der Präsident der
Bundesrechtsanwaltskammer - unverhältnismäßig, nicht erforderlich und zudem
systemwidrig.
Was für die Anwälte gilt, gilt noch lange nicht für Inkassobüros. Deren
Berufspflichten sind mit denen eines Anwalts nicht zu vergleichen. Sie
müssen nicht prüfen, ob eine Forderung berechtigt ist oder nicht, sie sind
schlicht Vollstrecker, Einzugsmaschinen.
Verbraucherschützer fordern schon länger sie in die Pflicht zu nehmen. Im
Juli 2011 starteten die Verbraucherzentralen [3][eine gemeinsame Aktion,]
um den grassierenden Einschüchterungsversuchen und bewussten Täuschungen
aus der Branche entgegenzuwirken. Da wäre die im Entwurf vorgesehene
Informationspflicht ein wichtiger Schritt.
Das Verbraucherschutzministerium soll dieser Idee gewogen sein, wie zu
vernehmen ist. Aber Bundesjustizministerin Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger sperrt sich. In einem internen
Ministeriumsschreiben distanziert sie sich von dem Entwurf: sie halte die
jetzigen Handhaben für ausreichend.
Ob sie bei dieser Meinung bleibt, könnte von den öffentlichen Reaktionen
abhängen. Schließlich haben Inkassobüros nicht die gleiche Lobby wie
Rechtsanwaltskammern. Einen guten Ruf haben sie ohnehin nicht.
6 Sep 2011
## LINKS
[1] /Kostenfallen-im-Internet/!76840/
[2] http://www.rak-sachsen.de/-Fuer-Mitglieder/Stellungnahmen-der-RAK
[3] http://www.vzth.de/UNIQ131529523913263/link908041A
## AUTOREN
Frédéric Valin
## TAGS
Internet
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