# taz.de -- Wahl des MDR-Intendanten: Der qualifizierte Herr Hilder | |
> Der Chefredakteur der "LVZ", Bernd Hilder, soll neuer MDR-Chef werden. | |
> Den neuesten Dreh im Skandal um Unterhaltungschef Foht muss aber noch der | |
> alte Intendant aussitzen. | |
Bild: Keine Ruhe im MDR. Nach den Skandalen soll jetzt "LVZ"-Chefredakteur Hild… | |
War es subversiver Protest oder einfach nur das schönste Foto, das sie beim | |
MDR von ihrem Vielleicht-bald-Intendanten da hatten? Selten jedenfalls hat | |
man ein blasierteres Gesicht als das von Bernd Hilder gesehen, das die | |
offizielle MDR-Mitteilung im Internet Dienstagvormittag garnierte. Dann | |
immerhin musste jemand einen zweiten Blick riskiert haben - und der | |
Hilder-Kopf wurde ausgetauscht. | |
Doch es bleibt dabei: Der 52-jährige Chefredakteur der Leipziger | |
Volkszeitung soll neuer MDR-Chef werden. So wünscht es die eigentlich nicht | |
mehr ganz so mächtige sächsische CDU-Staatskanzlei, und so hat es am | |
Montagabend auch der MDR-Verwaltungsrat vollzogen. | |
Leicht gemacht hat es sich das siebenköpfige Gremium nicht, [1][über acht | |
Stunden dauerte die Sitzung], erst nach vier Wahlgängen war die gewünschte | |
Mehrheit für den unionsnahen Zeitungsmann aus Niedersachsen perfekt. Beim | |
ersten Durchgang, berichtet der Blog [2][flurfunk-dresden.de], hatte | |
dagegen noch MDR-Justiziarin Karola Wille vorn gelegen, aber mit 4 zu 3 | |
Stimmen die nötige Zweidrittelmehrheit knapp verfehlt. | |
Damit sind die MDR-intern favorisierte Wille und der als Außenseiter ins | |
Rennen gegangene stellvertretende WDR-Fernsehdirektor Helfried Spitra fürs | |
Erste außen vor. Hilder muss nun am 26. September den MDR-Rundfunkrat von | |
sich überzeugen. Das 43-köpfige Gremium muss den Personalvorschlag | |
ebenfalls mit Zweidrittelmehrheit annehmen, sonst darf Hilder weiter | |
Zeitung machen. | |
## Seit 1995 ist Hilder bei Regionalzeitungen | |
Hilder dürfte es schwer haben: Er gilt als Favorit des sächsischen | |
Staatskanzlei-Strippenziehers Johannes Beermann (CDU), der vor allem gegen | |
Wille schwere Geschütze auffahren ließ und sie, freundlich sekundiert vom | |
Spiegel, mit ihrer angeblich [3][Sozialismus-verherrlichenden Ostbiografie] | |
konfrontierte. Der Kandidat sorgt auch für Fragezeichen in der ARD: Zwar | |
war er bis 1995 ARD-Hörfunkkorrespondent, arbeitete in den letzten Jahren | |
aber ausschließlich bei Regionalzeitungen, bevor er 2004 zur LVZ wechselte. | |
Im offiziellen "Nominierungsschreiben" des Verwaltungsrats schreibt dessen | |
Vorsitzender Gerd Schuchardt (SPD), Hilder habe "dargestellt, dass er über | |
langjährige Erfahrungen im Medienbereich sowohl in der ARD als auch im | |
Bereich der Printmedien verfügt. Dies beinhaltet insbesondere seine | |
journalistische Tätigkeit und seine Erfahrung als Medienmanager." Und dass | |
Hilder "insbesondere die Notwendigkeit trimedialer Angebote" betont habe. | |
Wenn es noch einen Ausdruck dafür bräuchte, worum es bei der Intendantenkür | |
tatsächlich geht - nämlich knallharte Politik -, sollten diese Phrasen über | |
die geballte Kompetenz des LVZ-Chefs reichlich genügen. | |
Bei der LVZ, heißt es, würden bei seinem Weggang die Sektkorken knallen. Im | |
Falle seiner Bestätigung durch den Rundfunkrat kann sich Hilder nicht auf | |
sein eigenes Blatt verlassen. Das berichtete über die jüngsten Skandale arg | |
spärlich - und enthielt seinen LeserInnen die Ambitionen des eigenen | |
Chefredakteurs souverän vor. Auch gestern gab es nur dürre Zeilen. | |
## Skandal um Foht ist noch lange nicht vorbei | |
MDR-Chef Udo Reiter selbst hat trotzdem sein Ziel erreicht: Sein | |
Dienstvertrag endet nun vorzeitig Ende Oktober. Was danach noch im längst | |
nicht ausgestandenen Skandal um die abgezockten Millionen beim Kinderkanal | |
oder in der täglich absurder werdenden Saga um die kreativen Machenschaften | |
des gefeuerten MDR-Unterhaltungschefs und Geldeintreibers Udo Foht | |
herauskommt, klatscht seiner Nachfolge ins Gesicht. | |
Für diese nette neue Geschichte zu Foht muss sich aber noch Udo Reiter | |
verantworten: Foht, der sich in der Schlager- und Schunkelbranche im | |
angeblichen MDR-Auftrag seit Jahren Geld in fünf- bis sechsstelliger Höhe | |
lieh und gern mal bei der Tilgung schlampte, hat auch die Superillu | |
angepumpt. Beim "Spiegel des Ostens", der im Skandal um Foht entscheidend | |
zur Aufklärung beigetragen hat, ging es um die gemeinsam veranstaltete | |
TV-Gala "Goldene Henne". Dort hielt Foht am 17. September 2008 die Hand | |
auf: "Der Superillu-Verlag hat Udo Foht in seiner Eigenschaft als | |
MDR-Unterhaltungschef und inhaltlich für die ,Goldene Henne' | |
Verantwortlichem einmal, und zwar am Veranstaltungstag der ,Goldenen Henne' | |
2008, einen Geldbetrag vorgestreckt", bestätigt das im Burda-Verlag | |
erscheinende Blatt auf taz-Anfrage. | |
Fohts Begründung für die nach taz-Informationen 20.000 Euro betragende | |
vorübergehende Zuwendung laut Superillu: Er brauche das Geld, "um einen | |
Künstler gleich bezahlen zu können". Der Betrag, über dessen Höhe Burda | |
schweigt, "wurde dem MDR ordnungsgemäß in Rechnung gestellt. Die Rechnung | |
wurde beglichen". Ob vom Sender selbst, mochte bei Burda keiner sagen. | |
Dabei ging nach taz-Informationen die Superillu-Rechnung nach einigen | |
vergeblichen Mahnungen bei Foht im Februar 2009 direkt an | |
MDR-Fernsehdirektor Wolfgang Vietze. Offiziell möchte sich der MDR auf | |
Anfrage nicht äußern und verweist wie immer auf die laufenden | |
staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen. Doch in einem Brief an die | |
Mitarbeiter räumte MDR-Chef Udo Reiter schon vor zwei Wochen ein: Diese | |
"weitere Forderung an Herrn Foht in Höhe von 20.000 Euro wurde offenbar von | |
einem Dritten beglichen". | |
6 Sep 2011 | |
## LINKS | |
[1] /Nachfolge-des-MDR-Intendanten/!77532/ | |
[2] http://flurfunk-dresden.de | |
[3] /Nach-Rundfunkrat-Sondersitzung/!77307/ | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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